Monatsrückblick: Eigene Tiefe
Ex-Präsident Joachim Gauck, Oberpriester der Nation, gauckte in seiner dunkelsten Art bei Markus Lanz: »Und während wir diese eigene Tiefe haben und diese unterschiedlichen Elemente einer Überzeugtheit von einer speziell eigenen Tiefe und Qualität, ist etwas, was im Untergrund da ist. Das ist nun wahrlich nicht jedem bewusst« (zitiert nach jW, 16.07.22).
Ist eigentlich unseren Politikern überhaupt etwas bewusst? Die Dringlichkeit, den Klimawandel unter Kontrolle zu bringen, ist offenbar keinem mehr bewusst. Da wird Kohle und Braunkohle reaktiviert, über die Weiterverwendung von Atomkraftwerken räsoniert – die Frage der Entsorgung ist inzwischen weiter von einer Antwort entfernt als je –, man jettet um die Welt, um irgendwo möglichst dreckiges Öl und Gas aufzutreiben (es heißt natürlich: um möglichst irgendwo moralisch unbeflecktes Öl und Gas aufzutreiben), der Beitrag der Rüstung zur Umweltverschmutzung wird nicht einmal erwähnt, und die wegen Dürre Hungernden werden mit noch weniger Hilfe abgespeist – oder vielmehr eben nicht abgespeist – als vorher. Manche räumen sogar ein, dass nichts von dem passiert ist, was die Klimagipfel versprochen haben: Der britische Politiker Alok Sharma, Präsident der Konferenz der Vereinten Nationen über Klimaänderungen in Glasgow, zog bei der Eröffnung des Petersberger Klimarats in Berlin eine ernüchternde Bilanz: »Viele der Versprechungen, die wir gemacht haben, oder die, auf die wir uns verständigt haben, sind einfach nur Worte, Papier« (jW, 19.07.22).
Und da, wo nicht nur Worte gemacht wurden, bei den Sanktionen gegen Russland, ersetzt Pfeifen im Wald die Erkenntnis, dass sie gescheitert sind und das Gegenteil erreicht haben: Russland steht besser da denn je, unsere Industrie, unsere Bevölkerung werden stattdessen leiden.
Ganz sachte dämmert es inzwischen auch einigen: Der Luxemburger Außenminister Jean Asselborn räumte ein, man dürfe von den Sanktionen »keine Wunder erwarten«. Aber es gehe darum, dass die EU einer einmal eingeschlagenen Linie treu bleibe (jW, 20.07.22).
Klar, eine einmal eingeschlagene Linie muss weiterverfolgt werden, der Abgrund, auf den sie zusteuert, hat schließlich seine eigene Tiefe!
Oder die Maßnahmen gegen Covid 19: Wo bleiben die versprochenen Impferfolge, wenn offenbar die Infizierungszahlen inzwischen höher sind als vor zwei Jahren und zum Dauerzustand werden? Wo bleibt überhaupt eine sachliche, fundierte Bewertung der Maßnahmen anhand von Daten? Die gibt es nämlich kaum in Deutschland, und wenn es sie gibt, sind sie nicht vergleich- und belastbar. Aus einer Fehlzeiten-Analyse der Techniker Krankenkasse, die im Juli veröffentlicht wurde, ergibt sich ein erstaunliches Bild: 2021 waren nur 13 Prozent ihrer Versicherten mit einer Covid19-Diagnose krankgemeldet, Grippe- und Erkältungsmeldungen blieben ganz aus. Sind jetzt alle Viren zu SARSCov2 mutiert? Oder wirken Masken und Isolation nur gegen Grippe- und Erkältungsviren, aber nicht gegen SARSCov2? Und warum stieg die Zahl der Krankmeldungen im ersten Quartal 2022 zwar stark, aber nur noch 3,5 Prozent davon gingen auf Covid19 zurück (jW, 07.07.22)? Man weiß es nicht. Auch die Expertenkommission, die extra dafür eingesetzt wurde, weiß es nicht. Sie weiß nur: Es gibt zu wenig belastbare Daten.
Belastbare Daten kommen auch aus der Ukraine nicht. Nur, dass 60 Mitarbeiter des Geheimdienstes mit den Russen zusammenarbeiten, und dass deshalb der Geheimdienstchef suspendiert wurde. Was das US-Investigativportal Politico schon vier Wochen vor der Entscheidung von Präsident Selenskyj »wusste« (jW, 19.07.22). Das hat seine eigene Tiefe!
Der Präsident der Palästinenser, Mahmud Abbas, hat eine eigene Sicht auf den Holocaust: Er vergleicht ihn mit dem Völkermord, den die israelische Regierung an Palästinensern begeht. Das geht natürlich gar nicht! Nur wir Deutschen dürfen den Holocaust-Vergleich aussprechen. Wie Joschka Fischer, der die Serben beschuldigte, einen Holocaust zu planen, und deshalb die Bombardierung serbischer Chemiewerke 1999 angemessen fand (Hartmut Sommerschuh, Ossietzky 16/17 2022) Schon damals waren die GRÜNEN an der Regierung und interessierten sich nicht mehr für die massive Umweltverschmutzung durch Krieg. Die Tiefe der Doppelmoral GRÜNER Politiker ist wahrlich sehr eigen!
Eine eigene Tiefe soll auch die Freiheitsstatue in New York bekommen: Der mexikanische Präsident Andrés Manuel López Obrador kündigte am 06.07. öffentlich an, er werde eine Kampagne starten, um die Freiheitsstatue abzureißen, wenn Julian Assange in die USA ausgeliefert wird, und er dort zu 175 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wird. Das berühmte Monument im New Yorker Hafen sei dann »kein Symbol der Freiheit mehr« (jW, 07.07.22). Ach, wem war das denn »wahrlich noch nicht bewusst«?