Miszellen – Mistzellen
Unsere staatsbürgerlichen Medien trauen sich manchmal, freilich etwas selektiv, an investigative Themen. So konnte man kürzlich in der SZ (online) lesen, was Macron für Uber getan hat. Schuldbewusstsein kann man von unseren USA-hörigen Politikern freilich nicht erwarten. Leider erstreckt sich die Recherche nur auf Frankreich (Ausland, Konkurrenz) und auf eine ohnehin unbeliebte Firma. Derlei Recherche ist beim ukrainischen Präsidenten (Vermögensbildung in Panama oder a. a. O.), oder wohin die gelieferten Waffen und das Geld wandern, nicht zu erwarten.
Auch bei Spahns oder von der Leyens Bemühungen um Pfizer werden wir wohl noch lange im Dunkeln gelassen werden. Das ist alles Spätkapitalismus und zeigt, was der ideelle Gesamtkapitalist (Staat) so zum eigenen Vorteil und dem der stärksten Kapitalfraktionen unternimmt. Was mich wundert, ist, dass das nationale Kapital, d.h. der untere Mittelstand und das Kleinkapital, alles mitmacht? Freilich identifizierten sich schon früher die kleinen Häuslebesitzer mit den Interessen der großen Immobilienkonzerne und -eigentümern. Die geschürte Angst vor Enteignung hindert erfolgreich am Denken und dem Schutz der eigenen Interessen.
Was mir ebenso große Sorgen macht, ist, wenn Arbeitgeberpräsident Dulger meint: »Deutschland kann Krise meistern«. Statt dass er Habeck und Baerbock dafür beschimpft, dass sie »unsere« Wirtschaft ruinieren, wird Habeck auch noch gelobt.
Wir stehen vor der größten Nachkriegskrise. Die Aussichten für viele sind Hungern und Frieren. Die Frage ist, wie lange das Großkapital mit dieser Regierung zufrieden sein wird, die irgendwann wiedergewählt werden möchte. Und, wenn die Staatsverschuldung Grenzen hat, hat sie scheinbar nicht (Inflation sei Dank), wird die Regierung ihre »Wohltaten« bald einschränken. Bekommen wir dann eine Situation, wo es so nicht weiter geht? D. h. wird dann die bürgerliche Demokratie nicht hinderlich? Ohnehin ist sie schon mehr Fassade als Realität (Corona sei Dank). Eine sozialistische oder kommunistische Opposition gibt es nicht, also ist die Gefahr von links gering, und selbst bei zunehmenden sozialen Protesten wird sich keine geeignete Partei so leicht herausbilden können. Macht also eine Neuauflage eines deutschen Faschismus Sinn? (Der wird sich natürlich nicht so nennen. Vielleicht nennt er sich sogar Antifaschismus?)
Die Gefahr, die diese Krise und der kommende Winter mit sich bringen, ist enorm, durchaus möglich, dass eine autoritäre Lösung für die vielen Probleme geeigneter erscheint.
Was können wir tun? Die kapitalismuskritische Linke ist zersplittert und kaum auf nationaler Ebene handlungsfähig. Es wird also höchstens lokale Widerstandsnester geben, die, solange das geht (Smartphone sei Dank), sich auf entsprechende Plattformen, Zeitschriften, Zeitungen in ihrer Kommunikation stützen. Aber auch hier ist die Frage, wie lange das Internet »frei« bleibt.
Die nächste Zeit wird spannend, wer noch einen Kartoffelkeller hat oder mit Kohlen heizen kann, sollte für Vorrat sorgen. Ich habe die Befürchtung, dass unsere »Demokratie« daran hängt, ob Putin wieder Gas durch die Röhre fließen lässt, nach der Reparatur.
PS1: Wer sich für den sauren Regen interessiert, der, von den Resten der Kritischen Theorie gespeist, auf uns herabnieselt, der findet im nd und bei Herrn Schweppenhäusers Kampf gegen »ästhetische Regression« seine Ressentiments. Mir sind da der Ossietzky (14/22) und Norman Paech lieber. Dort auch ein Quiz zur von allen geliebten USA (siehe oben) bzw. ihren Konzernen.
PS2: Wenn das Konzert von Anna Netrebko in Stuttgart durch den grünen Finanzminister verhindert wird, ist das natürlich kein temporäres Berufsverbot und selbstverständlich keine Gesinnungsprüfung! Das geschieht nur zum Schutz der Veranstaltung, da ja mit Putin-Freunden und Gegnern zu rechnen ist; überhaupt sitzen in den Opern viele Russenfreunde! Den Opfern der Berufsverbote, die in BW an Kretschmann wg. Gerechtigkeit appellieren, sei gesagt: Man könnte auch stolz darauf sein, dass diese Leute vor euch Angst haben.
Vor mir liegt der Roman »Zwölf Stühle« von Ilja Ilf und Jewgeni Petrow. – Ein Hoch auf die russische Literatur und Kultur!