Bemerkungen zur Bremenwahl
Es gibt eine verblüffende Parallele zwischen dem Ergebnis der jetzigen Bürgerschaftswahl in Bremen und der Bundestagswahl von 1969. In beiden Fällen nutzte es den jeweiligen Wahlsiegern nichts, verglichen mit den anderen Parteien die meisten Stimmen auf sich vereint zu haben. CDU und CSU kamen damals auf 46,1 Prozent, die SPD erreichte 42,7 Prozent und die FDP 5,8 Prozent. An der Spitze der nächsten Bundesregierung stand aber nicht der Spitzenkandidat der Unionsparteien, Kurt Georg Kiesinger, sondern der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten, Willy Brandt. Zur Überraschung von CDU und CSU hatten sich SPD und FDP zusammengetan und die erste sozialliberale Bundesregierung gebildet.
In Bremen wurde jetzt erstmals nach mehr als 70 Jahren die CDU stärkste Partei. Sie erreichte einen Stimmenanteil von 26,7 Prozent. Die SPD folgte mit 24,9 Prozent, die Grünen mit 17,4 Prozent, die Linke mit 11,3 Prozent, die FDP mit 5,9 Prozent und die AfD mit 5,1. Der Spitzenkandidat der CDU, Carsten Meyer-Heder, leitete aus dem Ergebnis den Anspruch zur Regierungsbildung ab. Als sicherer Partner standen aber nur die Freien Demokraten zur Verfügung; das reicht nicht für eine Mehrheit in der Bürgerschaft.
Der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten, Carsten Sieling, hatte vor der Wahl angekündigt, eine Koalition mit den Grünen und der Linkspartei bilden zu wollen. Er machte ebenfalls den Anspruch auf die Regierungsbildung geltend und entsprach damit einer verbreiteten Stimmung in den drei Parteien und der bremischen Öffentlichkeit. Zahlenmäßig verfügte eine rot-grün-rote Landesregierung im Parlament über eine Mehrheit von 53,6 Prozent. Die Parteigremien der Grünen und der Linken in Bremen sprachen sich am 6. Juni mit großer Mehrheit für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen über die Bildung einer rot-grün-roten Landesregierung aus.
Interessant ist das Abstimmungsverhalten der 16- bis 24-jährigen Wähler. Sie entschieden sich zu 28 Prozent für die Grünen, zu 16 Prozent für die Linke und zu 13 Prozent für die SPD. Auf den Plätzen folgten die CDU mit 12 Prozent, die FDP mit 9 und die AfD mit 4 Prozent.