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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Zutritt verboten

Die gewähl­ten Euro­pa­ab­ge­ord­ne­ten Carles Puig­de­mont und Toni Comín (bei­de Jun­ts per Catalu­nya) wur­den am 29. Mai dar­an gehin­dert, das Euro­pa­par­la­ment in Brüs­sel zu betre­ten, um sich zu akkre­di­tie­ren. Nach dem Ver­bot sag­te Puig­de­mont gegen­über Jour­na­li­sten, dass er eine Liste aller gewähl­ten Euro­pa­ab­ge­ord­ne­ten gese­hen hat, auf der die Namen von Toni Comín, Ori­ol Jun­que­r­as (Esquer­ra Repu­bli­ca­na de Catalu­nya) und auch sein Name beson­ders gekenn­zeich­net gewe­sen seien.

Eini­ge Tage zuvor hat­ten die spa­ni­schen Par­tei­en Part­ido Socia­li­sta Obre­ro Espa­ñol, Ciu­da­d­a­nos und die Part­ido Popu­lar den noch amtie­ren­den Prä­si­den­ten des EU-Par­la­ments, den Ita­lie­ner Anto­nio Taja­ni (For­za Ita­lia) auf­ge­for­dert, Puig­de­mont, Comín und Jun­que­r­as die Akkre­di­tie­rung zu ver­wei­gern. Taja­ni ist seit dem 17. Janu­ar 2017 EU-Par­la­ments­prä­si­dent und in die­ser Posi­ti­on Nach­fol­ger des Sozi­al­de­mo­kra­ten Mar­tin Schulz.

Inzwi­schen haben Puig­de­mont und Comín ein Pro­test­schrei­ben an Anto­nio Taja­ni und sei­nen Gene­ral­se­kre­tär Klaus Wel­le gerich­tet, in dem sie die »dis­kri­mi­nie­ren­de Behand­lung« anpran­gern. Auch for­dern sie die Ver­öf­fent­li­chung der Liste mit den Namen der­je­ni­gen, die als gewähl­te Abge­ord­ne­te kei­nen Zugang zum Euro­pa­par­la­ment haben.

Der Vor­gang weist gewis­se Par­al­le­len zum spa­ni­schen Par­la­ment auf: Hier hat die Par­la­ments­prä­si­den­tin Merit­xell Batet vier gewähl­ten kata­la­ni­schen Poli­ti­kern das Man­dat ent­zo­gen, es gibt Kri­tik von Juri­sten. Der spa­ni­sche Ver­fas­sungs­recht­ler Pérez Royo mach­te in einem Gast­bei­trag für die Online­zei­tung eldiario.es dar­auf auf­merk­sam, dass es sich bei der Sus­pen­die­rung um eine poli­ti­sche Ent­schei­dung han­de­le. Der Koor­di­na­tor der Ver­tei­di­ger im Pro­zess gegen die Kata­la­nen vor dem Ober­sten Gericht in Madrid, Jau­me Allo­n­so-Cue­vil­las, sag­te zu dem Vor­gang, ein Aus­schluss sei recht­lich erst nach einer rechts­kräf­ti­gen Ver­ur­tei­lung mög­lich. Der Anwalt kri­ti­siert in dem Pro­zess, dass mit den aus sei­ner Sicht erfun­de­nen Ankla­gen wegen Rebel­li­on, Auf­ruhr und Ver­un­treu­ung sämt­li­che Regeln geän­dert wor­den sei­en, um zu einer Ver­ur­tei­lung zu kommen.

Wäh­rend das Euro­pa­par­la­ment mit einem Will­kür­akt gewähl­ten EU-Abge­ord­ne­ten den Zutritt ver­wei­gert, for­dert eine UN-Arbeits­grup­pe die sofor­ti­ge Frei­las­sung von poli­ti­schen kata­la­ni­schen Gefan­ge­nen. Genannt wer­den in dem UN-Doku­ment der kata­la­ni­sche Akti­vist Jor­di Cuix­art und die Par­la­men­ta­ri­er Jor­di Sàn­chez und Ori­ol Jun­que­r­as. Über die Fäl­le der übri­gen Gefan­ge­nen hat die UN-Arbeits­grup­pe noch nicht ent­schie­den. Die Inhaf­tie­rung sei will­kür­lich, weil die Genann­ten nur ihr Recht auf Ver­samm­lungs-, Demon­stra­ti­ons- und Mei­nungs­frei­heit aus­ge­übt hät­ten. Die größ­te spa­ni­sche Tages­zei­tung El País spricht im Zusam­men­hang mit dem Pro­zess in Madrid von einer uner­klär­li­chen Lächer­lich­keit der Staats­an­walt­schaft, deren Arbeits­me­tho­de »chapu­ce­ría« (Pfusch) sei. »Wo eini­ge Gewalt sehen, gab es nur brei­ten Pro­test«, kom­men­tiert El País die Vor­gän­ge um den 1. Okto­ber 2017 in Katalonien.