Die gewählten Europaabgeordneten Carles Puigdemont und Toni Comín (beide Junts per Catalunya) wurden am 29. Mai daran gehindert, das Europaparlament in Brüssel zu betreten, um sich zu akkreditieren. Nach dem Verbot sagte Puigdemont gegenüber Journalisten, dass er eine Liste aller gewählten Europaabgeordneten gesehen hat, auf der die Namen von Toni Comín, Oriol Junqueras (Esquerra Republicana de Catalunya) und auch sein Name besonders gekennzeichnet gewesen seien.
Einige Tage zuvor hatten die spanischen Parteien Partido Socialista Obrero Español, Ciudadanos und die Partido Popular den noch amtierenden Präsidenten des EU-Parlaments, den Italiener Antonio Tajani (Forza Italia) aufgefordert, Puigdemont, Comín und Junqueras die Akkreditierung zu verweigern. Tajani ist seit dem 17. Januar 2017 EU-Parlamentspräsident und in dieser Position Nachfolger des Sozialdemokraten Martin Schulz.
Inzwischen haben Puigdemont und Comín ein Protestschreiben an Antonio Tajani und seinen Generalsekretär Klaus Welle gerichtet, in dem sie die »diskriminierende Behandlung« anprangern. Auch fordern sie die Veröffentlichung der Liste mit den Namen derjenigen, die als gewählte Abgeordnete keinen Zugang zum Europaparlament haben.
Der Vorgang weist gewisse Parallelen zum spanischen Parlament auf: Hier hat die Parlamentspräsidentin Meritxell Batet vier gewählten katalanischen Politikern das Mandat entzogen, es gibt Kritik von Juristen. Der spanische Verfassungsrechtler Pérez Royo machte in einem Gastbeitrag für die Onlinezeitung eldiario.es darauf aufmerksam, dass es sich bei der Suspendierung um eine politische Entscheidung handele. Der Koordinator der Verteidiger im Prozess gegen die Katalanen vor dem Obersten Gericht in Madrid, Jaume Allonso-Cuevillas, sagte zu dem Vorgang, ein Ausschluss sei rechtlich erst nach einer rechtskräftigen Verurteilung möglich. Der Anwalt kritisiert in dem Prozess, dass mit den aus seiner Sicht erfundenen Anklagen wegen Rebellion, Aufruhr und Veruntreuung sämtliche Regeln geändert worden seien, um zu einer Verurteilung zu kommen.
Während das Europaparlament mit einem Willkürakt gewählten EU-Abgeordneten den Zutritt verweigert, fordert eine UN-Arbeitsgruppe die sofortige Freilassung von politischen katalanischen Gefangenen. Genannt werden in dem UN-Dokument der katalanische Aktivist Jordi Cuixart und die Parlamentarier Jordi Sànchez und Oriol Junqueras. Über die Fälle der übrigen Gefangenen hat die UN-Arbeitsgruppe noch nicht entschieden. Die Inhaftierung sei willkürlich, weil die Genannten nur ihr Recht auf Versammlungs-, Demonstrations- und Meinungsfreiheit ausgeübt hätten. Die größte spanische Tageszeitung El País spricht im Zusammenhang mit dem Prozess in Madrid von einer unerklärlichen Lächerlichkeit der Staatsanwaltschaft, deren Arbeitsmethode »chapucería« (Pfusch) sei. »Wo einige Gewalt sehen, gab es nur breiten Protest«, kommentiert El País die Vorgänge um den 1. Oktober 2017 in Katalonien.