Unsere Medien berichten nicht nur täglich über die uns bewegenden politischen Probleme und existentiellen Gefahren, sondern notwendigerweise auch über die unsere Lebensverläufe mitbestimmenden banalen täglichen hygienischen Notwendigkeiten. So bestimmten auch die Forderungen »Faires Pinkeln für alle!« und »Kostenlose Pissoires für Frauen« Ende Mai 22 den Tenor etlicher Tageszeitungen. Beispielsweise wurden die Berliner und die Gäste der Bundeshauptstadt von der Berliner Woche unter der Überschrift »Für die Notdurft im Grünen« von der Übergabe von »24 weiteren autarken Anlagen« informiert, die von der umweltfreundlichen Firma Wall ab dem Frühjahr 23 nachhaltig zur inneren Erleichterung der Nutzer aufgestellt werden sollen. Diese Verheißung wird durch ein Foto illustriert, das die Übergabe eines Musters der attraktiven Einrichtung durch den Firmenchef Möller an die charmante Umweltsenatorin Bettina Jarasch zeigt. Beide Persönlichkeiten stehen in Tageskleidung vor der supermodernen Einrichtung und lächeln sich und die Betrachter offensichtlich körperlich erleichtert an.
Als männliches Bevölkerungsmitglied im vorgerückten Alter, das auf Grund urinaler Probleme zweimal jährlich den Facharzt aufsuchen und sich mitunter auf selbst verabscheute Weise Hilfe in der freien Natur verschaffen muss, habe ich für gegensteuernde sanitäre Anlagen großes Verständnis. Deshalb begrüße ich die Bereitstellung von 2,6 Millionen Euro aus dem »Innovationsförderfonds« für die Erprobung dieser lt. Presse »autarken Toilettenanlagen«.
Nach Kenntnisnahme des Vorhabens bleiben für mich allerdings zwei Fragen offen:
- Die Vokabel »autark« erschließt sich für mich nicht im Zusammenhang mit Toilettenanlagen. Diesbezügliche Nachschläge in der Begriffsliteratur brachten mir keine einleuchtende Klärung. Das Fremdwörterbuch des VERLAGES ENZYKLOPÄDIE LEIPZIG von 1959, definiert den Begriff als »sich selbst versorgend, unabhängig«. Dem kann ich hier nicht weiter nachgehen. Deshalb überantworte ich den Rest der Klärung gern der Sprachwissenschaft in Kooperation mit der Firma Wall.
- In den Toiletten der Fa. Wall gibt es lt. Bericht »nur Unisextoiletten und keine Urinale für Frauen« (s. Berlin aktuell, S. 11). Das war lt. Presseinformation »im Toilettenvertrag nicht erwünscht«. Im Interesse der Geschlechtergerechtigkeit erscheint mir dazu eine Erklärung dringend erforderlich. Joachim Bedürftig (85), verbeamteter Rentner, 13587 Berlin-Hakenfelde