Die rbb-Abendschau um 19.30 Uhr gehört in unserer Familie zum verbindlichen Tagesprogramm. Sie ist informativ, aktuell und vielseitig und wird oft mit Charme dargeboten. Allerdings bleibt es nicht aus, dass mitunter Nachrichten übermittelt werden, die Erstaunen auslösen. So beispielweise am 9. Juli, als es um die Corona-Impfsituation ging. Wegen der nach wie vor bestehenden Übertragungsgefahr beraten die zuständigen Behörden jetzt, wie man Personen zur Impfung motivieren kann, die sich bisher ihrem eigenen Glück verweigert haben. Ich glaubte mich verhört zu haben, dass von Prämien für diejenigen die Rede ist, die ihre bisherige Zurückhaltung endlich überwinden – da war sowohl von Geld- als auch von Sachprämien bis zum Fahrrad die Rede. Das löst allerdings die Frage aus, ob nicht eher diejenigen Bürger nachträglich materiell anerkannt werden müssten, die sich von Anfang an vorbildlich verhalten, ihre Spritztermine pünktlich wahrgenommen und alle Verpflichtungen zuverlässig erfüllt haben. Meine Frau und ich schlagen deshalb vor, deren vorbildliches Handeln materiell modifiziert zu würdigen und nicht diejenigen auf einer Goldenen Sänfte in die Impfzentren zu tragen, die bisher ihre Mitbürger und sich selbst in Gefahr brachten. Meta und Waldemar Harakiri, Rentner, 13059 Berlin-Wartenberg
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Der unlängst begangene »Tag des Kuschelns« brachte mich darauf, dass es kaum noch Kalendertage gibt, denen nicht ein besonderes Merkzeichen zugeordnet wird. Damit meine ich weder die traditionellen Feier- und Gedenk-tage, die schon unsere Altvorderen zelebrierten haben wie christliche Feste oder den Mutter- und Vatertag, noch die zu DDR-Zeiten üblichen Würdigungen wie den »Tag des Eisenbahners«, den »Tag des Lehrers« oder den beliebten »Tag der Mitarbeiter der kommunalwirtschaftlichen Dienstleistungen«, sondern die kaum überschaubare Flut von Spezialtagen, die nach der Wende über uns hereingebrochen ist, vom »Tag der Heiligen Barbara« bis zum »Tag des Schnürschuhs« oder dem »Tag der umgekrempelten Unterhose«. Meine Versuche, alle Merktage, denen bisher noch kein unverwechselbares Prädikat zugeordnet werden konnte, einmal vollständig aufzulisten, sind bisher kläglich gescheitert. Sind jemandem ähnliche Bemühungen bekannt geworden? Nach wie vor ist die Situation so, wie sie schon Christian Morgenstern beklagte:
»Durch Anschlag mach ich Euch bekannt:
Heut ist kein Fest in diesem Land.
Drum sei der Tag für alle Zeit
zum Nichtfest-Feiertag geweiht.«
Pasquale Fülle (53), Azubi, 55758 Vollmersbach