Der Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 geht inzwischen in die vierte Woche. Wer die Einschläge in Krankenhäuser, Schulen, Wohnhäuser und Theater zu verantworten hat, ist nicht eindeutig klärbar, und die Flucht von Ukrainern nach Polen, in die BRD und in westlich und südlich angrenzende Staaten erhält immer größere Dimensionen. Zwar ist seit Tagen parallel dazu von Gesprächen zwischen den Kriegsparteien und von Vermittlungsversuchen die Rede, aber nichts Genaues weiß man nicht. Erstaunlich ist jedenfalls, dass die internationale ISS-Raumstation, zurzeit frequentiert und ergänzt durch Kosmo- und Astronauten aus Russland, den USA und den Herrn Maurer aus der BRD, weiter gemeinsam ihre Runden dreht. Schon Jahre zuvor hatten der Russe Juri Gagarin und seine Nachfolger Sigmund Jähn aus der DDR und Alexander Gerst aus der wiedervereinigten BRD die friedensfördernde und völkerverbindende Bedeutung solcher Unternehmen betont. Jetzt scheint es mir, als ob Noahs Arche endlich einen interplanetarischen Nachfolger gefunden hätte.
Nun frage ich mich allerdings, wie sich die wissenschaftliche und persönliche Kooperation der Eingekapselten innerhalb und außerhalb der Dienstsphäre unter den gegenwärtigen Umständen vollziehen könnte. Wie entstehen gemeinsame Arbeitsberichte? Nutzen die Beteiligten weiterhin gemeinsam die verbindlichen wissenschaftlichen Termini? Gibt es einen Dienstplan und gewerkschaftlich garantierte Pausen? Besteht zwischen den Forschern Übereinstimmung hinsichtlich des Vokabulars der gegenwärtigen militärischen Vorgänge zwischen Russland und der Ukraine? Welche Informationen dürfen in der internationalen Station von wem empfangen und an wen weitergeleitet werden? Werden die Arbeitspläne koordiniert und Forschungsresultate ausgetauscht? Werden die zur Verfügung stehenden digitalen Gerätschaften gemeinsam genutzt? Wer darf wann schlafen? Wer bestimmt den Speiseplan? Kocht jeder seinen Morgenkaffee nur für sich selber? Und falls einer der Raumforscher zufällig seinem Wiegenfest oder einem anderen Familienhöhepunkt entgegeneilt, dürfen ihm die anderen gratulieren, oder sollten sie sich besser zurückhalten?
Vielleicht wäre es auch sinnvoll, Beauftragte der auf der Erde gegnerischen politischen Verantwortlichen und Parteien einige Tage in die Raumkapsel abzuordnen, die Methoden der Wissenschaftler auf die Diplomatie zu übertragen und die Rückkehr zum Erdplaneten von den Resultaten der Verhandlungen abhängig zu machen? – Leander v. Hoffnungsthal (89), freidenkender Rentner, 06567 Barbarossahöhle