Die Drohne ist ein männliches Wesen. Oft genug sind Deutschlernende erstaunt, oder sie sind empört, wie Mark Twain in seinem Essay Die schreckliche deutsche Sprache, wenn ein das-Wort etwas Weibliches und ein die-Wort wie die Drohne etwas Männliches bezeichnet. Tja, das Gegenstück zur Drohne, die Bienenkönigin, nennt man sogar den Weisel. Der Weisel, die Braut, paart sich mit der Drohne.
Aber warum auch nicht. Schließlich kann eine Waise, eine Koryphäe oder eine Geisel sowohl Mann wie Frau sein. Die grammatische der/die/das-Einteilung, auch Genus (lat.) genannt oder englisch gender, ist nun mal nicht deckungsgleich mit dem natürlichen Geschlecht (lat. sexus, engl. sex). Sonst müsste ja die große Mehrheit unserer Wörter, die lauter unbelebte Dinge bezeichnet, sämtlich sächlich sein, und der Mensch würde nur Männer meinen. Allerdings behaupten unerschütterlich und mit großem Eifer zahlreiche Gender-Aktivist*innen, Unidozent*innen und Gleichstellungsbeauftragte in den öffentlichen Einrichtungen ungeachtet aller Gegenargumente: Der »Besucher-Eingang« oder der »Einwohner« könne sich nur auf Männer beziehen. So wurde nun im Prozess der Sensibilisierung der Fußgänger schon mal vorsorglich in der/die zu Fuß Gehende umgemünzt, und die Rollstuhlfahrer sind jetzt laut StVO Fahrende von Krankenfahr- und Rollstühlen (wirklich, ganz im Ernst! § 26 Verkehrsordnung).
Daniela Dahn bemerkte dazu kürzlich ironisch: »Wegen ungünstiger Witterung ist die westdeutsche Frauen-Emanzipation in die Grammatik verlegt worden.« Sie muss daher immer schmunzeln, »wenn das Engagement für die Gleichberechtigung von Frau und Mann daran gemessen wird, ob Autoren und Autorinnen, Gewerkschafter und Gewerkschafterinnen, Kirchenglieder und -gliederinnen auch ordentlich gendern.« Die Marotte, ständig verdoppelnd zu reden, ist nach Dahn zeitverschwendend, umständlich, unschön. Recht hat sie.
Zurück zur Drohne, dem männlichen Bienentier. Seinen bzw. ihren Namen hat sie offenbar lautmalend von dem Fluggeräusch bekommen, das sie mit einem nervigen dr-dr erzeugt. Und das nicht nur im Deutschen, auch die Schweden (d. h. Männer wie Frauen!) sagen drönare, die Engländer drone. Das Image des Tierchens ist schlecht, weil es als fauler Nichtsnutz gilt. Spätestens im 16. Jahrhundert hat man festgestellt, dass die männliche Biene an der Honigsuche gar nicht beteiligt und somit das negative Gegenstück zur fleißigen Arbeitsbiene ist – die überdies auch den Hausbau noch zu bewältigen hat. Man (Verzeihung!) übertrug zu dieser Zeit das Wort auf den menschlichen Taugenichts, im Sinne von Schmarotzer. Solch Drohnendasein gilt allgemein als unmoralisch und verwerflich.
Viel verwerflicher ist ein anderes Drohnendasein. Eine der modernsten todbringenden Kampfdrohnen ist die MQ-1C Gray Eagle, produziert von General Atomics in Kalifornien. Die Spannweite der Flügel ist 900mal größer als beim Bienentier und ihr Stich 1000mal tödlicher. Sie erreicht über 8000 Meter Höhe und hat nach Angaben des Herstellers ein automatisches Start- und Landesystem, »das die Arbeit des Steuermanns am Boden deutlich erleichtert«. Welch ein Fortschritt. Reuters berichtet, die US-Regierung plane, die Ukraine mit solchem Gerät auszurüsten.
Aber es wäre falsch, den Finger immer nur auf Amerika zu richten, denn hierzulande geschieht genug Übles. »Sie summt wie eine große Hummel und landet schließlich senkrecht auf dem Boden – die Drohne Vector«, berichtete der WDR im April. Vector wird hergestellt von der Firma Quantum Systems bei München und ist bereits in der Ostukraine im Einsatz. – Seit vielen Jahren werden von deutschem Boden aus, von einem Ort namens Ramstein, tödliche Roboter gelenkt und morden mit in aller Welt. (Wer lässt das zu?) Das Hüllwort dafür ist schon erfunden: autonome Waffe. Ein Klick vom Schreibtisch aus, und schon nimmt die programmierte Killerdrohne ihren Lauf. Für dieses Teufelswerk sollte besser ein gesondertes grammatisches Geschlecht erfunden werden. Zum Beispiel genus satanicum. (Die Herren der Drohnen sind ein feiges Pack, sagte jemand, wenn ich im Inferno das Sagen hätte, würden sie auf weißglühenden Eisen geröstet werden.)
Unsere faule, männlich-feminine Nichtstuer-Biene wirkt demgegenüber direkt liebenswert.