Natürlich bekommt man nie den Mietwagen, den man online bestellt. Jedenfalls mir geht es so. Für einen, der zu DDR-Zeiten seine Fahrerlaubnis erwarb – in der Bundesrepublik heißt dies wie einst »Führerschein«, obwohl doch ein Plastikkärtchen –, ist das kein Beinbruch: Ein Ossi nimmt, was er kriegt. Mein vorletzter Mietwagen, vor Corona, war beispielsweise eine Art Lieferwagen, obwohl ich mit einem kleinen Kompakten über die Mittelmeerinsel zu reisen wünschte. Diesmal hatte ich einen spanischen Kleinwagen geordert – und bekam einen deutschen SUV. Da sträubten sich mir aus ideologischen Gründen die Nackenhaare. Erstens weigere ich mich aus Prinzip, ein Nachfolgemodell aus den Hermann-Göring-Werken zu fahren; da beißt auch nach 76 Jahren bei mir keine Maus den Faden ab. Und zweitens möchte ich – wenn denn schon ein sogenannter Verbrenner unausweichlich – nicht auch noch einen Panzer auf Rädern steuern. Der soll zwar fürs Gelände tauglich sein, wovon es auf der Insel reichlich gibt, aber aus versicherungstechnischen Gründen durfte das Fahrzeug, so stand es im Kleingedruckten, nur auf Asphaltpisten rollen. Wer weiß, warum?
Ich will diese Bemerkung nicht länger machen als nötig. In Ermangelung eines mir genehmen Gefährts oder einer öffentlichen Busverbindung stieg ich in diese klotzige Kiste – schließlich mussten wir das Gepäck und uns selbst irgendwie ins Urlaubsquartier befördern.
Sein Inneres bestätigte die alte Volksweisheit: außen hui, innen pfui. Selten sah ich so viele billige Plastikteile auf einen Haufen. Eine Beleidigung fürs Auge wie fürs haptische Empfinden. Als größeres Problem jedoch erwies sich die Schaltung. Rückwärtsgang und erster Gang lagen unmittelbar beieinander, und selten traf man auf Anhieb den richtigen, was sich – etwa beim Halt an einem höheren Aussichtspunkt an einer Klippe – als lebensbedrohendes Ärgernis erwies. Statt zurück ging’s mitunter nach vorn, weshalb meine Frau es alsbald vorzog, erst in den Wagen zu steigen, wenn dieser wieder auf sicherer Straße stand. Und auch dort ruckelte er gelegentlich beim Schalten, was ich ausschließlich meiner fehlenden Übung zuschrieb.
Das offenbarte sich als Irrtum meinerseits. Das Internet klärte mich auf: »Ruckeln beim Anfahren oder Stopp-and-Go-Verkehr« gehören bei diesem Fahrzeug zu den harmloseren Problemen, hieß es bei carwiki.de. Ärgerlicher sei eine »Gedenksekunde«, die der Motor gelegentlich beim Gasgeben einlege, was »gefährliche Situationen« hervorrufen könne.
Da war ich aber beruhigt, dass der Wagen eine Macke hatte und nicht ich. Obgleich er doch völlig neu war, der Kilometerzähler zeigte knapp tausend. Das jedoch schien des Pudels Kern, wie mir das Internet weiter verriet. »Zwar kann es sein, dass sich der erste Gang oder der Rückwärtsgang anfangs etwas schwerer einlegen lassen«, beruhigte mich carwiki.de. »Diese Probleme verschwinden aber nach einigen tausend Kilometern – das Schalten funktioniert dann immer flüssiger und besser.«
Jedoch: Ich hatte nicht vor, dieses Werk deutscher Ingenieurkunst »einige tausend Kilometer« über die Atlantikinsel zu fahren. Wenngleich ich auch den Grund zu erkennen meinte, warum ausgerechnet mir diese Karre angedreht worden war.
Fast empfand ich so etwas wie Verständnis und Mitleid mit dem Mietwagenanbieter. An wem sonst sollte er sich rächen?