Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) stellte jüngst in einem internen Schreiben fest, dass sich im Kontext von Corona und Krieg in der Ukraine die Globalisierung neu organisiere. Deutschland würde in diesem Gerangel verlieren, die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der in die Höhe getriebenen Energiepreise gefährden den Wohlstand der Gesellschaft. Die Unternehmer fordern mehr Staatshilfe für energieintensive Betriebe, die der grüne Wirtschaftsminister mit der Begründung abgelehnt hat, der Staat könne nicht alles bezahlen. Richtig, aber warum werden seine Hilfen für Bürger öffentlich als unsozial kritisiert? Warum ist unser Land heute in dieser desolaten Lage? Welche Kräfte muss wer mobilisieren, damit unser Wohlstand nicht durch dummdreiste Politiker abgeschafft wird?
Der frühere britische Premier Winston Churchill und der ehemalige USA-Außenminister Henry Kissinger forderten wie jeder marxistische Historiker dazu auf, die Geschichte nach jenen internationalen Konstellationen zu befragen, die z. B. den heute komplexen Krisen vorausgegangen sind. Solange es kein dauerhaft friedliches Nachkriegseuropa gibt, ist das Jahr 1945 ein solcher historischer Ansatzpunkt (Spiegel 29/22).
Das Potsdamer Abkommen von 1945 übertrug den vier Besatzungsmächten bis zu einem Friedensvertrag die Verantwortung für Nachkriegsdeutschland nach dem Prinzip: »jeder in seiner Besatzungszone nach den Leitsätzen seiner entsprechenden Regierung«. Also entschieden die vier Hochkommissare in ihren Zonen unterschiedlich. Das Hauptziel des Abkommens, in Deutschland die Ursachen für Faschismus und Krieg zu beseitigen, wurde in den westlichen Besatzungszonen nicht erreicht. Antisowjetismus und Antikommunismus beförderten die deutsche Spaltung, und die Nato-Gründung 1948 heizte die Ost-West-Konfrontation international an. Bei der Gründung von BRD und DDR blieb die Vormundschaft von UdSSR bzw. USA als verordnete Unterordnung deutscher nationaler Interessen unter die übergeordneten Interessen der vorherigen Besatzungsmacht weiterhin bestehen.
Über dreißig Jahre nach dem Eingliedern der DDR in das macht- und sozialpolitische Gefüge der Bundesrepublik und sechs Monate nach dem unsinnigen Krieg Russlands gegen die Ukraine haben wir im vereinten Deutschland mehrere lebensbedrohliche gesellschaftspolitische Krisen. Die Bundesregierung ist – wie weiland 1989 das SED-Politbüro – nahezu gehörlos für den Volkswillen und blind für die Volksinteressen.
Heute wollen Gewerkschaften, diverse Friedensorganisationen, zahllose Vereine und Bürgerbewegungen gehört werden, wenn es um Krieg und Frieden und um soziale Lebensbedingungen des Volkes geht. Im Gegensatz dazu betreibt die Ampel-Regierung unter dem Beifall der CDU/CSU-Opposition in widerlichem untertänigstem Gehorsam gegenüber der militanten USA-Obrigkeit eine gigantische Aufrüstung der Bundeswehr und durch Waffenlieferungen an die Ukraine eine Verlängerung des Krieges. Die Nachrichtenmonopolisten ARD und ZDF verhindern jede sachliche Information über Hintergründe dieses Krieges. Bürgerbefragungen zum Krieg in zufälligen Straßeninterviews, in denen der Mainstream bestätigt und mitleidsvoll von Menschenrechten und Solidarität gefaselt wird, sind keine demokratische Einbeziehung der Volksmeinung in Entscheidungsfindungen, sondern Manipulation des Volksdenkens.
Putins Feststellung, er bekämpfe faschistische Umtriebe im Grenzgebiet der Ukraine zu Russland, wird von USA und Nato ignoriert. Das verwundert nicht, denn seit Konrad Adenauer ist Hitlers Beamtenapparat in bundesdeutsche Ministerien übernommen worden. Darum hat die Enkelgeneration der Globke, Kiesinger, Gehlen, Heusinger, Filbinger usw. antifaschistisch zu denken nicht gelernt, zumal der Antikommunismus Staatsdoktrin der BRD war und heute noch ist. Sonst hätte Frau Baerbock als Außenministerin den rüpelhaften Botschafter der Ukraine nach seinem offenen Bekenntnis zu einem ukrainischen Kriegsverbrecher aus der Nazi-Besatzungszeit sofort zur »persona non grata« erklären müssen.
Die USA und andere Staaten der Nato und EU spüren das Schwinden ihrer Macht und ihres Einflusses auf internationale Entwicklungen. Mit dem Zusammenbruch des europäischen Sozialismus 1990/91 schien ihr damaliger Hauptfeind Sowjetunion ausgeschaltet. Widersacher gegen die USA-Politik in arabischen Ländern wurden mit »Krieg gegen den Terror« überfallen und in den sog. bunten Revolutionen verwüstet. Menschenrechte und Demokratie der bombardierten Völker interessierten weder die USA noch ihre Komplizen. Hinterlassen haben sie ein politisches Chaos, eine zerstörte Sozialstruktur, ausgeraubte Länder und größere Armut. Die Zukunft des ukrainischen Volkes wird nicht vom Freiheitsgeschwätz seiner falschen Freunde aus Washington, Berlin usw. bestimmt, sondern es wird versklavt und ausgeraubt werden.
Aus den USA und aus der BRD liefern Krauss-Maffai, Rheinmetall und andere Waffen in die Ukraine, damit der Krieg nicht beendet wird, bevor die Selenskyj-Regierung durch eine Grundstücksreform auch für ausländische Käufer rechtliche Regelungen geschaffen hat. Inzwischen ist bekannt, dass die amerikanischen Agrar- und Biotechriesen Cargill, DuPont und Monsanto (im Besitz von Bayer/BRD) 16,7 Millionen Hektar des fruchtbarsten Schwarzerde-Bodens der Ukraine gekauft haben. Zum Vergleich: Das entspricht der landwirtschaftlichen Gesamtanbaufläche Italiens. Selenskyj verschachert das Land seines Volkes! Über diesen Betrug informieren unsere Medien nicht. Das alles ist in ein Gespinst von Verschweigen, unbewiesenen Behauptungen, Unterstellungen und eine kaum zu ertragende Heuchelei von Hilfsbereitschaft und Solidarität, aufbereitet mit patriotischen Floskeln und Verteufelungen des Gegners – auch im 21. Jahrhundert ist es Russland.
Nazideutschland hat die Sowjetunion aus der Weltpolitik nicht ausschalten können. Im Gegenteil, ihre politische Autorität brachte um 1960 den Kolonialismus in Afrika zum Zusammenbruch. Trotz 1991 und Ukrainekrieg haben auch die USA keine Chance, Russland militärisch und/oder wirtschaftspolitisch zu unterwerfen. Washington hat Deutschland auserkoren, für die USA in Europa die Drecksarbeit gegen Russland zu machen. Weder die USA-Regierung noch die Deutschlands haben Skrupel, die faschistischen Machthaber der Ukraine zu unterstützen. Im Kontext der missglückten Neuaufteilung der Macht zwischen den führenden imperialistischen Staaten Europas entstand vor einhundert Jahren in Italien und Deutschland der Faschismus. Er hat Krieg und Völkermord über Europa und Asien gebracht. Die UN-Charta und das Potsdamer Abkommen verstanden sich als Lehren: Beseitigung der Quellen für Faschismus und Verhinderung imperialistischer Eroberungskriege. In hundert Jahren haben die Regierungen der Großmächte nichts davon realisiert.
Wenn die Bundesregierung weiterhin die russlandfeindliche und damit friedensgefährdende Politik der USA betreibt, beweist sie ihre Unfähigkeit, veränderte Tendenzen in den internationalen zwischenstaatlichen Beziehungen zu erkennen. Der eingangs zitierte DIHK hat mit seiner Feststellung, die Globalisierung organisiere sich neu, die Zeichen der Zeit besser erkannt. Auf dem »eurasischen Kontinent« (Brezinski 1997) bestimmen nicht die USA die wirtschaftliche Zusammenarbeit. Die Großmächte China, Russland und Indien entscheiden selbst über ihre Handelspartner und politischen Verbündeten. Die »Großmacht EU« wird weiter auseinanderfallen, wenn Deutschland den Mitgliedsländern den Vasallenstatus der USA aufdrückt. Die »Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit« (SOZ) wird im September 2022 in Usbekistan über neue Aufgaben und Herausforderungen für die innerasiatischen Staaten beraten. Die BRICS-Staaten und sogar Saudi-Arabien sind nicht widerspruchlos USA-hörig. Viele afrikanische Staaten machen die Embargopolitik von USA und EU nicht mit. Nicht Russland ist isoliert, sondern die USA und die Nato isolieren sich selbst, wenn sie die zunehmende Erderwärmung, die unheilvoller gewordenen Naturkatastrophen und sich ausweitende Hungersnöte weiterhin den Macht- und Profitinteressen einer erbarmungslosen, global herrschenden Klasse unterordnen.
Der Bundeskanzler und seine Minister sind an ihren Amtseid zu erinnern: Unheil vom deutschen Volk abzuwehren. Es wird Zeit, unüberhörbar an 1989 anzuknüpfen und den Politikern zuzurufen: »Wir sind das Volk!« Die gegenwärtigen politischen Parteien im Deutschen Bundestag gebärden sich als politisch-moralische Instanzen. In Wirklichkeit sind CDU/CSU und FDP nackte Interessenvertreter der Bourgeoisie, B’90/Grüne verunstalten eigene gute Ideen zu Klima und Umwelt durch einseitige Übertreibungen ins Gegenteil. Die SPD dümpelt zwischen Forderungen der Gewerkschaften und den Lobbyisten diverser Unternehmer hin und her. Die Linkspartei sucht nach dem eigenen politischen Standort, und die AFD erinnert zu sehr an braune Zeiten. Mit einem Wort: Im kleinkarierten Machtkampf des deutschen Parteiensystems, der von den USA erzwungenen Embargopolitik gegen Russland, mit »Gasnotfallplan«, ist keine an den Interessen des Volkes orientierte Politik möglich.
Hier fällt mir ein Satz von Mark Twain ein: »Manchmal frage ich mich, ob die Welt von klugen Menschen regiert wird, die uns zum Narren halten – oder von Schwachköpfen, die es ernst meinen!« Wir haben es mit Letzteren zu tun.
Friedrich Engels schrieb 1893 eine Artikelserie: »Kann Europa abrüsten?« Er bejahte die Frage unter der Voraussetzung, dass Deutschland bei der Abrüstung vorangeht. Dann würden die anderen Staaten folgen. Deutschland hat damals die Rüstung forciert und zwei Weltkriege zu verantworten. Über 50 Millionen Tote von 1914 bis 1945 sind für die jetzige Regierung keine ausreichende Lehre, sich von amerikanischen und deutschen Russophobie-kranken Politikern und Kriegsprofiteuren in einen neuen Krieg treiben zu lassen. Jetzt muss unser Volk erklären: Wir werden für fremde Interessen im Winter nicht frieren und auch nicht weniger duschen. Alle deutschen Antikriegsverbände und alle Friedensorganisationen müssen vorangehen. Wir sind die Wähler der Regierung, wir können sie auch abwählen, denn »WIR SIND DAS VOLK!«.