Die auch in den eigenen Kreisen gern zitierte Floskel »drei Juristen, vier Meinungen« ist keineswegs aus der Luft gegriffen und mitunter leider auch begründet. Die NPD war bei der gerade erst vergangenen Wahl unter anderem mit Plakaten aufgefallen, auf denen zu lesen war: »Stoppt die Invasion, Migration tötet«. Dagegen regte sich zu Recht heftiger Widerstand, insbesondere von Seiten der Stadtverwaltungen. In Sachsen mussten die inkriminierten Plakate aufgrund einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Bautzen abgehängt bleiben, weil die Auffassung vertreten wurde, dass der Inhalt der Plakate den öffentlichen Frieden gefährdet, die Menschenwürde aller in Deutschland lebenden Migranten verletzt und sie verächtlich macht. Mithin handelt es sich um Volksverhetzung (Az.: 3 B 155/19). Dem ist an sich nichts hinzuzufügen. In Sachsen-Anhalt kam die Staatsanwaltschaft Halle allerdings im völligen Widerspruch zur Auffassung des sächsischen OVG zu der Einschätzung, eine Volksverhetzung läge nicht vor. Für den Außenstehenden ist es nahezu unerklärlich, wie zwei unterschiedliche Behörden zu völlig gegensätzlichen Auffassungen gelangen können. Als im Vorfeld der im Jahr 2017 durchgeführten Wahl zum Deutschen Bundestag die AfD in Sachsen-Anhalt mit Plakaten warb, auf welchem ein Kopfbildnis von Ernst Thälmann zu sehen und im oberen Bereich des Plakats zu lesen war »Am 24. September AfD wählen!« sowie am Fuße des Bildnisses stand: »Ernst Thälmann würde AfD wählen!« war es auch die Staatsanwaltschaft Halle, die der Auffassung gewesen ist, eine Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener läge nicht vor. Verleumdung und üble Nachrede würden schließlich jeweils eine Tatsachenbehauptung voraussetzen, was vorliegend nicht der Fall wäre. Es handele sich nur um »eine Meinungsäußerung, eine erkennbar in den Konjunktiv gesetzte Vermutung darüber, was der Abgebildete wohl nach Auffassung des Beschuldigten wählte, wenn er denn heute noch lebte und zur Wahl ginge.« Das kann vermutlich nur jemand schreiben, der sich mit dem Lebensweg Ernst Thälmanns und seinen politischen Grundüberzeugungen nicht befasst hat und dadurch nicht erkennen kann, welche Ungeheuerlichkeit in der Behauptung auf den AfD-Plakaten steckt.