Volker Weidermann ist geübt darin, er kann es, hat wiederholt gezeigt, dass er ein Schriftstellerleben bildhaft in klarem, schönem Deutsch zu umreißen versteht. Nichts scheint zu fehlen, sie sind da, die Schreibenden, man sieht sie, versteht sie. Das Duell, die Jahrzehnte währende Fehde Reich-Ranicki/Grass, lieferte ihm den Stoff für ein Buch über die zwei Literaten, ein kurzweiliges Dreihundert-Seiten-Buch, zügig und mit Genuss zu lesen. Was man nicht alles erfährt über den polnischen Juden Marcel Reich, der die Shoah überlebte und als MRR zum berühmt-gefürchteten Kritiker im deutschen Hier und Heute aufstieg; und wie nah uns auch der schließlich zum Nobelpreis erkorene Günter Grass rückt – Volker Weidermann hat das Gegeneinander der beiden genutzt, um sie wie mit Kohle auf weißem Grund sichtbar zu machen. Man sieht sie, hört sie, erlebt, wie sie zwischenzeitlich Abstand voneinander nehmen (monatelang entzieht sich Grass der Kritik nach Kalkutta), und doch können am Ende die beiden nicht voneinander lassen, bleiben in einer Art feindlicher Freundschaft zusammengeschweißt; in Hochachtung vor der Leistung des jeweils anderen strecken sie die Waffen: ebenbürtige Widersacher – der Jude MRR, der die deutsche Literatur liebt und kein Deutscher sein will, und der wortgewaltige GG, den Kindheitserfahrungen, die Erfahrungen der Jugend und die Erfahrungen als Mann (auch die eines SS-Soldaten) zu einem Deutschen unserer Zeit geprägt haben. Volker Weidermanns »Das Duell« ist ein großartiges Buch.
Volker Weidermann: »Das Duell«, Kiepenheuer & Witsch, 310 Seiten, 22 €