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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Unselige Seligpreisung

Dies ist eine Legen­de aus unse­ren Tagen. Sie han­delt von Kai-Thor­sten. Kai-Thor­sten, 18, hat in den letz­ten vier Mona­ten, sagt er, mehr gelernt als in sei­ner gan­zen Schulzeit.

Bis zum 24. Febru­ar hat er sich für nichts Poli­ti­sches inter­es­siert; für nichts, was in der Ukrai­ne, in Russ­land, in Liby­en, im Irak pas­sier­te; durch die Medi­en weiß er nun aber: Die Ukrai­ne ist wich­tig für uns, und die braucht Waf­fen, immer mehr Waf­fen, immer stär­ke­re Waf­fen, bis zum Äußer­sten; und auch wir brau­chen Waf­fen, auch immer mehr Waf­fen, für unse­re Sicher­heit; unse­re gan­ze west­li­che Wer­te­ge­mein­schaf­ten kann gar nicht Waf­fen genug haben, vor allem neue Flug­zeu­ge, die auch Nukle­ar-Waf­fen trans­por­tie­ren kön­nen, koste es, was es wolle.

In einer Gesprächs­run­de kürz­lich kam man auf die »Waf­fen­lie­fe­run­gen« zu spre­chen, die Deutsch­land lei­sten wol­le. »Zu zöger­lich und viel zu wenig«, sag­te Kai-Thor­sten, aber einer wider­sprach: »Immer mehr Waf­fen ver­grö­ßern das Leid der Men­schen. Frie­den muss geschaf­fen, aus­ge­han­delt wer­den – ohne Waf­fen.« Und dazu wur­de die Selig­prei­sung, die zen­tra­le Bot­schaft der Bibel, zitiert: »Selig sind die Frie­dens­stif­ter«, die »paci­fi­ci«, und als Erklä­rung dazu: Das sind die, die wis­sen: »Wer das Schwert nimmt, der wird durch das Schwert umkom­men« (Mat­thä­us 26, Vers 52). Das empör­te Kai-Thor­sten, gegen eine sol­che lum­pen­pa­zi­fi­sti­sche Irr­leh­re muss er nun ankämp­fen, aus einem main­strea­mer muss ein influen­cer wer­den! Und so for­mu­lier­te er sei­ne »Unse­lig­prei­sun­gen« – zur Wider­le­gung der »Selig­prei­sun­gen« in Mat­thä­us 5, Vers 3 bis 10:

Unse­lig sind die nach­denk­lich Zögerlichen,
denn sie ver­spie­len unse­re Sicherheit.
Unse­lig sind, die nur Leid ver­hin­dern wollen,
denn sie wis­sen nicht, dass Leid kampf­be­reit macht.
Unse­lig sind die Sanftmütigen,
denn sol­che Weich­ei­er unter­gra­ben die Poli­tik der Stärke.
Unse­lig sind, die nach Gerech­tig­keit gieren,
denn Ungleich­heit unter den Men­schen gehört nun ein­mal zum Leben dazu.
Unse­lig sind, die rei­nen Her­zens sind,
denn sie wol­len ande­re vom Hel­den­dienst mit der Waf­fe abhalten.
Unse­lig und beson­ders ver­dam­mungs­wür­dig sind die, die immer nur »Gerech­tig­keit« schreien,
denn sie hin­dern unse­re Wer­te­ge­mein­schaft dar­an, mit grö­ße­rer Ver­ant­wor­tung wie­der eine welt­wei­te Füh­rungs­macht zu werden.

Des­glei­chen sind auch ver­werf­lich die sog. Heils­wor­te aus Jesa­ja 2 und Micha 4, wo doch tat­säch­lich gefor­dert wird, die Men­schen sol­len »ihre Schwer­ter zu Pflug­scha­ren machen« und »nicht mehr ler­nen, Krie­ge zu füh­ren«. Das schloss Kai-Thor­sten aus einem Inter­view mit unse­rem Alt­bun­des­prä­si­den­ten Joa­chim Gauck in der BILD-Zei­tung am 29.05.2022, wor­in die­ser auf die Fra­ge, ob man mit Waf­fen Frie­den schaf­fen kann, mit einem heroi­schen »Ja« ant­wor­te­te und zu der in den dama­li­gen DDR-Kir­chen viel ver­brei­te­te Losung »Schwer­ter zu Pflug­scha­ren« nun die­ses bekennt: »Ich habe damals in der DDR die Losung aus tak­ti­schen Grün­den mit­ge­tra­gen und die Sym­bo­le auch an kri­ti­sche Jugend­li­che ver­teilt (…), ein tak­ti­scher Pazifismus.«

Seit­dem ver­brei­tet Kai-Thor­sten: Man kann die zen­tra­len Aus­sa­gen der Bibel neh­men, wie man sie gera­de braucht. Des­halb heißt es für ihn heu­te: »Frie­den schaf­fen mit immer mehr Waf­fen.« Das steht zwar im Wider­spruch zur Selig­prei­sung und zur zen­tra­len Leh­re des Wan­der­pre­di­gers aus Naza­reth – sei´s drum. Wenn es denn der Ukrai­ne hilft und ihren Freun­den in der Nato. Bleibt nur zu hof­fen, dass Kai-Thor­sten kein Influen­cer sei­ner Alters­ge­nos­sen wird!