Dies ist eine Legende aus unseren Tagen. Sie handelt von Kai-Thorsten. Kai-Thorsten, 18, hat in den letzten vier Monaten, sagt er, mehr gelernt als in seiner ganzen Schulzeit.
Bis zum 24. Februar hat er sich für nichts Politisches interessiert; für nichts, was in der Ukraine, in Russland, in Libyen, im Irak passierte; durch die Medien weiß er nun aber: Die Ukraine ist wichtig für uns, und die braucht Waffen, immer mehr Waffen, immer stärkere Waffen, bis zum Äußersten; und auch wir brauchen Waffen, auch immer mehr Waffen, für unsere Sicherheit; unsere ganze westliche Wertegemeinschaften kann gar nicht Waffen genug haben, vor allem neue Flugzeuge, die auch Nuklear-Waffen transportieren können, koste es, was es wolle.
In einer Gesprächsrunde kürzlich kam man auf die »Waffenlieferungen« zu sprechen, die Deutschland leisten wolle. »Zu zögerlich und viel zu wenig«, sagte Kai-Thorsten, aber einer widersprach: »Immer mehr Waffen vergrößern das Leid der Menschen. Frieden muss geschaffen, ausgehandelt werden – ohne Waffen.« Und dazu wurde die Seligpreisung, die zentrale Botschaft der Bibel, zitiert: »Selig sind die Friedensstifter«, die »pacifici«, und als Erklärung dazu: Das sind die, die wissen: »Wer das Schwert nimmt, der wird durch das Schwert umkommen« (Matthäus 26, Vers 52). Das empörte Kai-Thorsten, gegen eine solche lumpenpazifistische Irrlehre muss er nun ankämpfen, aus einem mainstreamer muss ein influencer werden! Und so formulierte er seine »Unseligpreisungen« – zur Widerlegung der »Seligpreisungen« in Matthäus 5, Vers 3 bis 10:
Unselig sind die nachdenklich Zögerlichen,
denn sie verspielen unsere Sicherheit.
Unselig sind, die nur Leid verhindern wollen,
denn sie wissen nicht, dass Leid kampfbereit macht.
Unselig sind die Sanftmütigen,
denn solche Weicheier untergraben die Politik der Stärke.
Unselig sind, die nach Gerechtigkeit gieren,
denn Ungleichheit unter den Menschen gehört nun einmal zum Leben dazu.
Unselig sind, die reinen Herzens sind,
denn sie wollen andere vom Heldendienst mit der Waffe abhalten.
Unselig und besonders verdammungswürdig sind die, die immer nur »Gerechtigkeit« schreien,
denn sie hindern unsere Wertegemeinschaft daran, mit größerer Verantwortung wieder eine weltweite Führungsmacht zu werden.
Desgleichen sind auch verwerflich die sog. Heilsworte aus Jesaja 2 und Micha 4, wo doch tatsächlich gefordert wird, die Menschen sollen »ihre Schwerter zu Pflugscharen machen« und »nicht mehr lernen, Kriege zu führen«. Das schloss Kai-Thorsten aus einem Interview mit unserem Altbundespräsidenten Joachim Gauck in der BILD-Zeitung am 29.05.2022, worin dieser auf die Frage, ob man mit Waffen Frieden schaffen kann, mit einem heroischen »Ja« antwortete und zu der in den damaligen DDR-Kirchen viel verbreitete Losung »Schwerter zu Pflugscharen« nun dieses bekennt: »Ich habe damals in der DDR die Losung aus taktischen Gründen mitgetragen und die Symbole auch an kritische Jugendliche verteilt (…), ein taktischer Pazifismus.«
Seitdem verbreitet Kai-Thorsten: Man kann die zentralen Aussagen der Bibel nehmen, wie man sie gerade braucht. Deshalb heißt es für ihn heute: »Frieden schaffen mit immer mehr Waffen.« Das steht zwar im Widerspruch zur Seligpreisung und zur zentralen Lehre des Wanderpredigers aus Nazareth – sei´s drum. Wenn es denn der Ukraine hilft und ihren Freunden in der Nato. Bleibt nur zu hoffen, dass Kai-Thorsten kein Influencer seiner Altersgenossen wird!