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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Transition im Sudan

Wie in der bekann­ten TV-Serie »Mis­si­on erfüllt«: Bidens Außen­mi­ni­ster Ant­o­ny Blin­ken kann sich die Hän­de rei­ben, Sudan ist im west­li­chen Lager ange­kom­men, der »ara­bi­sche Früh­ling« scheint ver­blüht, die Bevöl­ke­rung ein­ge­spurt für »free­dom & democracy«.

Sudan hat alle vier Pha­sen der Coun­ter­force durchschritten:

Die Pha­se I (Macht­er­grei­fung durchs Mili­tär) wur­de finan­zi­ell gestützt durch Sau­di-Ara­bi­en und Ver­ei­nig­ten Ara­bi­schen Emi­ra­te. Dass nach Schät­zung des IWF die sau­di­schen Kre­di­te bis Ende 2019 mit 4,6 Mrd. Dol­lar auf zehn Pro­zent der Gesamt­schul­den gestie­gen sind (Le Mon­de vom 18. März 2021), ist ein Pro­blem, das man dann in Pha­se IV ange­hen wollte.

Die unmit­tel­bar fol­gen­de Pha­se II (Repres­si­on inklu­si­ve Mas­sa­ker an Demon­strie­ren­den) wur­de von den USA abge­si­chert. Das Land wur­de von der Liste der »Spon­so­ren des Ter­rors« gestri­chen, Sank­tio­nen, auch gegen Gene­ra­le, die nun­mehr im »Auto­no­men Über­gangs­rat« sit­zen, wur­den auf­ge­ho­ben. Dass im Gegen­zug der Apart­heit-Staat Isra­el aner­kannt wer­den muss­te – ein geschick­ter Schach­zug der US-Regierung.

Nach for­ma­len Zuge­ständ­nis­sen, erkämpft durch die Oppo­si­ti­ons­be­we­gung, die dar­in bestan­den, eine Halb-Mili­tär-Halb-Zivi­li­sten-Regie­rung ein­zu­rich­ten und die mili­tä­ri­sche Unter­stüt­zung der Sau­dis im Jemen auf­zu­ge­ben, wur­de dem Über­gangs­re­gime in Pha­se III inter­na­tio­na­le Aner­ken­nung erteilt. Die fak­ti­sche Macht ver­blieb jedoch bei den Mili­tärs im »Sou­ve­rä­nen Rat«, der von Gene­ral Abdel Fattah Bur­han gelei­tet wird, mit dem vor­geb­li­chen Ziel, »bald­mög­lichst«, wohl erst 2022, »demo­kra­ti­sche Wah­len« durchzuführen.

Dies näm­lich erst, nach­dem in Pha­se IV (poli­tisch-öko­no­mi­sche Auf­bau­hil­fe) die Inte­gra­ti­on ins »west­li­che Lager« voll­zo­gen wur­de. Und hier trat ein wei­te­rer Part­ner in Akti­on: Frank­reich, das sei­ne Füh­ler über sei­nen fran­ko­pho­nen Ein­fluss­be­reich hin­aus ausstreckt.

Der fran­zö­si­sche Prä­si­dent Emma­nu­el Macron hat­te am 17./18. Mai zur Bewäl­ti­gung der Fol­gen der Covi­d19-Pan­de­mie nach Paris gela­den und den ersten Tag spe­zi­ell der »Unter­stüt­zung des suda­ne­si­schen Über­gangs« gewid­met. Und Öko­nom Abdal­lah Ham­dock, der suda­ne­si­sche Über­gangs-Pre­mier, konn­te auch zufrie­den sein. Er kann sich auf die »fri­ends of Sudan« ver­las­sen, die sich auf Initia­ti­ve Deutsch­lands nach dem Auf­stand 2019 zusam­men­fan­den. Man stimm­te einem Schul­den­schnitt zu, Deutsch­land wer­de 90 Mio. (Le Mon­de am 18. Mai) bzw. 360 Mio. Euro (Deut­sche Afri­ka Stif­tung am 21. Mai) bzw. 460 Mio. (Deut­sche Wel­le am 17. Mai) erlas­sen. Und der Welt­wäh­rungs­fonds nimmt den Sudan in den PPTE-Ent­schul­dungs­pro­zess auf: 53 Pro­zent der 49,8 Mrd. Dol­lar Schul­den Ende 2019 sol­len erlas­sen wer­den. Und Kon­fe­renz-Gast­ge­ber Emma­nu­el Macron als zweit­größ­ter Kre­dit­ge­ber war bereit (Le Mon­de vom 17. Mai 2021), einen Über­brückungs­kre­dit von 1,5 Mrd. zu gewäh­ren (unter groß­zü­gi­gem Ver­zicht auf Pro­vi­si­on), damit die Schul­den beim WFI abge­wickelt wer­den kön­nen. Dar­über hin­aus über­rasch­te er mit sei­ner Ankün­di­gung, fünf Mrd. Schul­den zu annul­lie­ren. Er ließ die Opti­on offen, die von der »tra­di­tio­nel­len Reduk­ti­on« nicht betrof­fe­nen Rest­schul­den in Umschul­dungs­ver­trä­ge mit der fran­zö­si­schen Ent­wick­lungs­agen­tur AFD ein­zu­packen. Sol­che »Ent­schul­dungs- und Ent­wick­lungs­ver­trä­ge« wur­den kürz­lich auch mit der Elfen­bein­kü­ste mit einem Volu­men von 2,3 Mrd. Euro über eine Lauf­zeit von etwa 15 Jah­ren abge­schlos­sen. Sogar die Schweiz mischt mit: Ein Son­der­be­ra­ter der Eid­ge­nös­si­schen Ent­wick­lungs­agen­tur EDA will mit einer Mio. CHF die Tran­si­ti­on »unter­stüt­zen«. Schmier­mit­tel, damit’s läuft?

Der Weg in einen neu­en Auf­schwung ist geeb­net, ein neu­er Zyklus neo­ko­lo­nia­ler Aus­beu­tung kann begin­nen. Die Staats­be­trie­be, die bis­lang dem Mili­tär unter­stellt waren, wer­den den ver­schie­de­nen Mini­ste­ri­en zuge­ord­net, Kampf um die Fleisch­töp­fe inklu­si­ve. Pri­va­ti­sie­run­gen wer­den wohl bis nach den Wah­len war­ten müs­sen. Der reich­ste Mann Afri­kas, der Nige­ria­ner Ali­ko Dan­go­te, hat bereits sei­ne Bereit­schaft erklärt, ver­stärkt im Sudan ins Agro­busi­ness (Zucker und Wei­zen) zu inve­stie­ren, den regio­na­len Getrei­de­be­darf im Auge (Jeu­ne Afri­que, 24. Mai 2021), um – so der Plan – in zwei Jah­ren mit einer hybri­den Sor­te bis zu 50 Pro­zent der Nach­fra­ge zu decken.

Und der Bedarf ist immens, die Getrei­de­prei­se ste­hen in Rekord­hö­hen, und die Infla­ti­on galop­piert – sie ist wäh­rend der »Tran­si­ti­on« von 53 Pro­zent 2019 auf 361 Pro­zent im April 2021 expo­nen­ti­ell gestie­gen. Wäh­rend die Füh­rungs­eli­ten um Macht und Ein­fluss rin­gen, der Grenz­streit mit Äthio­pi­en eska­liert, hun­gern die Men­schen in einem der ärm­sten Län­der des Kon­ti­nents. Das Welt­ernäh­rungs­pro­gramm der Ver­ein­ten Natio­nen erreich­te im Jahr 2020 ledig­lich 7,5 der 42,8 Mil­lio­nen Suda­ne­sen, wäh­rend im Land 1,1 Mio. Flücht­lin­ge, plus über 63.000 aus der Tigray-Pro­vinz, vom UNHCR zu betreu­en sind, zusätz­lich zu den 2,55 Mil­lio­nen intern Ver­trie­be­nen. Auch dies das Ergeb­nis der »Tran­si­ti­on« im Sudan.