Verdreckt, hungrig, verlaust, Tag für Tag
im Grabenkrieg den Tod vor Augen, Gasangriff
Granatwerferhagel, Maschinengewehrfeuer
dem Kaiser als Kanonenfutter diente Großvater
in Weltkrieg I und rettete die magere Haut
als hätt er nicht schon genug gehabt
als wäre das für ein Menschenleben
nicht mehr als genug
mehr als ein Inferno hat er überstanden
in den Stellungskriegen Nordfrankreichs
zurück aus der Hölle wollte er nicht mehr zurück
auf die kleine Hofstelle irgendwo an der Weser
ein Leben als Tagelöhner? Was sollte er dort
zusammen mit vier Brüdern? Besser dahin gehn
wo es Arbeit gibt und Brot, kommt er mit zweien
von ihnen hierher an die Ruhr, schmächtiger Mann
der durchgekommen war und nun als Maurer
auf dem Pütt sein bisschen Geld verdienen wollte
immerhin, für ein eigenes Häuschen
legte er sich krumm, und bald schaffte er es
bescheiden wie er war, das Meiste gemauert
mit eignen Händen, Dachstuhl, Holzarbeiten
machten paar Freunde, man musste sich helfen
und Ecken und Wände standen im Lot
jede Tür- und Fensterlaibung saß bei ihm
dass er dann, bei manchem Grubenunglück
bei all den nicht endenden Bränden, die Stollen
rasch zumauern musste, auch wenn dahinter
noch Kumpels waren, verkohlt, verstümmelt
vielleicht noch am Leben, brauchte er das?
dieser schmächtige, freundliche, ruhige Mann
mit dem großen Herzen für die
denen es noch dreckiger ging
als hätt er nicht längst genug gehabt
als wäre das für ein Menschenleben
nicht mehr als genug
manchmal fragte ich, löcherte ihn, Opa erzähl
vom Krieg, dann erzählte er eher harmloses
Zeug, Schützengräben, was stellte ich Knirps mir
darunter vor, ein Kinderwagen mit MG, eine Ziege
kamen vor, und das Grauen bohrte sich fest in mir
die vielen Zigaretten, die er rauchte
der schmächtige Mann, gegen all das Feuer
den Rauch und die Erinnerung, mit zweiundsechzig
war er tot, sein kranker Magen, Lunge und Herz
ich hätte ihn so gern so vieles noch gefragt
als hätt er nicht längst schon genug gehabt
als wäre das für ein Menschenleben
nicht mehr als genug