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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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»Tambourine Man« wird 80

Pro­test-Sän­ger, Rock-Rebell, poli­ti­scher Akti­vist, christ­li­cher Mis­sio­nar und Lite­ra­tur­no­bel­preis­trä­ger – Bob Dylan, der in die­sen Tagen sei­nen 80. Geburts­tag begeht, wur­de in all den Jah­ren mit vie­len Eti­ket­ten ver­se­hen. Dabei hat er immer wie­der betont: »Ich bin ein anderer!«

Am 24. Mai 1941 in Duluth, Min­ne­so­ta gebo­ren, war Robert Allen Zim­mer­man der Enkel von aus Ost­eu­ro­pa in die USA ein­ge­wan­der­ten jüdi­schen Groß­el­tern. Er wuchs in der klei­nen Berg­bau­stadt Hib­bing nahe der kana­di­schen Gren­ze auf. Bereits in der Jugend woll­te er Sän­ger und Gitar­rist wer­den und grün­de­te mit zwei Klas­sen­ka­me­ra­den eine Band. Im Sep­tem­ber 1959 ver­ließ er Hib­bing und zog nach Min­nea­po­lis, wo er sich an der Uni­ver­si­tät (Fakul­tät der Schö­nen Kün­ste) ein­schrieb. Anfang 1961 ent­schied sich der knapp 20-Jäh­ri­ge jedoch, nach New York zu gehen, um sich einen Namen in der dor­ti­gen Musik­sze­ne zu machen. Mit Gitar­re und Mund­har­mo­ni­ka fand der Neu­an­kömm­ling Unter­schlupf in Green­wich Vil­la­ge, wo sich eine Künst­ler­sze­ne eta­bliert hat­te. Der jun­ge Sän­ger nahm den Künst­ler­na­men Bob Dylan an. Bald trat er in Folk­clubs auf. Einen gro­ßen Ein­fluss auf sei­ne frü­he Ent­wick­lung hat­te sei­ne Freun­din Suze Roto­lo, die Toch­ter kom­mu­ni­stisch gesinn­ter Ein­wan­de­rer aus Ita­li­en, die ihn mit Lite­ra­tur und Thea­ter bekannt machte.

Am 29. Sep­tem­ber 1961 erschien in der New York Times der legen­dä­re Arti­kel des Musik­kri­ti­kers Robert Shel­ton. Bemer­kun­gen wie »Er ähnelt einer Kreu­zung aus Chor­kna­be und Beat­nik« oder »Er platzt vor lau­ter Talent aus allen Näh­ten« beschleu­nig­ten wahr­schein­lich Dylans Weg nach oben. Der Colum­bia-Records-Plat­ten­pro­du­zent John Ham­mond wur­de auf Dylan auf­merk­sam und bot ihm noch am sel­ben Tag einen Ver­trag an. Im Novem­ber 1961 wur­den die ersten Songs auf­ge­nom­men und im März 1962 erschien Dylans erstes Album mit dem schlich­ten Titel »Bob Dylan«. Es ent­hielt im Wesent­li­chen noch tra­di­tio­nel­le Lie­der aus den Berei­chen Blues, Gos­pel, Coun­try und Folk; ledig­lich zwei Songs waren Eigenkompositionen.

Erst Dylans näch­stes Album »The Free­whee­lin’ Bob Dylan«, das am 27. Mai 1963 erschien, brach­te den künst­le­ri­schen Durch­bruch. Es erreich­te Platz 22 der US-Charts und wur­de schließ­lich mit einem Pla­tin-Album aus­ge­zeich­net. 2003 liste­te der Rol­ling Stone das Album auf Platz 162 sei­ner Liste der 500 besten Alben aller Zei­ten. Nach sei­nem ersten Plat­ten­er­folg begann Dylan noch 1963 mit einer ersten Tour­nee (häu­fig gemein­sam mit Joan Baez) durch die USA. Mit sei­nen Auf­trit­ten und den nach­fol­gen­den Alben »The Times They Are a-Chan­gin’« (1964) oder »High­way 61 Revi­si­ted« (1965) wur­de er für die immer poli­ti­scher wer­den­de Jugend zu einer Sym­bol­fi­gur: eine Rol­le, die ihm eher weni­ger behag­te. Mit­te der 1960er ver­wan­del­te sich sein Musik­stil vom Folk hin zum Rock’n’Roll, was nicht von allen Fans begei­stert auf­ge­nom­men wur­de. Sei­ne Schall­plat­ten ver­kauf­ten sich aber wei­ter­hin millionenfach.

Nach einem Motor­rad­un­fall 1966 zog sich Dylan für eini­ge Jah­re fast völ­lig ins Pri­vat­le­ben zurück. In den 1970ern fei­er­te er aber sein Come­back und blieb bis heu­te in den unter­schied­lich­sten Stil­rich­tun­gen aktiv – von der Coun­try Musik bis zur christ­lich inspi­rier­ten Gos­pel-Pha­se. Fast im Jah­res­takt brach­te er neue Alben her­aus, die alle­samt zu Klas­si­kern wur­den. »Rough and Row­dy Ways«, im Vor­jahr erschie­nen, war bereits sein 39. Stu­dio­al­bum. Dazu kom­men 15 Live­al­ben und unzäh­li­ge Kom­pi­la­tio­nen (»Grea­test Hits« oder »Best of«). In sei­ner Kar­rie­re schuf Bob Dylan bis­her mehr als 600 Songs und ver­kauf­te welt­weit mehr als 125 Mil­lio­nen Tonträger.

Der »Shake­speare des 20. Jahr­hun­derts«, wie Bob Dylan von vie­len bezeich­net wird, erhielt zahl­rei­che Ehrun­gen und Aus­zeich­nun­gen. Der Rit­ter­schlag war 2016 die Ehrung mit dem Lite­ra­tur­no­bel­preis – für »neue poe­ti­sche Aus­drucks­for­men in der ame­ri­ka­ni­schen Song-Tra­di­ti­on«, wie es in der Begrün­dung des Nobel­preis­ko­mi­tees der Schwe­di­schen Aka­de­mie hieß. Mit Bob Dylan, der Poe­sie fürs Ohr schreibt, wur­de zum ersten Mal ein Song­wri­ter mit der höch­sten lite­ra­ri­schen Ehrung der Welt ausgezeichnet.

Am 24. Mai 2021 fei­ert der rast­lo­se und ver­schwie­ge­ne Alt­mei­ster des Rock’n’Roll sei­nen 80. Geburts­tag. Wie kein ande­rer Ein­zel­künst­ler hat er die popu­lä­re Musik der letz­ten sech­zig Jah­re geprägt. Mit Titeln wie »Like a rol­ling stone«, »Blo­win’ in the Wind«, »The times they are a-chan­gin« oder »Mr. Tam­bou­ri­ne Man« schrieb er nicht nur den Sound­track der rebel­li­schen 1960er-Gene­ra­ti­on, sie sind auch in die Musik­ge­schich­te eingegangen.