Das Thema der UN-Vollversammlung wird durch Russland bestimmt: Volksabstimmung in Gebieten der Ukraine, Mobilmachung im eigenen Land. Wen überrascht diese Entwicklung? Kriege sind die höchste Form der Eskalation. Kriegführende Parteien greifen zu jedem Mittel, um ihre Ziele zu erreichen. Wladimir Putin hat den Feldzug gegen die Ukraine nicht begonnen, um der Welt zu zeigen, dass Russland einen Krieg verlieren kann. Die Ukrainer wehren sich tapfer gegen eine Übermacht und suchen Hilfe bei der Weltgemeinschaft. Zu Recht fordert Wolodymyr Selenskyj eine Bestrafung der Kriegsverbrecher. Ist es nicht längst Konsens, dass jeder, der einen Krieg vom Zaun bricht, ein Verbrecher ist? Aber – wie bestraft man den Spitzenpolitiker einer Supermacht? Internationale Ächtung und Sanktionen, das sind seit dem Beginn der UN die Mittel. Andere gibt es nicht. Inzwischen sind wir alle längst verwickelt in diesen Welt-Machtkampf, bei dem es um mehr geht als ein paar Dörfer und Felder im Donbass, von denen noch dazu nach dem Ende der Kampfhandlung wenig übrig sein wird. Ja worum eigentlich, worum geht es? Um Vormacht, um Ressourcen, um Gewinnmaximierung? Wer profitiert am Krieg? Jedenfalls nicht die »Helden«, die dafür bestimmt sind, auf dem »Feld der Ehre« verheizt zu werden. Nicht Mütterchen Russland. Nicht die Ukraine. Worum ging es, um historische Beispiele aufzurufen, beim Einsatz der Atomwaffen, während in Potsdam die Konferenz der Siegermächte tagte, um die Neuordnung der Welt zu verhandeln? Worum ging es in Vietnam, im Irak, in Afghanistan, in Kroatien, im Kosovo, in Tschetschenien, Georgien, Libyen, Syrien? Hört das niemals auf? Der Kriegszustand ist die Stunde, in der die Weltgemeinschaft ihre Verantwortung wahrnehmen muss. Nicht durch Rüstung und Waffenlieferungen wird Frieden geschaffen. Sondern durch Verhandlungen, Verträge, Diplomatie und Austausch. Durch einen Ausgleich der schreienden Disproportionen. Durch Handel. Wo sind sie heute die Gandhi, Mandela, Palme? Die Diplomaten, Schlichter, Mediatoren? Es ist die Stunde der Diplomatie. Kann es denn nicht gelingen, wenigstens ein Moratorium zu erreichen, einen Waffenstillstand? Solange geschossen wird, kann man nicht verhandeln.