Auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse erhielt Spanien das besondere Augenmerk. Die Royals waren gekommen, und eine Menge neuer Bücher wurden vorgestellt. Darunter Aroa Moreno Durans »Die Tochter des Kommunisten« – ein preisgekrönter Debütroman, von dem eine spanische Kritikerin behauptete: »Dieses Buch ist schlicht perfekt.«
Erzählt wird von einer spanischen Familie, die Exil in der DDR gefunden hat. Der Vater, ein Kommunist, lobt das Gastland über alle Maßen und will seine Frau und die beiden Töchter auch in diesem Sinne überzeugen. Doch in Wirklichkeit ist ihr Leben in Ost-Berlin ärmlich: eine kleine kalte Wohnung, es riecht nach Kohl und viel mehr gibt es auch nicht zu essen. Katja hat sich in Schule und Jugendverband eingerichtet, beginnt zu studieren. Da begegnet sie einem jungen Mann aus dem Westen, sie verlieben sich, und er organisiert die Flucht in sein Land. Hier, in einer süddeutschen Stadt, fühlt sich Katja gleich gar nicht zu Hause. Der Freund und spätere Ehemann ist fad. Die spießigen Schwiegereltern bestimmen den Alltag. Sie findet: Die Freundschaften in der DDR waren tiefer und intensiver. Ihr fehlen die Eltern und die Schwester, zumal sie vom Tod des Vaters erfährt. Die Ehe scheitert. Nach dem Mauerfall fährt sie nach Berlin, trifft die Schwester und die nun demente Mutter und erfährt Schreckliches: Der Vater hat seine spanischen Genossen für die Stasi bespitzelt, kam nach ihrer Flucht ins Gefängnis und ist dort gestorben.
Das Buch verblüfft wegen der vielen Details, die u. a. das frühere Ost-Berlin schildern. Da gibt es genaue Straßenbeschreibungen, und auch der Alltag ist so konkret gezeichnet, dass man sich wundert, woher eine 1981 in Madrid Geborene das alles weiß. Auch die Tristesse in der süddeutschen Stadt Backnang ist so beschrieben, als hätte die Autorin alles selbst erlebt. Eben Tristesse, Heimatlosigkeit, Fremdsein. Hüben wie drüben, auch in Spanien, wo die junge Familie einen Urlaub verbringt. Dieses übermächtige Gefühl bestimmt das Buch, und man weiß nicht so genau, woher es kommt. Ist es der Mangel und die allgegenwärtige Überwachung in der DDR? Die Mauer, die die Bewohner der beiden Staaten nicht gefahrlos zueinanderkommen lässt? Das Familiengeheimnis des Vaters? Ich konnte es nicht ergründen und fand alles ziemlich voller Klischees. Die DDR war so, wie man sie jetzt sehen soll, und die süddeutschen Verhältnisse entsprechen ebenso gängigen Vorstellungen. Bin ich wieder einmal der Werbung aufgesessen?
Aroa Moreno Duran, Die Tochter des Kommunisten, Roman, btb 2022, 172 S., 22 €.