Im Umfeld größerer wie kleinerer Städte gründen sich immer mehr »Solidarische Landwirtschaften« (SOLAWIs), häufig genossenschaftlich organisiert, nicht selten in Kooperation mit vorhandenen bäuerlichen Betrieben. Der gar nicht neue Grundgedanke ist ebenso schlicht wie effektiv. Eine Gruppe von Menschen sichert sich durch feste Beiträge und/oder Eigenarbeit solidarisch ab. Das ist das Grundprinzip der – wieder modern werdenden – Genossenschaftsbewegung. In diesem Fall für die Selbstversorgung mit nachhaltig erzeugten Lebensmitteln: ökologisch angebautes Obst und Gemüse, in manchen Fällen auch Eier, Fleisch- und Milchprodukte. Zu Beginn eines Wirtschaftsjahres setzt man sich zusammen, legt – je nach Größe und Standort der Anbaufläche und den Wünschen der Beteiligten – den Bedarf fest und ermittelt die monatlichen Beiträge der Einzelnen zur Deckung aller Kosten. Auch hierbei wird stets versucht, »solidarisch« zu agieren und die finanziellen Anteile nach den Möglichkeiten der Mitglieder zu staffeln. Wer mehr hat, gibt auch mehr – und alle erhalten im Gegenzug Produkte, von denen sie wissen, wo und wie sie erzeugt werden.
Das ist ein in jeder Hinsicht erfreuliches und zukunftsweisendes Modell. Erstens wird die derart bewirtschaftete Anbaufläche dem »Markt« entzogen. Und das ist gut so. Die von der industriellen Landwirtschaft betriebenen Monokulturen sind für Solidarhöfe undenkbar, weil ihren »Abnehmern« (Mitgliedern) natürlich an einer großen Vielfalt gelegen ist – wodurch die Artenvielfalt insgesamt sowie der Erhalt alter Pflanzen- und Tiersorten sehr viel besser gewährleistet bleiben als bei kommerziell ausgerichteten Höfen.
Zweitens umgehen die SOLAWIs den »mörderischen« Handel (siehe die Beiträge »Bauernopfer: Kapitalismus tötet« in Ossietzky 5/2021 und »Nährende Geschäfte« in Ossietzky 8/2021), das »Marketing« erfolgt in direkter Ansprache mit den fest verbundenen »Kunden«, und das Preisdiktat des Zwischen- und Einzelhandels – in anderen Worten: der Kapitalismus – ist weitgehend ausgeschaltet. So wie übrigens auch das unsinnige Schönheitsdiktat von Feldfrüchten: Krumme Gurken oder Möhren, »unförmige« Kartoffeln oder Zwiebeln, die es heute nicht mehr ins Supermarktregal schaffen, finden hier ganz unproblematisch ihre Abnehmer.
Drittens ist die Planungssicherheit solcher »Betriebe« (und ihrer »Betreiber«) sehr viel größer als in der herkömmlichen Landwirtschaft, weil das Risiko beispielsweise von (wetterbedingten) Ernteausfällen auf viele Schultern verteilt wird und ganz überwiegend »samenfeste« Sorten angebaut werden, die auch das Saatgut für die nächste Saison sicherstellen.
Viertens – und nicht zuletzt – schonen die Solidarhöfe Klima und Ressourcen durch extensive, ökologisch nachhaltige Bewirtschaftungsmethoden und kurze, direkte Transportwege. Sie sorgen dadurch auch für eine Wiederbelebung regionaler Strukturen, wovon man sich zum Beispiel in vielen Orten im Wendland – und sicher auch anderswo – selbst überzeugen kann.
In anderen Worten: Solche Genossenschaften entfalten eine nicht zu übersehende, auch soziale und kulturelle Strahlkraft, weshalb sie hier mal über den grünen Klee gelobt werden sollen. Und sie verdienen jede Unterstützung. Überall werden überall Mit-Bauern gesucht. Hier kann man mit einem überschaubaren Beitrag tatsächlich helfen, die Welt ein kleines bisschen besser zu machen. Dabei ist darauf achten, dass die Höfe keine »völkischen Ansätze« verfolgen, denn auch solche Höfe gibt es.
Wer sich durch diese »Werbung« animiert fühlt, kann sich auf der Website www.solidarische-landwirtschaft.org über solche Initiativen, in nah und fern, informieren. Nur zu!