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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Sie wissen nicht, was sie tun

Im Hohen Haus am Platz der Repu­blik 1 in Ber­lin bis in die klein­ste Kom­mu­ne zei­gen sich unse­re Poli­ti­ker zwar des Redens all­mäch­tig und des Schrei­bens mäch­tig, sobald es um gro­ße Zah­len geht, hapert es jedoch mathe­ma­tisch gehö­rig. Da wird dann gern »ver­nied­licht«. So beläuft sich der erhöh­te Schul­den­stand der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land per 31. Mai 2022 auf 1.486,4 Mrd. Euro. Das klingt irgend­wie über­schau­bar, über­steigt jedoch jede Vor­stel­lungs­kraft – übri­gens auch das Fas­sungs­ver­mö­gen derer, die mit sol­chen Zah­len schein­bar sou­ve­rän han­tie­ren. Fast 1.500 Mil­li­ar­den, andert­halb Bil­lio­nen – eine Bil­li­on ist eine schlicht 1 mit zwölf Nul­len – sind nicht mehr fass­bar, schon gar nicht anfassbar.

Nach dem Haus­halts­be­schluss des Bun­des­ta­ges kam öffent­li­ches Froh­locken auf, der Bund dür­fe 2022 fast eine hal­be Bil­li­on Euro aus­ge­ben und erneut hohe Schul­den machen. Trick 17 funk­tio­niert. Eine hal­be Bil­li­on sind zwar 500 Mil­li­ar­den, schei­nen aber wenig zu sein ange­sichts des Gesamt­schul­den­stan­des. Adam Ries, der alte ober­frän­ki­sche Rechen­fuchs, wür­de sich die Haa­re rau­fen, ob der neu­zeit­li­chen Zah­len­jon­gleu­re. Sie ver­knei­fen es sich näm­lich, mit rea­lem Barem zu rech­nen. Zum Ende des Jah­res 2020 soll sich der Bar­geld­um­lauf im Euro-Wäh­rungs­ge­biet auf eine Sum­me von rund 1.477 Mil­li­ar­den Euro belau­fen haben. Bares scheint Rares zu werden.

Wer als Bür­ge­rin oder Bür­ger blickt da noch durch? Von der gro­ßen Zahl poli­ti­scher Nul­len ganz schwei­gen, die mit 100 Mil­li­ar­den € die Auf­trags­bü­cher der Rüstungs­kon­zer­ne fül­len, um Waf­fen­schrott zu pro­du­zie­ren. Als Faust­re­gel gilt näm­lich, dass z. B. ein Kampf­flug­zeug höch­stens drei­mal als ein­satz­fä­hig gilt, bevor es abge­schos­sen wird. Von Gra­na­ten, Rake­ten und ein­fa­cher Muni­ti­on ganz zu schwei­gen, die nur ein­ma­lig ver­schos­sen wer­den kön­nen. Die Lie­fe­ran­ten für Gevat­ter Tod machen ordent­lich Kas­se. Die Gewinn­mar­gen und Bör­sen­kur­se bestä­ti­gen es. Die Zahl der Mil­lio­nä­re – wie tröst­lich – stieg 2021 um rund 100.000 an.

Düster­ste Pro­gno­sen aller­or­ten. Die unbe­wäl­tig­te und wie­der anste­hen­de Coro­na-Pan­de­mie sowie der rus­si­sche Krieg in der Ukrai­ne wer­den als poli­ti­sches Ali­bi bemüht. Nicht das Gespenst des Kom­mu­nis­mus geht mehr um, son­dern der Furor des Teu­ro-Kapi­ta­lis­mus. Das rot-grün-gel­be Tri­um­vi­rat ver­langt Opfer­be­reit­schaft ohne Ende im Stil von Wil­helm Zwo: »Gold gab ich für Eisen«. Der Armuts­be­richt des Pari­tä­ti­schen Wohl­fahrts­ver­ban­des weist mit 13,8 Mil­lio­nen von Armut betrof­fe­nen Men­schen für 2021 einen bis­he­ri­gen Höchst­stand aus. Pro­blem­re­gi­on Num­mer 1 das Ruhr­ge­biet. Die Teue­rung stieg im Mai 22 vor allem durch Kosten für Ener­gie und Lebens­mit­tel auf den höch­sten Stand seit 50 Jahren.

Hät­te es ein Assess­ment-Cen­ter vor der Wahl gege­ben, um die Kan­di­da­tin­nen und Kan­di­da­ten einer Per­sön­lich­keits­prü­fung zu unter­zie­hen, wäre dem Desa­ster­team Scholz & Co. nie eine Chan­ce gege­ben wor­den. Wo bleibt da eigent­lich der Ver­fas­sungs­schutz in punc­to Gefähr­dung der frei­heit­lich-demo­kra­ti­schen Grund­ord­nung? Lei­der wird sich wegen all­ge­mei­ner grund­ge­setz­li­cher Lücken eben­so kein Staats­an­walt fin­den, um eine Sam­mel­ank­la­ge zumin­dest wegen Mein­eid zu erhe­ben. Der Amts­eid nach Arti­kel 56 GG ist für die Katz´. Er stammt aus Zei­ten der Bon­ner Grün­dungs­vä­ter, denen an Ehre und Eid etwas gele­gen war. Daher steht der deut­sche Michel dumm da wie Goe­thes Zau­ber­lehr­ling, der die Gei­ster rief und sie nie mehr loswurde.

Dr. phil. Robert Habeck kann ruhi­gen Gewis­sens als grü­ner Vize­kanz­ler sowie Bun­des­mi­ni­ster für Wirt­schaft und Kli­ma­schutz die 11. Feu­er­bach-The­se des Herrn Karl Marx, wonach es nicht auf Inter­pre­ta­ti­on, son­dern auf Ver­än­de­rung ankommt, kur­zer­hand umdre­hen. Sank­ti­ons­wü­tig besche­ren er und sei­nes­glei­chen der Repu­blik einen Wirt­schafts­nie­der­gang ohnegleichen.

In Sachen Gas machen sich Habeck und die Ber­li­ner Cha­os­trup­pe zur inter­na­tio­na­len Witz­fi­gur. In Polen füll­ten sich wun­der­sam die Gas­spei­cher bereits zu 97 Pro­zent. Wie ging das, obwohl das Land seit Mona­ten kein Erd­gas mehr von Gas­prom bezieht? Es kam über die Jamal-Euro­pe-Pipe­line aus deut­schen Lan­den. 2021 gelang­te es über West­si­bi­ri­en durch Bela­rus ins bran­den­bur­gi­sche Mall­now und von dort wie­der ost­wärts nach Polen. Wäh­rend Ex-Pastor, Ex-Sta­si­jä­ger und Ex-Bun­des­prä­si­dent Joa­chim Gauck Soli­da­ri­täts­bib­bern für die Ukrai­ne hei­ligt, ken­nen deut­sche Impor­teu­re kei­ne Gna­de und ver­hö­kern für den hei­mi­schen Markt vor­ge­se­he­nes Gas zu über­höh­ten Prei­sen auf dem pol­ni­schen Spot- und Future-Markt: ein ech­ter Gau­ner­streich der Putin-Sank­tio­nie­rer. Und die Euro­päi­sche Uni­on ent­deckt plötz­lich eine »grü­ne« Lie­be zu Gas und dem einst ver­teu­fel­ten Atom­strom. Selbst der Kli­ma­kil­ler Koh­le steht seit der Bun­des­tags­sit­zung vom Juli nicht mehr auf der grü­nen No-Go-Agenda!

Über ein ande­res Desa­ster wuss­te die Wirt­schafts­wo­che vom 7. Juni 2022 unter der Über­schrift »Das Wei­zen-Cha­os an der Gren­ze zu Polen« zu berich­ten: »Es gibt kaum ein Durch­kom­men für das Getrei­de aus der Ukrai­ne. An dem Grenz­über­gang Doro­husk war­ten voll­ge­la­de­ne Wag­gons oft meh­re­re Wochen. Ein Getrei­de­händ­ler aus Ost­po­len, der anonym blei­ben möch­te, ver­zwei­felt ange­sichts der aktu­el­len Lage. Er wür­de den Wei­zen ger­ne per Lkw zu den See­hä­fen im Nor­den Polens abtrans­por­tie­ren las­sen. Dafür bräuch­te er Fah­rer und Fahr­zeu­ge. ‘Auch wenn ich den dop­pel­ten Tarif zah­le, fin­de ich kei­ne Fahr­zeu­ge. Sie sind alle bis zum Anschlag aus­ge­la­stet‘, sagt der Händ­ler. Der Wei­zen­trans­port aus der Ukrai­ne in den Westen stockt – egal ob per Güter­zug oder per Lkw. Last­wa­gen war­ten oft tage­lang, um die sie­ben ukrai­nisch-pol­ni­schen Grenz­über­gän­ge zu pas­sie­ren. Güter­zü­ge ste­hen in den sie­ben Grenz­bahn­hö­fen noch län­ger. Der­wei­len nimmt die Lage auf dem Welt­markt für Wei­zen­ex­por­te dra­ma­tisch zu. (…) Alter­na­tiv­rou­ten, etwa über Rumä­ni­en, sind bis zum Anschlag aus­ge­la­stet.« Was folgt, ist die Beschrei­bung eines (west)europäischen Total­ver­sa­gens. Die mit Wei­zen voll­ge­la­de­nen Wag­gons der ukrai­ni­schen Eisen­bahn ste­hen bis zu drei Wochen und war­ten, weil Wag­gons feh­len. Trotz meh­re­rer Auf­ru­fe Polens an die ande­ren euro­päi­schen Län­der wur­de kei­ne aus­rei­chen­de logi­sti­sche Hil­fe geleistet.

Eige­nen Anga­ben zufol­ge arbei­tet US-Prä­si­dent Joe Biden mit euro­päi­schen Ver­bün­de­ten an einer Lösung der Blocka­de von 20 Mil­lio­nen Ton­nen ukrai­ni­schem Getrei­de, das an der Schwarz­meer­kü­ste fest­hängt. Geplant sei der Bau vor­läu­fi­ger Silos an den Gren­zen des Lan­des, um das Pro­blem unter­schied­li­cher Spur­wei­ten im ukrai­ni­schen und euro­päi­schen Schie­nen­sy­stem zu umge­hen, teil­te er mit. Die Ver­kün­di­gung des Jahr­tau­sends: »Die Ukrai­ne hat ein System, wie Russ­land es hat, eine Spu­ren­wei­te, die anders ist als die Spu­ren­wei­te der ande­ren Schie­nen in Euro­pa. Also wer­den wir tem­po­rä­re Silos bau­en, an den Gren­zen der Ukrai­ne, dar­un­ter in Polen. Dann kön­nen wir es aus die­sen Wag­gons in die­se Silos brin­gen, in Wag­gons in Euro­pa und dann an den Oze­an und in die gan­ze Welt. Aber es erfor­dert Zeit.«

Das Rech­nen mit Mil­li­ar­den und Bil­lio­nen und Kre­di­ten ohne Ende ist dage­gen ein Kin­der­spiel. Schwar­ze Madon­na, Köni­gin von Polen in Czę­stocho­wa, hilf! Erhel­le die Gei­ster der irdi­schen Kleindenker.