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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Qualitätsmedien

Am 16. Novem­ber tri­um­phier­te die Frank­fur­ter All­ge­mei­ne Zei­tung, einer der bun­des­deut­schen Leit­ster­ne der selbst ernann­ten »Qua­li­täts­me­di­en« auf ihrer Titel­sei­te mit der Über­schrift »Mehr­heit der G-20-Mit­glie­der ver­ur­teilt Krieg in der Ukrai­ne«. In der Unter­zei­le wur­de eine Demü­ti­gung ange­deu­tet mit den vier Wor­ten: »Law­row ver­lässt Tref­fen vor­zei­tig«, und den Sack zu mach­te der Kom­men­tar auf Sei­te 1 mit der Über­schrift »Putin am Pranger«.

Gestützt war die­ses Scher­ben­ge­richt auf eine »vor­ab bekannt gewor­de­ne Gip­fel­er­klä­rung«. Der zufol­ge wäre dort in Bali der Krieg in der Ukrai­ne »aufs Schärf­ste ver­ur­teilt worden.«

Nun hät­te jeder, der sich qua­li­ta­tiv hoch­wer­tig infor­miert wis­sen will, für den näch­sten Tag die­se »vor­ab bekannt gewor­de­ne Gip­fel­er­klä­rung« mög­lichst im Wort­laut prä­sen­tiert und gründ­lich ana­ly­siert gewünscht. Sie taucht aber weder in der FAZ des Fol­ge­ta­ges noch danach wie­der auf. Sie bleibt ver­schwun­den bzw. in Neben­sät­zen ver­steckt – etwa in der mau­li­gen For­mu­lie­rung am 17. Novem­ber über die »wil­li­gen Kom­pli­zen«, die in »Bali« gewagt hät­ten, »ande­re Ansich­ten zu Pro­to­koll« zu geben.

Wer dann ins Inter­net geht, muss sich, bevor er sich über­haupt bis zum gesuch­ten Doku­ment die­ser Abschluss­erklä­rung vor­ge­ar­bei­tet hat, durch einen Wust von Mei­nungs­äu­ße­run­gen quä­len, die alle­samt, gestützt auf »Qua­li­täts­me­di­en« von der Iso­liert­heit Russ­lands als dem Haupt­er­geb­nis von Bali schrei­ben – um dann irri­tiert fest­zu­stel­len, dass sie ein­stim­mig ver­ab­schie­det wur­de, also auch mit den Stim­men Russ­lands und zum Bei­spiels Chinas.

Das Rät­sel löst sich bei Stu­di­um die­ses Doku­ments von 22 eng beschrie­be­nen Druck­sei­ten und 52 Unter­punk­ten, von denen einer(!) sich mit dem Krieg in der Ukrai­ne befasst. Von einer Ver­ur­tei­lung ist dort nicht die Rede. Es wird viel­mehr fest­ge­hal­ten: »Wir bekräf­ti­gen unse­re natio­na­len Posi­tio­nen, wie wir sie in ande­ren Foren zum Aus­druck gebracht haben.« Ver­wie­sen wird dann auf die Reso­lu­tio­nen der Ver­ein­ten Natio­nen, in denen eine jewei­li­ge »Mehr­heit« die »Aggres­si­on auf das Schärf­ste miss­bil­ligt« hät­te. Das ist aber nicht mehr und nicht weni­ger als erstens bekannt und zwei­tens nun ein­mal Tat­sa­che. Fest­ge­stellt wird wei­ter, dass »die mei­sten Mit­glie­der« den Krieg »auf das Schärf­ste ver­ur­tei­len« wür­den, und einen Satz wei­ter, dass es »ande­re Sicht­wei­sen und unter­schied­li­che Bewer­tun­gen der Situa­ti­on und von Sank­tio­nen« gäbe. Schließ­lich heißt es lapi­dar, dass die G 20 »nicht das Forum für die Lösung sicher­heits­po­li­ti­scher Fra­gen ist«. Loh­nend wäre es, auf eini­ge der ande­ren 51 Unter­punk­te der Erklä­rung ein­zu­ge­hen – zum Bei­spiel auf die, die hef­ti­ge Kri­tik an den alten Indu­strie­län­dern bei Fra­gen des Kli­ma­schut­zes beinhal­ten oder die, die sich mit der Ernäh­rungs­kri­se befasst, die unter ande­rem durch Han­dels­hemm­nis­se bei Dün­ger­pro­duk­ten kata­stro­phal zu wer­den drohe.

Das alles fin­det in der herr­schen­den Medi­en­land­schaft nicht statt – »Bali« war ver­schwun­den nach den ersten ver­früh­ten Trom­pe­ten­si­gna­len. Wer in die­ser Situa­ti­on nicht wirk­li­che Qua­li­täts­me­di­en wie die jun­ge Welt, Ossietzky, die Nach­denk­sei­ten oder unse­re zeit liest, ist hoff­nungs­los gefan­gen in einem Netz, das nicht mehr der Infor­ma­ti­on, son­dern dem Ziel dient, die­ses Land kriegs­be­reit zu machen für einen neu­en Feld­zug gegen Russland.