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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Ostern: Marsch!

Wer sich an Demos für den Frie­den betei­ligt, kennt das. Wenn über­haupt, berich­ten Medi­en dar­über aus der Sicht der Poli­zei: War alles fried­lich, gab es Zwi­schen­fäl­le? Vie­le von uns Frie­dens­leu­ten kla­gen dann, wir hät­ten es mit einer »Lügen­pres­se« zu tun. Dies Wort benut­zen aber auch Rech­te und Obsku­ran­te gern, und es ist falsch. Wir haben es mit einer »Lücken­pres­se« zu tun. Ich bin seit fast 60 Jah­ren im Beruf und in der gewerk­schaft­li­chen Deut­schen Jour­na­li­sten-Uni­on im DGB orga­ni­siert. Fast genau­so lan­ge ken­ne ich den wei­sen Spruch des gro­ßen Publi­zi­sten Paul Sethe, dass Pres­se­frei­heit die Frei­heit von 200 rei­chen Män­nern sei, ihre Mei­nung zu ver­brei­ten. Es sind heu­te weit weni­ger als 200. In Dort­mund ist es nur einer, ein Herr Len­sing, der Besit­zer der Ruhr­nach­rich­ten. Ich appel­lie­re immer wie­der an mei­ne Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen, zu ver­su­chen, nicht so vie­le Lücken in der Bericht­erstat­tung zuzulassen.

Neh­men wir das Bei­spiel des ober­sten Hee­res­ge­ne­rals Alfons Mais, der am Tag des Angriffs Russ­lands auf die Ukrai­ne ver­kün­de­te, die Bun­des­wehr ste­he »blank« da. Alle Medi­en brach­ten die­se Behaup­tung groß her­aus, und drei Tage spä­ter beschloss der Bun­des­tag, die Bun­des­wehr nicht mehr blank daste­hen zu las­sen: Eine gro­ße Mehr­heit bewil­lig­te einen 100 Mil­li­ar­den Son­der­fonds und vie­les mehr für die Bundeswehr.

Die Mehr­heits­me­di­en hat­ten getan, was sie immer tun: Die Infos der Frie­dens­for­schung und Frie­dens­be­we­gung igno­riert. Schon im Novem­ber 2020, so fan­den Recher­cheu­re der Frie­dens­be­we­gung her­aus und beleg­ten es mit genau­en Quel­len­an­ga­ben, hat­te Alfons Mais erklärt: Für das deut­sche Heer wür­de die Anwen­dung der Nato-Ver­pflich­tun­gen bedeu­ten, dass nach zehn Jah­ren Auf­rü­stung 2031 die Ver­dop­pe­lung sei­ner Schlag­kraft her­ge­stellt ist. Der Hee­res­in­spek­teur ergänz­te sei­ne Erklä­rung mit einem kla­ren Ziel: »Die ein­ge­setz­ten Trup­pen müs­sen durch­set­zungs­fä­hig, kriegs­be­reit und sie­ges­fä­hig sein.« Und: »Noch­mal: Ziel des Hee­res ist Kriegs­tüch­tig­keit, ein­satz­be­rei­te Kräf­te allein genü­gen nicht: Wir müs­sen ein­stecken, wie­der­auf­ste­hen, gegen­hal­ten und letzt­end­lich gewin­nen kön­nen!« Es kom­me auf sieg­rei­che »Lan­des- und Bünd­nis­ver­tei­di­gung« an, was so viel heißt, wie einen Land­krieg mit Russ­land »erfolg­reich« bestehen zu kön­nen. Mais Kla­ge, die Bun­des­wehr sei »blank«, war ein­deu­tig dar­auf gerich­tet, die Bun­des­wehr sieg­reich gegen Russ­land ein­zu­set­zen. Dies war aber bereits Napo­le­on, Kai­ser Wil­helm Zwo und Adolf Hit­ler nicht gelun­gen. Und nun der neue Anlauf mit einem grö­ßen­wahn­sin­ni­gen Gene­ral Mais?

Von sol­chen Äuße­run­gen des Hee­res­in­spek­teurs erfuh­ren wir nichts in den Medi­en. Da hieß es nur: Die Bun­des­wehr ist »blank«. Als 1962 der Spie­gel ähn­li­ches schrieb – die Bun­des­wehr sei »bedingt abwehr­be­reit« – da wur­de der Spie­gel-Her­aus­ge­ber wegen Lan­des­ver­rats ein­ge­sperrt. Er hät­te ja dem Kreml einen Wink gege­ben, die BRD pro­blem­los anzu­grei­fen. Heu­te wird die Kriegs­het­ze des Gene­rals Mais begie­rig auf­ge­grif­fen, die Mehr­heits­me­di­en hin­ter­frag­ten sie nicht.

Zu eini­gen wei­te­ren Pro­ble­men des deut­schen Jour­na­lis­mus: Kürz­lich starb Made­lei­ne Alb­right, und sie wur­de in den Medi­en als Licht­ge­stalt gefei­ert, Nie wer­de ich ver­ges­sen, dass die­se Außen­mi­ni­ste­rin der USA im Irak­krieg 2003 den Tod von einer hal­ben Mil­li­on Kin­der als not­wen­dig für die Suche nach den Waf­fen des Dik­ta­tors Hus­sein erklär­te. Die­se Waf­fen hat es nie gege­ben, den­noch wur­de ihre angeb­li­che Exi­stenz zur Begrün­dung eines grau­sa­men Krie­ges des Westens her­an­ge­zo­gen. Eine ande­re US-Lüge zur Begrün­dung eines Krie­ges war im Jahr 1990 jene von der durch Ira­ker ermor­de­ten kuwei­ti­schen Babys. Von der Rich­tig­stel­lung die­ser Lügen hör­ten wir wenig in den Medi­en. Es gab 20 Jah­re Krieg der Nato gegen Afgha­ni­stan; es sei der Bünd­nis­fall ein­ge­tre­ten. Aber Afgha­ni­stan hat­te kei­nen Nato-Staat ange­grif­fen. Russ­land griff die Ukrai­ne völ­ker­rechts­wid­rig an, von den Ver­stö­ßen des Westens gegen das Völ­ker­recht wird nicht gespro­chen. Und noch heißt es, es gäbe kei­nen Nato-Fall, daher wer­de man nicht gegen Russ­land in der Ukrai­ne ein­grei­fen. Doch Waf­fen lie­fert man noch und noch. Und dies auch an die Sau­dis, die damit im Jemen gna­den­los met­zeln und den Hun­ger­tod vie­ler Tau­send Kin­der bewirken.

Ich fra­ge: Wie lan­ge hält das Nicht­ein­grei­fen von Nato-Trup­pen in der Ukrai­ne? US-Prä­si­dent Joe Biden sagt: Putin muss weg, der Kampf gegen ihn sei Teil des Rin­gens der Demo­kra­tie gegen die Auto­kra­ten in der Welt. Also wie­der 20 Jah­re Nato-Krieg wie gegen Afghanistan?

Viel­leicht fliegt aber vor­her die Welt ato­mar in die Luft. Damit dies nicht geschieht, müs­sen wir uns weh­ren. Schluss mit der krie­ge­ri­schen Eska­la­ti­on, für Abrü­stung, Entspannung.

Dafür gehen wir beim Oster­marsch auf die Stra­ße. Macht alle mit!

Die Anga­ben über die Aus­sa­gen von Gene­ral Mais stam­men von Lühr Hen­ken (Frie­dens­rat­schlag Kas­sel) auf der Frie­dens­po­li­ti­schen Kon­fe­renz von ver.di, Ham­burg, 16.9.2021. Sei­ne Quel­le: För­der­kreis Deut­sches Heer e. V. am 4. Novem­ber 2020.