Nachdem die zähnefletschende bundesdeutsche Empörung über Ungereimtheiten während der russischen Wahlen abgeklungen ist, bleibt uns die atemstockende Häme über das hausgemachte innerbetriebliche Spektakulum des bundesdeutschen Super-Wahlevents nicht erspart. Wer hätte es unter freiheitlich-demokratischen Verhältnissen wohl für möglich gehalten, dass Wahlunterlagen vertauscht oder verwechselt werden oder gar verschwinden könnten?
Erleichtert konstatierte der Satiriker und Vorsitzende der Partei »Die Partei«, Martin Sonneborn, froh darüber zu sein, dass Präsident Putin keine Wahlbeobachter nach Berlin entsandt hat. Was sich da am Wahlsonntag zugetragen hat, spottet nach Medienberichten jeder Beschreibung! Ich glaubte, ich hätte mich verlesen, als die Presse mitteilte, dass sogar Wahlergebnisse geschätzt worden seien, um Leerstellen zu schließen. An anderer Stelle waren die Unterlagen unvollständig, standen nicht genügend Formulare zur Verfügung oder mussten die Wahlbüros die Öffnungszeiten um Stunden verlängern, um alle Wahlberechtigten zu ihren Kreuzen kriechen zu lassen.
Nun trat in Berlin die Landeswahlleiterin zurück, und jetzt steht zur Debatte, ob und inwieweit die Wahlen wiederholt werden müssen. Ich kann mich nicht erinnern, so etwas in meinem über 80-jährigen Leben schon einmal erlebt zu haben – da musste wohl erst das digitale Zeitalter ausbrechen. In der Berliner Morgenpost vom 1. Oktober 21 werden u. a. folgende Verfehlungen gelistet: vertauschte Wahlzettel zwischen den Bezirken, Stimmabgaben von unter 18-jährigen bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus und bei der Bundestagswahl in Neukölln oder weit über 100%ige Briefwahlbeteiligung beim Volksentscheid in Reinickendorf. »Ob das Wahlchaos in der Hauptstadt eventuell sogar Neuwahlen zumindest in einigen Wahlbezirken nach sich ziehen muss, wird sich frühestens in der kommenden Woche zeigen.« Die Unregelmäßigkeiten könnten sich auch »mandatsrelevant« auswirken. »Das endgültige Ergebnis stellt der Landeswahlausschuss am 14. Oktober fest«, versprach die Berliner Morgenpost.
Pardon, liebe Leser! Dieser Beitrag sollte eigentlich eine flotte Satire werden. Ich habe es diesmal leider nicht gepackt und bitte die Wähler um Verständnis.