Frau Merkel muss zittern – nicht um ihre Stellung, nur mit Armen und Beinen. Und die Medien zittern mit: Schafft sie es, durchzuhalten? Ist sie schwer krank? Nein, sagt sie. Die Nation ist beruhigt. Aber nun ist Frau Merkel erst mal im Urlaub und hat in Finanzminister Scholz eine Vertretung gefunden, der sie vertrauen kann. Schwarze Null und keine Experimente – die Linie führt Herr Scholz unbezweifelbar fort, ohne auch nur zu zittern. Und wenn die USA nun fordern, Deutschland solle mit Truppen in den Persischen Golf ziehen, dann stört das Merkels Urlaub nicht. »Deutschland wird sich nicht an einer US-Mission beteiligen«, sagt der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Nils Schmid. Aber in Abstimmung mit Großbritannien vielleicht doch? Denn ein eng koordiniertes Vorgehen der Europäer hat für die Bundesregierung Priorität. Und Boris Johnson setzt auf militärischen »Druck« gegen den Iran, nicht auf Deeskalation wie die russische Regierung. Die hat jetzt ein Konzept für Sicherheit und Zusammenarbeit in der ganzen vorderasiatischen Region vorgelegt – die Einmischung anderer Staaten soll ausgeschlossen werden. Wird sich die deutsche Regierung dem anschließen? Oder erzittert Merkel vor Trump und Boris Johnson?
Manche aufrechten Nazi-Gegner mussten und müssen zittern. Die rechtsterroristische Gruppe »Nordkreuz« in Mecklenburg-Vorpommern hat laut Zeitungsberichten vom 6. Juli 25.000 politische Gegner auf einer Todesliste aufgeführt. Der ermordete Regierungspräsident Lübcke soll auf der Liste gestanden haben. Erschreckend? Nein. Man muss das im Vergleich sehen. »Im Vergleich zum islamistischen Terror und auch im Vergleich zum linksextremistischen Terror ist politisch gesehen in Deutschland der rechtsextremistische Terror ein Vogelschiss«, sagte Wolfgang Gedeon (AfD), fraktionsloser Landtagsabgeordneter in Baden-Württemberg, am 27. Juni im Landtag in Stuttgart. Hat ihm eine Möwe ins Gehirn geschissen?
Den Gutachtern der Bertelsmann Stiftung scheint das jedenfalls widerfahren zu sein. Die Hälfte aller Krankenhäuser solle schließen, fordern sie. Dann könne die andere Hälfte mehr Personal einstellen, bessere Geräte anschaffen und genügend Fallzahlen pro Operation vorweisen. Wäre damit den Patienten geholfen? Quatsch, wer redet denn von Patienten! Der Profit muss gesichert werden!
Sicherheit professionell betreibt das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). Es sucht neue Mitarbeiter. Und schickt den Bewerbern eine Einladung zum Gespräch per Rundmail mit allen Adressaten in der Kopfzeile. Und damit es auch jeder kapiert, wird in einer zweiten Mail die erste zwar »zurückgerufen« – aber wieder mit offener Adressatenliste, berichtet Spiegel Online. Von einer »Blindkopie« (BCC, englisch »blind carbon copy«) haben die Personalsachbearbeiter des BfV offenbar noch nichts gehört. Blind sind sie nur auf dem rechten Auge.
Annegret Kramp-Karrenbauer wird zu Kampf-Knarrenbauer, äh, Verzeihung, zur Ministerin für Aufrüstung und Militär-Einsätze als Nachfolgerin von Flinten-Uschi, die jetzt als Chefin der EU-Kommission ihren Berater-Spezis Millionenaufträge zukommen lassen kann. Die SPD ist not amused und stimmt im EU-Parlament gegen die erste deutsche Frau als Kommissionspräsidentin. Und rühmt sich durch den Bundestagsabgeordneten Fritz Felgentreu (SPD), seit 2013 mitzuregieren, also auch verantwortlich zu sein dafür, dass die Bundeswehr seit damals 40 Prozent mehr Mittel im Haushalt erhält, im letzten Jahr allein zwölf Prozent Etaterhöhung bekam. Die von Kramp-Karrenbauer angestrebten zwei Prozent des BIP hielt SPD-Übergangsvorsitzender Ralf Mützenich aber dann doch für zu viel des Guten. Außerdem sei Sicherheit nicht allein militärisch zu gewinnen: Die SPD strebe ein europäisches Sicherheitssystem unter Einschluss Russlands an.
England erzittert unter einem »Gemetzel« (The Times), einem »Blutbad« (Daily Mirror), einem »Höllenkabinett« (Schottische Nationalpartei): Der neue Premierminister Boris Johnson stellte sein neues Kabinett vor – alles Brexit-Hardliner. Die Innenministerin befürwortet die Todesstrafe, der neue Außenminister schlug im Mai vor, das Unterhaus zu suspendieren, um den Brexit durchzubekommen. Leader of the House wird Jacob Rees-Mogg, Mitbesitzer eines Hedgefonds, der zwei Fonds seiner Firma bereits nach Irland verlegt hat, um laut The Irish Times eventuellen Schäden nach dem Brexit zuvorzukommen und die Verbindung nach Europa zu halten. Das richtige Horrorkabinett zum Austritt Großbritanniens an Halloween. Überhaupt: »Wir machen aus diesem Land das großartigste der Erde«, sagte Boris Johnson in seiner Antrittsrede vor dem Unterhaus am 25. Juli. Was sagt denn Donald Trump dazu, dass Großbritannien seine ehemalige Kolonie an Großartigkeit überflügeln will? Wird Großbritannien demnächst auch als »Rattennest« beschimpft? Wie die Heimatstadt des Kongressabgeordneten Elijah Cummings. Trump hatte den politischen Gegner in mehreren Tweets attackiert und gleich die ganze Stadt Baltimore als Rattennest bezeichnet, in dem kein Mensch leben wolle. Damit löste er eine Gegenwelle von Beschimpfungen aus, die von »Rassist« bis »selber Ratte« reichen. »Es ist besser, ein paar Ratten zu haben, als eine zu sein«, schrieb Peter Jensen, Redakteur der Baltimore Sun (zitiert nach MAZ, 1.8.19). Gleichzeitig stellte Trump seinen Schwiegersohn und persönlichen Berater, Jared Kushner, bloß. Dem gehören nämlich einige Immobilien im Slum von Baltimore, und die Stadtverwaltung dort beklagt, dass der Eigentümer die Häuser verfallen lässt. Peinlich!
In Hongkong versucht sich derweil eine neue »bunte Revolution« an der Rolle rückwärts heim ins Reich – nach Großbritannien?!? Jedenfalls nicht in die Volksrepublik China, beschwören die Akteure und unsere Medien. Dass aus Hongkong kein Verbrecher ausgeliefert wird – eben nicht nur in der VR China politisch Verfolgte! –, das wird vornehm verschwiegen. Hongkong ist ein Paradies für alle polizeilich oder gerichtlich Verfolgten. Und das gilt weiterhin, denn das neue Auslieferungsgesetz, das die Regierung von Hongkong formuliert hatte, ist durch Demonstrationen und Gewaltakte verhindert worden. Die Verwüstung des Gebäudes des städtischen Exekutivrates durch – wie es in unseren Medien heißt – friedliche Demonstranten und ein Angriff auf die Vertretung der VR China in Hongkong wird hierzulande mit freundlichen Augen gesehen. Peking hat dagegen alle Einwohner der Stadt aufgerufen, der Gewalt zu widerstehen und friedlich miteinander umzugehen. Eine neue Perfidie der »gelben Gefahr«, natürlich!
Seit dem 29. Juli, dem »Erdüberlastungstag« leben wir Menschen wieder auf Pump. Laut Global Footprint Network waren an dem Tag alle in einem Jahr nachwachsenden Ressourcen für 2019 aufgebraucht. Aber Markus Söder hat eine neue Ressource aufgetan: Menschliche Blödheit und Vergesslichkeit will er offenbar anzapfen, damit die CSU als klimafreundliche Partei erscheint. Glaubt er wirklich, die Leute vergessen um ein paar schöner grüner Worte willen die schwarze Vergangenheit der CSU? Wackersdorf, Rhein-Main-Donau-Kanal? Verhinderung von fast allen Gesetzesvorlagen der Umweltministerin? »Zwei Dinge sind unendlich: das Universum und die menschliche Dummheit. Beim Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher«, sprach Einstein. Ministerpräsident Söder kann sicher sein und muss nicht zittern.