Die Welt steht am Abgrund, aber vorher geht’s noch zum Gipfel: Die Weltklimakonferenz COP 26 tagte in Glasgow und verabschiedete nach tagelanger Diskussion eine windelweiche Erklärung zur Erreichung der Klimaziele, die nicht mehr erreicht werden können, weil schon seit der Pariser Klimakonferenz nichts gemacht wurde, um bei 1,5 Grad Erderwärmung zu bleiben. Aber die Finanzindustrie ist nicht tatenlos geblieben: Der Sondergesandte der UNO für Klimaaktion und Finanzen, Mark Carney, vormals Chef der Zentralbank Kanadas und der Bank von England, hat eine finanzstarke Allianz geschmiedet, die 130 Billionen Dollar für klimaneutrale Investitionen locker machen will. BlackRock ist dabei und die Deutsche Bank, um nur ganz wenige zu nennen, die sieben Mal so viel wie der US-Haushalt oder dreißig Mal so viel wie der deutsche Bundeshaushalt mobilisieren wollen, um die Klimaneutralität bis 2030 möglich zu machen. Der schnelle und große Anstieg der Kapitalverpflichtungen für die »Nettonull« durch die »Glasgow Financial Alliance for Net Zero« (GFANZ) mache die Transformation in eine 1,5-Grad-Welt möglich, meint Mark Carney.
Ab jetzt nur noch Investitionen in »saubere« Industrien; kein Geld mehr für Kohle und Diesel. Es könnte so schön sein! In weniger euphorischen Blättern wie etwa der deutschen FAZ (Frankfurter Allgemeine Zeitung) oder der britischen Financial Times las man allerdings, die Festlegungen der Allianz für Nettonull seien etwas »vage« formuliert. Christopher Hohn, Manager des britischen Hedgefonds TCI sprach sogar abfällig von »Greenwashing«.
Da trifft er sich mit Greta Thunberg, die am Vorabend der Demonstrationen zur Klimakonferenz in Glasgow auf Twitter schrieb: »Dies ist nicht länger eine Klimakonferenz. Dies ist ein Greenwashing-Festival der reichen Staaten« (AFP/dpa/jW, 06./07.11.21) Die reichen Staaten überließen es dann den Aufsteigern Indien und China, die Resolution nochmal abzuschwächen, weil diese Länder nicht so schnell ihre Industrie sauber kriegen. Da bleiben dann die eigenen Hände schön gewaschen: Die bösen Chinesen haben die Welt als Geisel genommen für ihren industriellen Aufschwung. Jetzt wird aber BlackRock keine Investitionen mehr in China tätigen, wetten?
Die EU muss sich dagegen ganz andere Sorgen machen: An ihren östlichen Grenzen machen sich Geflüchtete aus Syrien, Irak und Afghanistan zum Sturm bereit auf die friedlichen Bürger. Sagt die polnische Regierung. Niemand anderer als Lukaschenko und – natürlich! – Putin sind dafür verantwortlich. Die Menschen seien missbraucht worden, und ihr Elend könne das Ansehen der EU schmälern, jammerte Bärbel Bas, neue Bundestagspräsidentin (jW, 15.11.21). Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer stellt klar, dass die Geflüchteten hier nicht erwünscht seien. Solche Bilder müsse man eben »aushalten«. Was die Menschen dort aushalten müssen, ist dem Christdemokraten natürlich wurscht. Schließlich wurde ja auch Jesus geboren in einem winterlichen Stall, weil seine Eltern keinen Platz in einer Herberge fanden. Wir Christen halten jedes Jahr an Weihnachten solche Bilder aus.
Inzwischen hat der böse Antichrist Lukaschenko die Geflüchteten von der Grenze weg und in Lager bringen lassen, einige sind auch bereits wieder in ihre Herkunftsländer zurückgeflogen worden. Die vielbeschworenen westlichen Werte haben mal wieder die Probe aufs Exempel nicht bestanden.
Auch die neue schwedische Regierung hat die Probe aufs Exempel nicht bestanden. Die schwedische Premierministerin Magdalena Andersson hat den Rekord der kürzesten Amtszeit geknackt: Wenige Stunden nach ihrer Ernennung am 24.11.21 trat sie zurück, weil ihr Haushaltsvorschlag vom Parlament nicht angenommen wurde. Dagegen erhielt der von der Opposition vorgelegte Haushaltsentwurf die Mehrheit im Parlament. Er war auch von den »Schwedendemokraten« mit erarbeitet worden, der schwedischen AfD. Daraufhin trat die Grünenpartei aus der Regierung aus. Seine Partei könne den »historischen Haushalt der Opposition, der zum ersten Mal mit den Rechtsextremen erarbeitet wurde«, nicht hinnehmen, sagte Grünenchef Per Bolund. Die Regierungskoalition ist zerbrochen, bevor sie tätig werden konnte. Laut schwedischem Brauch muss die Premierministerin dann zurücktreten und neu verhandeln. (AFP/jW, 24.11.21)
Während es die rot-gelb-grüne Ampel in Berlin geschafft hat: Sie hat sich zusammengerauft, diesmal hat Lindner nicht die Verhandlungen verlassen, warum auch, er hat ja alles durchgesetzt und soll auch noch Finanzminister werden, also auf alle missliebigen Gesetzesentwürfe den Daumen draufhalten und weiter von unten nach oben verteilen. Freude kommt auf unter der industriellen Klientel der Liberalen. Alle anderen Versprechen, wie die eines Mindestlohns von 12 €, einer Kindergrundsicherung, Bürgergeld statt Hartz IV, klimaneutrale Entwicklung usw. usf. werden das Papier nicht wert sein, auf dem sie stehen, weil ihre Finanzierung ohne höhere Abgaben der Reichen nicht möglich sein wird. Tja, Pech gehabt, ihr Wähler: Ihr habt es so gewollt!
Ob man aber auch den Wählern die Schuld zuschieben kann an den unseligen journalistischen Wortschöpfungen? »Scholzig« sei die Rede von Olaf Scholz, dem zukünftigen Kanzler, gewesen, meinte der ARD-Brennpunkt am 24.11.21. Da können wir uns noch auf einige Wortspiele gefasst machen, wenn Frau Baerbock im Außenministerium künftig den Gärtner spielt.
Trübe Aussichten allerseits!