Skip to content

Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

Menu
Menu

Monatsrückblick: Eine laute Klatsche

Auf der Haupt­ver­samm­lung der Bayer-Aktionär*innen am 29.04.22 wur­de der Antrag der Geschäfts­füh­rung auf eine Gehalts­er­hö­hung mit 75 Pro­zent der Stim­men abge­lehnt. »Eine lau­te Klat­sche« schrieb das mana­ger maga­zin am 29.04.22.

Die Geschäfts­füh­rung hat­te sich ja alle Mühe gege­ben, im online-Ver­fah­ren Kri­ti­ker aus­zu­schlie­ßen, den­noch war es der »Coor­di­na­ti­on gegen Bay­er-Gefah­ren« (CBG) gelun­gen, zusam­men mit vie­len ande­ren Bür­ger­be­we­gun­gen und Wis­sen­schaft­lern vor dem Haupt­werk in Lever­ku­sen und im Inter­net Pro­test gegen die Poli­tik des Kon­zerns laut und deut­lich wer­den zu las­sen. Und die Über­nah­me von Monsan­to hat sich für Bay­er in vie­len Gerichts­ver­fah­ren als über­aus kost­spie­lig erwie­sen. Die Aktionär*innen waren not amused.

Auch bei Biontec rührt sich Pro­test bei der Haupt­ver­samm­lung der Aktio­nä­re, die aller­dings hoch­zu­frie­den sein kön­nen mit ihren Gewin­nen. 10,3 Mrd. € Gewinn­sum­me kann Biontec die­ses Jahr mel­den, der Impf­stoff Comirna­ty wird ihm aus den Hän­den geris­sen. War­um soll­ten dann Lie­fe­run­gen an arme, unter­ent­wickel­te Län­der erfol­gen? Nur 1 Pro­zent der Pro­duk­ti­on ging an arme Län­der. Und das soll offen­bar auch so blei­ben, kri­ti­sie­ren Amne­sty Inter­na­tio­nal, Brot für die Welt und Oxfam in einer Mit­tei­lung vom Diens­tag, den 31.05.22. Die drei Orga­ni­sa­tio­nen rie­fen das Phar­ma­un­ter­neh­men zu einem »umfas­sen­den Tech­no­lo­gie­trans­fer« auf. Gemein­sam mit dem Dach­ver­band der Kri­ti­schen Aktio­nä­rin­nen und Aktio­nä­re rich­te­ten sie auch ent­spre­chen­de Fra­gen an das Manage­ment des Unter­neh­mens, die auf der Haupt­ver­samm­lung am 01.06. hät­ten beant­wor­tet wer­den kön­nen. Aber die­se Klat­sche blieb laut­los und unwirk­sam – bei den Gewin­nen inter­es­siert die Aktionär*innen nicht wei­ter, wie sie zustan­de kom­men. (jW, 01.06.22)

Auch die Ungna­de, in die eini­ge ukrai­ni­sche Regie­rungs­mit­ar­bei­ter bei ihrem Prä­si­den­ten gefal­len sind, fand kein Echo in unse­ren Medi­en. Die Men­schen­rechts­be­auf­trag­te Ljud­mi­la Denis­so­wa bei­spiels­wei­se wur­de vom Par­la­ment der Ukrai­ne abbe­ru­fen wegen »Inef­fi­zi­enz«. Sie habe sich dar­auf kon­zen­triert, rus­si­schen Sol­da­ten sexua­li­sier­te Gewalt an Klein­kin­dern vor­zu­wer­fen, was sie anschlie­ßend nicht habe bewei­sen kön­nen. Dies habe dem Anse­hen der Ukrai­ne gescha­det. Außer­dem habe sich Denis­so­wa seit Kriegs­be­ginn die mei­ste Zeit im Aus­land auf­ge­hal­ten. (jW, 01.06.22) Von da aus konn­te sie die rus­si­schen Sol­da­ten bei ihrem Trei­ben natür­lich haut­nah beob­ach­ten. Aber ihre Lügen haben der Ukrai­ne nicht gescha­det. Die sit­zen jetzt fest im Gehirn der west­li­chen Medi­en­nut­zer. Weil es so schön ins Bild passt, das sie schon immer von den Rus­sen hat­ten, und weil ja schließ­lich auch die Ira­ker damals die Säug­lin­ge aus den Brut­kä­sten geris­sen hat­ten – wie die Bot­schaf­ter­toch­ter als angeb­li­che Augen­zeu­gin damals herz­zer­rei­ßend berich­tet hat­te. Gräu­el­pro­pa­gan­da wirkt immer, auch wenn sie sich hin­ter­her als rei­ne Pro­pa­gan­da herausstellt.

Eben­falls als »inef­fi­zi­ent« ist der Regio­nal­chef des Geheim­dien­stes SBU in Char­kiw ent­las­sen wor­den, der sich umge­hend räch­te und in den sozia­len Medi­en ver­brei­te­te, dass die kürz­lich als spek­ta­ku­lä­rer Erfolg prä­sen­tier­te Akti­on ukrai­ni­scher Sol­da­ten, einen Grenz­pfahl wie­der auf­zu­stel­len, eine »Insze­nie­rung zugun­sten des Prä­si­den­ten« gewe­sen sei. Bei der Akti­on, die gar nicht an der Gren­ze statt­ge­fun­den habe, sei­en vier ukrai­ni­sche Sol­da­ten ums Leben gekom­men und drei ver­letzt wor­den. (jW, 01.06.22)

Inzwi­schen sind die Sie­ges­mel­dun­gen der Ukrai­ne einem Pfei­fen im Wal­de gewi­chen, und noch so viel Geze­ter nach schwe­ren Waf­fen wird wohl nichts mehr dar­an ändern kön­nen, dass Russ­lands Gelän­de­ge­win­ne im Don­bass und am Asow­schen Meer unum­kehr­bar sind. Und auch auf dem Feld der Sank­tio­nen waren die Sie­ges­mel­dun­gen von Frau von der Ley­en wohl ver­früht. Die Drusch­ba-Pipe­line lie­fert wei­ter­hin Öl nach Ungarn, Tsche­chi­en und in die Slo­wa­kei, und sogar nach Schwedt, jeden­falls noch bis Ende des Jah­res – und solan­ge Russ­land Lust hat, zu lie­fern, wenn es doch für einen viel höhe­ren Welt­markt­preis sein Öl woan­ders los­wer­den kann.

In Davos mahn­te Hen­ry Kis­sin­ger, uralt, aber nicht senil, dass Diplo­ma­tie nötig sei, nicht mehr Waf­fen. Vor eini­gen Tagen schob die Washing­ton Post einen Kom­men­tar nach, wonach es Zeit sei, »die ortho­do­xe Sicht­wei­se auf den Krieg in der Ukrai­ne in Fra­ge zu stel­len« und »sich nicht von Leu­ten mit unkla­ren Lob­by­ver­bin­dun­gen mani­pu­lie­ren« zu las­sen. Gleich­zei­tig erklär­te der US-Gene­ral­stabs­chef Mark Mil­ley gegen­über dem Fern­seh­sen­der Fox News, eine Ver­hand­lungs­lö­sung sei »das logisch­ste Ende« des Kon­flikts (jW 02.06.22).

Klat­sche für Scholz, Baer­bock, Biden & Co, die immer noch das Man­tra »Die Ukrai­ne muss gewin­nen« singen.

»Also, du hat­test 90 Minu­ten Zeit, dir ver­nünf­ti­ge Fra­gen zu über­le­gen, und dann stellst du mir zwei so Sch…fragen. Das ist Wahn­sinn.« Das sag­te Fuß­ball­pro­fi Toni Kroos nach dem gewon­ne­nen Cham­pi­ons­le­ague-Fina­le zu bester Sen­de­zeit im ZDF (jW, 30.05.22) Das hät­te eine nach­hal­len­de Klat­sche für die Sport­re­por­ter sein kön­nen – aber war­um soll­ten die weni­ger unbe­lehr­bar sein als Politiker!