Auf der Hauptversammlung der Bayer-Aktionär*innen am 29.04.22 wurde der Antrag der Geschäftsführung auf eine Gehaltserhöhung mit 75 Prozent der Stimmen abgelehnt. »Eine laute Klatsche« schrieb das manager magazin am 29.04.22.
Die Geschäftsführung hatte sich ja alle Mühe gegeben, im online-Verfahren Kritiker auszuschließen, dennoch war es der »Coordination gegen Bayer-Gefahren« (CBG) gelungen, zusammen mit vielen anderen Bürgerbewegungen und Wissenschaftlern vor dem Hauptwerk in Leverkusen und im Internet Protest gegen die Politik des Konzerns laut und deutlich werden zu lassen. Und die Übernahme von Monsanto hat sich für Bayer in vielen Gerichtsverfahren als überaus kostspielig erwiesen. Die Aktionär*innen waren not amused.
Auch bei Biontec rührt sich Protest bei der Hauptversammlung der Aktionäre, die allerdings hochzufrieden sein können mit ihren Gewinnen. 10,3 Mrd. € Gewinnsumme kann Biontec dieses Jahr melden, der Impfstoff Comirnaty wird ihm aus den Händen gerissen. Warum sollten dann Lieferungen an arme, unterentwickelte Länder erfolgen? Nur 1 Prozent der Produktion ging an arme Länder. Und das soll offenbar auch so bleiben, kritisieren Amnesty International, Brot für die Welt und Oxfam in einer Mitteilung vom Dienstag, den 31.05.22. Die drei Organisationen riefen das Pharmaunternehmen zu einem »umfassenden Technologietransfer« auf. Gemeinsam mit dem Dachverband der Kritischen Aktionärinnen und Aktionäre richteten sie auch entsprechende Fragen an das Management des Unternehmens, die auf der Hauptversammlung am 01.06. hätten beantwortet werden können. Aber diese Klatsche blieb lautlos und unwirksam – bei den Gewinnen interessiert die Aktionär*innen nicht weiter, wie sie zustande kommen. (jW, 01.06.22)
Auch die Ungnade, in die einige ukrainische Regierungsmitarbeiter bei ihrem Präsidenten gefallen sind, fand kein Echo in unseren Medien. Die Menschenrechtsbeauftragte Ljudmila Denissowa beispielsweise wurde vom Parlament der Ukraine abberufen wegen »Ineffizienz«. Sie habe sich darauf konzentriert, russischen Soldaten sexualisierte Gewalt an Kleinkindern vorzuwerfen, was sie anschließend nicht habe beweisen können. Dies habe dem Ansehen der Ukraine geschadet. Außerdem habe sich Denissowa seit Kriegsbeginn die meiste Zeit im Ausland aufgehalten. (jW, 01.06.22) Von da aus konnte sie die russischen Soldaten bei ihrem Treiben natürlich hautnah beobachten. Aber ihre Lügen haben der Ukraine nicht geschadet. Die sitzen jetzt fest im Gehirn der westlichen Mediennutzer. Weil es so schön ins Bild passt, das sie schon immer von den Russen hatten, und weil ja schließlich auch die Iraker damals die Säuglinge aus den Brutkästen gerissen hatten – wie die Botschaftertochter als angebliche Augenzeugin damals herzzerreißend berichtet hatte. Gräuelpropaganda wirkt immer, auch wenn sie sich hinterher als reine Propaganda herausstellt.
Ebenfalls als »ineffizient« ist der Regionalchef des Geheimdienstes SBU in Charkiw entlassen worden, der sich umgehend rächte und in den sozialen Medien verbreitete, dass die kürzlich als spektakulärer Erfolg präsentierte Aktion ukrainischer Soldaten, einen Grenzpfahl wieder aufzustellen, eine »Inszenierung zugunsten des Präsidenten« gewesen sei. Bei der Aktion, die gar nicht an der Grenze stattgefunden habe, seien vier ukrainische Soldaten ums Leben gekommen und drei verletzt worden. (jW, 01.06.22)
Inzwischen sind die Siegesmeldungen der Ukraine einem Pfeifen im Walde gewichen, und noch so viel Gezeter nach schweren Waffen wird wohl nichts mehr daran ändern können, dass Russlands Geländegewinne im Donbass und am Asowschen Meer unumkehrbar sind. Und auch auf dem Feld der Sanktionen waren die Siegesmeldungen von Frau von der Leyen wohl verfrüht. Die Druschba-Pipeline liefert weiterhin Öl nach Ungarn, Tschechien und in die Slowakei, und sogar nach Schwedt, jedenfalls noch bis Ende des Jahres – und solange Russland Lust hat, zu liefern, wenn es doch für einen viel höheren Weltmarktpreis sein Öl woanders loswerden kann.
In Davos mahnte Henry Kissinger, uralt, aber nicht senil, dass Diplomatie nötig sei, nicht mehr Waffen. Vor einigen Tagen schob die Washington Post einen Kommentar nach, wonach es Zeit sei, »die orthodoxe Sichtweise auf den Krieg in der Ukraine in Frage zu stellen« und »sich nicht von Leuten mit unklaren Lobbyverbindungen manipulieren« zu lassen. Gleichzeitig erklärte der US-Generalstabschef Mark Milley gegenüber dem Fernsehsender Fox News, eine Verhandlungslösung sei »das logischste Ende« des Konflikts (jW 02.06.22).
Klatsche für Scholz, Baerbock, Biden & Co, die immer noch das Mantra »Die Ukraine muss gewinnen« singen.
»Also, du hattest 90 Minuten Zeit, dir vernünftige Fragen zu überlegen, und dann stellst du mir zwei so Sch…fragen. Das ist Wahnsinn.« Das sagte Fußballprofi Toni Kroos nach dem gewonnenen Championsleague-Finale zu bester Sendezeit im ZDF (jW, 30.05.22) Das hätte eine nachhallende Klatsche für die Sportreporter sein können – aber warum sollten die weniger unbelehrbar sein als Politiker!