Die weitere Entwicklung der Wirtschaft hänge nun »vom Kurs des Virus, inklusive der Fortschritte bei den Impfungen« ab. Beschloss die FED (US-Amerikanische Zentralbank) am 27.01.21 (zitiert nach jW 01.02.21).
Welchen Kurs wird das Virus einschlagen? Und seine diversen Mutationen? Wird es sich den Wünschen »der Wirtschaft« unterordnen? Oder den Wünschen »der Menschen«? Das Eine wie das Andere sind abstrakte Begriffe, die nicht einmal einheitlich Wünschende repräsentieren. Und »die Menschen« werden noch unterteilt in »Politiker« und »einfache Menschen«. Die letzteren haben entweder Angst, dem Virus zu erliegen, oder wünschen sich Lockerungen, weil sie sonst keine Lebensgrundlage mehr haben – Solo-Selbständige zum Beispiel. Die »Politiker« wünschen sich Wahlerfolge und werden von den Wünschen der Wähler hin- und hergeworfen, wobei sich ihre eigene Unfähigkeit erschwerend beim Steuern auswirkt. Die US-Regierung wendet Kriegsrecht an und gibt die Patentrechte an Impfstoffen frei. Damit will sie den Impfbedarf bis Ende Mai gestillt haben. Die deutsche Regierung will erst bis kurz vor den Bundestagswahlen Ende September alle geimpft haben und könnte zwar mit dem Katastrophenschutzgesetz auch die Patente aufheben, will aber nicht. Sie will vor allem keine Erwartungen wecken.
Der »Impfgipfel« wollte nicht als solcher bezeichnet werden und keine Erwartungen wecken, die er sowieso nicht erfüllen kann, weil die Industrie ja machen darf, was sie will – Freie Marktwirtschaft eben. Herr Söder, bisher radikal, gibt sich jetzt als Realist: Man dürfe das Thema Impfen »nicht dauernd schlecht reden«. Bis Ende März gibt es nun mal jetzt nicht mehr Impfstoff. »Das ist so«, sagt Söder. Die »ständige Fehleranalyse bringt nichts«. Man müsse jetzt in den »Zustand des Verbessernwollens« kommen (zitiert nach dem Kommentar von Kristina Hofmann auf zdf.de am 01.02.21.)
Der Zustand des Verbessernwollens, das ist echt nett. Hatte also die Regierung vorher den Zustand des Nichtverbessernwollens? Des Verschlechternwollens vielleicht sogar? Das hoffen wir mal nicht.
Und das neue Unwort ist: Impfvordrängler! Wenn sich Landräte oder Bürgermeister die nicht verimpften Dosen spritzen lassen. Impfneid ist der Leidenszustand des nochnichtdran-seienden Bürgers! Dabei finden die Konzerte ja noch gar nicht statt, zu denen später mal nur Geimpfte Zugang haben werden. Nicht geimpfte werden nicht ins Konzert gelassen – das erwägt der Chef von »Eventim«. Eventim ist kein Veranstalter oder Hausherr von Veranstaltungen – es ist eine Organisation, die Karten verkauft. Wer dort eine Karte bestellt, soll in Zukunft den Impfausweis vorlegen (MAZ, 04.02.21). Als nächstes auch das polizeiliche Führungszeugnis? Und seit wann darf sich ein Ticketverkäufer als hoheitliche Institution aufspielen?
Seit die Hoheiten hohl drehen. Jetzt soll eine Taskforce das Testen organisieren. Und aus wem besteht diese Eingreiftruppe? Aus Herrn Scheuer und Herrn Spahn. Also wird natürlich erst mal für ein paar Millionen Euro eine Beraterfirma engagiert, dann werden überteuerte Testkits angekauft, und dann wird eine Maut eingerichtet, damit die Testwilligen zahlen müssen, aber nur, wenn sie Ausländer sind, was wiederum den EuGH auf den Plan ruft, der das ganze Prozedere als nicht mit EU-Regeln zu vereinbaren deklariert und eine Strafe verhängt, die wiederum die Steuerzahler zu tragen haben, nicht die Herren Scheuer und Spahn, deren Karrieren ungebrochen weiter gehen.
Ungebrochen ist auch der Gewinn von Daimler. Für Daimler – wie auch für viele andere Konzerne – zahlt sich der »Kurs des Virus« aus: Daimler gewinnt! Der Nettogewinn im Geschäftsjahr 2020 stieg im Vergleich zum Vorjahr um 48 Prozent auf vier Milliarden Euro, ließ Vorstandschef Ola Källenius am 18.02. 21 wissen. Und das, obwohl rund 15 Prozent weniger Autos verkauft wurden. Wie macht man Gewinn bei weniger Umsatz? Teufelsspuk? Nein: Kurzarbeitergeld und Spekulationsgewinne täuschen gute Geschäfte vor (MAZ, 19.02.21). Der »Kurs des Virus« lässt die Börsenkurse steigen. Nur wer nicht an der Börse notiert ist, den trifft der Kurs des Virus hart.
Und Härte zahlt sich aus – gegenüber Facebook und Google jedenfalls. Die australische Regierung hatte ein Mediengesetz verabschiedet, das den Internetkonzernen eine Bezahlung abverlangt, wenn sie Printmedien-Inhalte verbreiten. Google und Facebook wollten daraufhin den Kontinent boykottieren, aber Google gab auf, als Microsofts Suchmaschine »Bing« einspringen wollte; auch Facebook gab klein bei, nachdem die Regierung bei der Höhe der Zahlungen einlenkte. Unseren Antipoden bleiben die Plattformen also erhalten, und die Verleger bekommen Zahlungen. Wäre es wirklich zu viel verlangt, dass die EU dem Beispiel Australiens folgt und Härte zeigt? Zumindest nicht mehr die Kumpanei mit Google, die Gesundheitsminister Spahn jetzt gerichtlich untersagt wurde. Er hatte mit Google vereinbart, dass bei Suchanfragen im Gesundheitsbereich zuerst eine Infobox erscheinen sollte, die vom Gesundheitsministerium betrieben wird – unabhängig von der Zahl der Anfragen, die ansonsten über die Reihenfolge des Aufploppens entscheidet. Das Landgericht München ordnete am 10.02. das sofortige Ende dieser Absprache an (Unsere Zeit, 19.02.21). Es sei nicht glaubhaft gemacht worden, dass diese Infoboxen überhaupt Gesundheitskompetenz vermittelten, und der Wettbewerb sei verzerrt worden. Die privaten Anbieter von Gesundheits-Seiten fordern Regress, Herr Spahn ist blamiert – wieder einmal –, und der Steuerzahler zahlt. Er zahlt auch die vielen halb- und ganzseitigen Anzeigen der Bundesregierung in den Zeitungen, die das Impfen und die Geduld mit dem Impfen den geneigten Lesern nahebringen sollen. Warum nicht? Die privatwirtschaftlichen Anzeigen für rezeptfreie Medikamente wirken ja auch: Millionen Umsatz für die Apotheken. Denn was so nett in Anzeigen steht, wird gern geglaubt. Was Politiker sagen, nicht mehr. Der Kurs des Virus hat das nur beschleunigt, schuld ist das Virus daran nicht.