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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Miszellen – Mistzellen

Unse­re staats­bür­ger­li­chen Medi­en trau­en sich manch­mal, frei­lich etwas selek­tiv, an inve­sti­ga­ti­ve The­men. So konn­te man kürz­lich in der SZ (online) lesen, was Macron für Uber getan hat. Schuld­be­wusst­sein kann man von unse­ren USA-höri­gen Poli­ti­kern frei­lich nicht erwar­ten. Lei­der erstreckt sich die Recher­che nur auf Frank­reich (Aus­land, Kon­kur­renz) und auf eine ohne­hin unbe­lieb­te Fir­ma. Der­lei Recher­che ist beim ukrai­ni­schen Prä­si­den­ten (Ver­mö­gens­bil­dung in Pana­ma oder a. a. O.), oder wohin die gelie­fer­ten Waf­fen und das Geld wan­dern, nicht zu erwarten.

Auch bei Spahns oder von der Ley­ens Bemü­hun­gen um Pfi­zer wer­den wir wohl noch lan­ge im Dun­keln gelas­sen wer­den. Das ist alles Spät­ka­pi­ta­lis­mus und zeigt, was der ideel­le Gesamt­ka­pi­ta­list (Staat) so zum eige­nen Vor­teil und dem der stärk­sten Kapi­tal­frak­tio­nen unter­nimmt. Was mich wun­dert, ist, dass das natio­na­le Kapi­tal, d.h. der unte­re Mit­tel­stand und das Klein­ka­pi­tal, alles mit­macht? Frei­lich iden­ti­fi­zier­ten sich schon frü­her die klei­nen Häus­le­be­sit­zer mit den Inter­es­sen der gro­ßen Immo­bi­li­en­kon­zer­ne und -eigen­tü­mern. Die geschür­te Angst vor Ent­eig­nung hin­dert erfolg­reich am Den­ken und dem Schutz der eige­nen Interessen.

Was mir eben­so gro­ße Sor­gen macht, ist, wenn Arbeit­ge­ber­prä­si­dent Dul­ger meint: »Deutsch­land kann Kri­se mei­stern«. Statt dass er Habeck und Baer­bock dafür beschimpft, dass sie »unse­re« Wirt­schaft rui­nie­ren, wird Habeck auch noch gelobt.

Wir ste­hen vor der größ­ten Nach­kriegs­kri­se. Die Aus­sich­ten für vie­le sind Hun­gern und Frie­ren. Die Fra­ge ist, wie lan­ge das Groß­ka­pi­tal mit die­ser Regie­rung zufrie­den sein wird, die irgend­wann wie­der­ge­wählt wer­den möch­te. Und, wenn die Staats­ver­schul­dung Gren­zen hat, hat sie schein­bar nicht (Infla­ti­on sei Dank), wird die Regie­rung ihre »Wohl­ta­ten« bald ein­schrän­ken. Bekom­men wir dann eine Situa­ti­on, wo es so nicht wei­ter geht? D. h. wird dann die bür­ger­li­che Demo­kra­tie nicht hin­der­lich? Ohne­hin ist sie schon mehr Fas­sa­de als Rea­li­tät (Coro­na sei Dank). Eine sozia­li­sti­sche oder kom­mu­ni­sti­sche Oppo­si­ti­on gibt es nicht, also ist die Gefahr von links gering, und selbst bei zuneh­men­den sozia­len Pro­te­sten wird sich kei­ne geeig­ne­te Par­tei so leicht her­aus­bil­den kön­nen. Macht also eine Neu­auf­la­ge eines deut­schen Faschis­mus Sinn? (Der wird sich natür­lich nicht so nen­nen. Viel­leicht nennt er sich sogar Antifaschismus?)

Die Gefahr, die die­se Kri­se und der kom­men­de Win­ter mit sich brin­gen, ist enorm, durch­aus mög­lich, dass eine auto­ri­tä­re Lösung für die vie­len Pro­ble­me geeig­ne­ter erscheint.

Was kön­nen wir tun? Die kapi­ta­lis­mus­kri­ti­sche Lin­ke ist zer­split­tert und kaum auf natio­na­ler Ebe­ne hand­lungs­fä­hig. Es wird also höch­stens loka­le Wider­stands­ne­ster geben, die, solan­ge das geht (Smart­phone sei Dank), sich auf ent­spre­chen­de Platt­for­men, Zeit­schrif­ten, Zei­tun­gen in ihrer Kom­mu­ni­ka­ti­on stüt­zen. Aber auch hier ist die Fra­ge, wie lan­ge das Inter­net »frei« bleibt.

Die näch­ste Zeit wird span­nend, wer noch einen Kar­tof­fel­kel­ler hat oder mit Koh­len hei­zen kann, soll­te für Vor­rat sor­gen. Ich habe die Befürch­tung, dass unse­re »Demo­kra­tie« dar­an hängt, ob Putin wie­der Gas durch die Röh­re flie­ßen lässt, nach der Reparatur.

PS1: Wer sich für den sau­ren Regen inter­es­siert, der, von den Resten der Kri­ti­schen Theo­rie gespeist, auf uns her­ab­nie­selt, der fin­det im nd und bei Herrn Schwep­pen­häu­sers Kampf gegen »ästhe­ti­sche Regres­si­on« sei­ne Res­sen­ti­ments. Mir sind da der Ossietzky (14/​22) und Nor­man Paech lie­ber. Dort auch ein Quiz zur von allen gelieb­ten USA (sie­he oben) bzw. ihren Konzernen.

PS2: Wenn das Kon­zert von Anna Netreb­ko in Stutt­gart durch den grü­nen Finanz­mi­ni­ster ver­hin­dert wird, ist das natür­lich kein tem­po­rä­res Berufs­ver­bot und selbst­ver­ständ­lich kei­ne Gesin­nungs­prü­fung! Das geschieht nur zum Schutz der Ver­an­stal­tung, da ja mit Putin-Freun­den und Geg­nern zu rech­nen ist; über­haupt sit­zen in den Opern vie­le Rus­sen­freun­de! Den Opfern der Berufs­ver­bo­te, die in BW an Kret­sch­mann wg. Gerech­tig­keit appel­lie­ren, sei gesagt: Man könn­te auch stolz dar­auf sein, dass die­se Leu­te vor euch Angst haben.

Vor mir liegt der Roman »Zwölf Stüh­le« von Ilja Ilf und Jew­ge­ni Petrow. – Ein Hoch auf die rus­si­sche Lite­ra­tur und Kultur!