Skip to content

Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

Menu
Menu

Meer leer

Meer leer
Wenn die Wäl­der zer­braucht sind
Wenn das ark­ti­sche Meer im Öl erstickt
Wenn alles ver­wer­tet ist
wer­den wir sein wie am Anfang
nackt
Wir wer­den unser Geld an die Portale
der Kir­chen und Kriegs­mi­ni­ste­ri­en nageln
Wir wer­den ver­geb­lich Ver­ant­wor­tung einklagen
Wir wer­den unse­re Wer­te zum Tröd­ler tragen
und Hohn ernten
Wir wer­den um einen Schluck Was­ser winseln
Das Leben mit Gas­mas­ke dau­ert zwan­zig Minuten
Der afri­ka­ni­sche Staat Sier­ra Leo­ne lei­det unter der ille­ga­len Fische­rei aus­län­di­scher Staa­ten. Die Fang­quo­ten neh­men wegen der radi­ka­len Über­fi­schung stark ab. Es fah­ren Kut­ter hin­aus, ohne mit einem ein­zi­gen Fisch zurück­zu­keh­ren. Nun begin­nen sie, die Jung­fi­sche zu jagen. Das kann nicht mehr lan­ge gut­ge­hen. In ganz West­afri­ka, ins­be­son­de­re in Sier­ra Leo­ne, Sene­gal, Mau­re­ta­ni­en, Gam­bia, Gui­nea-Bis­sau und Gui­nea, zer­stört der geäch­te­te Schlepp­netz­fang die Lebensgrundlagen.

Die Euro­pä­er und die US-Ame­ri­ka­ner haben es vor­ge­macht: Schon im Jahr 1966 begann der Nie­der­gang der Sar­di­nen­fi­sche­rei in der Bre­ta­gne. Die Bre­to­nen fuh­ren dar­auf­hin bis zur por­tu­gie­si­schen Atlan­tik­kü­ste und kon­kur­rier­ten mit den dor­ti­gen Fischern. Als des­halb auch dort der Fisch­fang zur Nei­ge ging, fin­gen sie gemein­sam mit den por­tu­gie­si­schen Fischern vor Nami­bia und am Kap der Guten Hoff­nung die Tie­re weg. Macht­los waren sie dann gegen die rie­si­gen Kühl- und Ver­ar­bei­tungs­schif­fe der US-Ame­ri­ka­ner, die an einem Tag mehr her­aus­hol­ten als Euro­pä­er und Afri­ka­ner in einem Monat. Sol­chen Raub­bau hält kei­ne Fisch­po­pu­la­ti­on aus.

Schäd­lich für die Fische und auch den Mee­res­bo­den ist der Schlepp­netz­fang. Vie­le Net­ze oder Netz­tei­le gehen ver­lo­ren und schwim­men lan­ge Zeit im Meer. Fische bis hin zu Walen kön­nen sich dar­in ver­fan­gen und ver­en­den. Erst kürz­lich (Mai 2022) konn­te bei Por­to Cri­sto (Mal­lor­ca) von Tau­chern ein Buckel­wal in letz­ter Minu­te geret­tet werden.

Auch die Lofo­ten sind so gut wie leer­ge­fischt, und der Dorsch (Kabel­jau) ist aus der Ost­see ver­schwun­den. Was sie den Tou­ri­sten trotz­dem als Dorsch auf die Tel­ler legen, soll­te ein­mal genau unter­sucht wer­den. Gefischt wird zuneh­mend in ark­ti­schen und ant­ark­ti­schen Brei­ten. Was waren das noch Zei­ten, als vor den nord­ame­ri­ka­ni­schen und kana­di­schen Küsten der Kabel­jau schwamm, den eben­falls die euro­päi­schen Fischer hol­ten. Sie fin­gen auch die Jung­fi­sche weg und dann: Rien ne va plus, schon lan­ge nicht mehr.

Vor der Küste Argen­ti­ni­ens befin­det sich das so genann­te Blaue Loch, wo es noch eine gro­ße Arten­viel­falt gibt, z. B. Wale, Pin­gui­ne, See-Ele­fan­ten, Alba­tros­se. Es ist ein Ort der rigo­ro­sen Über­fi­schung. Über 500 Fang­schif­fe machen dort u. a. Jagd auf Tintenfische.

Es ist kei­ne Fra­ge, wie lan­ge das Öko­sy­stem der Erde die Bela­stun­gen und die Dezi­mie­run­gen wich­ti­ger Tie­re, beson­ders der Fische, ver­tra­gen kann. Die Lebens­welt auf der Erde lebt in Kreis­läu­fen, ist von­ein­an­der abhän­gig. Je mehr Kreis­läu­fe unter­bro­chen wer­den, umso schwie­ri­ger wird die Situa­ti­on für alle.

Wachs­tum bedeu­tet in die­sen Berei­chen das Gegen­teil: Ver­min­de­rung bis zur Ver­nich­tung. Doch Wachs­tum ist das Cre­do der west­li­chen Wohl­stands­ge­sell­schaft, die nicht von den kapi­ta­li­sti­schen Pro­fit­ma­xi­mie­run­gen las­sen will oder kann. Das alte Sprich­wort vom Ast, auf dem man sitzt und sägt, trifft hier zu. Jedes Kind wür­de sagen: Das ist dumm!

Bis jetzt ist die Mensch­heit trotz allen Wis­sens nicht in der Lage, gemein­sam Ver­än­de­run­gen zum Schutz unse­rer Lebens­grund­la­gen durch­zu­füh­ren. Im Gegen­teil: Sie führt an vie­len Stel­len der Erde Krieg und zer­stört die Öko­sy­ste­me wei­ter­hin. Not­wen­di­ge Gel­der wer­den ver­plem­pert, Res­sour­cen vernichtet.

Am ande­ren Ende bleibt uns und den Mee­ren nur der (Plastik-)Müll …