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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Macht und Ohnmacht

Adi­na, die in einem Dorf im tsche­chi­schen Rie­sen­ge­bir­ge auf­wuchs, will in die Welt und lan­det erst ein­mal in Ber­lin in einem Sprach­kurs. Dank der Ver­mitt­lung einer Foto­gra­fin erhält sie ein Prak­ti­kum in einer im Auf­bau befind­li­chen Kul­tur­ein­rich­tung in der Ucker­mark, wo sie von einem der Geld­ge­ber ver­ge­wal­tigt wird. Trau­ma­ti­siert flieht sie bis nach Hel­sin­ki. Hier lernt sie Leo­ni­des, einen est­ni­schen Pro­fes­sor und Men­schen­recht­ler, ken­nen. Sie ver­lie­ben sich. Doch als sie wäh­rend einer Par­ty das Hüsteln ihres Ver­ge­wal­ti­gers wie­der­erkennt, ent­sinnt sie sich ihres Vor­sat­zes, die­sen vor Gericht zu bringen.

Eine span­nen­de Geschich­te, die eng um die Fra­gen von Ohn­macht und Macht, Frau­en und Män­ner, Ost­eu­ro­pa und den Westen kreist. Es geht sowohl um glo­ba­le Men­schen­rech­te, für die Leo­ni­des ein­tritt, als auch um das Recht des eige­nen Namens. Es geht um euro­päi­sche Geschich­te und die Gegen­wart einer Män­ner­do­mi­nanz über­all, die eine Ver­ge­wal­ti­gung als Aus­rut­scher oder Spiel abtut. Ant­je Rávik Stru­bel ist kom­pro­miss­los und sehr genau, was zwi­schen­mensch­li­che Ver­hält­nis­se, Trau­ma­ti­sie­run­gen und Herr­schafts­struk­tu­ren angeht. Sie erzählt pla­stisch und sen­si­bel. Was ich jedoch nicht ver­stan­den habe, sind die Grün­de dafür, alles zu ver­kom­pli­zie­ren, rät­sel­haft und schwer ver­ständ­lich zu machen. Der kunst­vol­le Wech­sel von Zeit­ebe­nen und Erzähl­per­spek­ti­ven gehört heu­te viel­leicht zum moder­nen Hand­werk, aber war­um hin und wie­der bedeu­tungs­schwan­ge­re, nicht auf­lös­ba­re Pas­sa­gen durch das Buch wabern und gar die geheim­nis­vol­le blaue Frau letzt­lich den Titel bestimm­te, blieb mir ein Geheim­nis. Ob das die Jury des dies­jäh­ri­gen Buch­prei­ses der Frank­fur­ter Mes­se als poe­ti­sche Zutat beson­ders inspi­rier­te oder ob sie es wie ich hin­nah­men als lästi­ge Marotte?

Ant­je Rávik Stru­bel: Blaue Frau. Roman, S. Fischer Ver­lag, 429 S., 24 €.