Die Deutsche Bahn ist dabei, die Leipziger Verkehrsbetriebe auch und sogar der Omnibusbetrieb vom Saalekreis: 28 Unternehmen im Großraum Halle-Leipzig bilden den Mitteldeutschen Verkehrsverbund. Der MDV besorgt im nach Berlin größten ostdeutschen Ballungsgebiet mit rund zwei Millionen Einwohnern den öffentlichen Nahverkehr. Der ist nicht nur für Berufspendler und Touristen gut zu haben. Verschiedene Studien zeigen, dass der ÖNVP auch einen wichtigen Beitrag zur Integration von Migranten und wirtschaftlich Benachteiligten leistet. Kurz: Der MDV hat eine vielfältige Bedeutung für die Region, nicht zuletzt auch mit Blick auf den Klimawandel.
Was gut klingt: Alle ziehen an einem Strang, die Fahrpläne von Zug, Straßenbahn und Bus sind aufeinander abgestimmt, und so kommt man relativ flott aus der Leipziger City in die Querfurter Dorfidylle. Aber der MDV ist eben auch der Monopolist zwischen Altenburg und Dessau, Naumburg und Torgau. Es gibt keine Alternative zur Preispolitik des Verbunds.
Die Logik, die hinter den Preisen steckt, ist nicht immer ersichtlich. Klar, es gibt Einzel-, Tages-, Wochen- und Monatskarten, Abos für Schüler, Azubis, Studenten, Senioren. Alles normal und nachvollziehbar und nett so weit. Aber dann gibt es die 4-Fahrtenkarte. Sie hat zwei Funktionen: Sie soll den Kaufprozess vereinfachen: einmal bezahlen, viermal fahren. Und sie soll Anreize zum Umsteigen auf den ÖNVP schaffen, denn das Sammelticket ist preiswerter, als es vier Einzeltickets sind.
Wer beispielsweise von Halle nach Leipzig fahren möchte, zahlt 8,30 Euro. Die 4-Fahrtenkarte kostet 31,50 Euro. Man spart mit diesem Ticket also 1,70 Euro. Immerhin. Rechnen Sie das mal in D-Mark um!
Diese Rechnung gilt aber nur für Erwachsene. Kinder zahlen für dieselbe Strecke fünf Euro (für die Einzelkarte) oder 20 Euro (für die 4-Fahrtenkarte). Und da darf man stutzig werden: Wieso wird den Kindern kein Mengenrabatt eingeräumt? Weil Kinder keine echten Menschen (also Kunden) sind? Weil man Kinder nicht mit Rabatten ködern muss – schließlich zahlen die Eltern die Tickets?
Beim MDV beschränkt sich die Kinderfreundlichkeit in der Preispolitik offenbar darauf, Kinder als eine Art lebendiges Reisegepäck ihrer Eltern anzusehen, nicht aber als eigenständige Menschen. Es gibt einen Rabatt (weil Kinder wie Koffer weniger Platz als Erwachsene einnehmen), aber der wird nur einmal gewährt. Die Vorteile der 4-Fahrtenkarte, mit der Kinder an den öffentlichen Verkehr herangeführt und Eltern finanziell entlastet werden könnten, werden nicht ausgeschöpft.
Nun könnte man natürlich einwenden: Was kann man auch schon von Unternehmen erwarten, die sich das Monopol am Markt gesichert haben? Mehr als fadenscheinige Familienförderung offenbar nicht.
Allerdings halten beim MDV die Kommunen die Mehrheit am Verbund. Sie könnten den Unternehmen kinderfreundlichere Preise in die Tariftabelle diktieren. Und nebenbei mal für Gerechtigkeit sorgen, indem Mengenrabatte für alle Fahrgäste gelten, egal ob groß oder klein. Aber daran haben die Gemeinden kein Interesse. Immerhin muss gespart werden. Zur Not bei den Kindern.