Paul McCartney gilt als einer der beliebtesten Pop-Musiker aller Zeiten. Noch heute ist er einer der besten Performer. Außerdem ist er Tierschützer, Vegetarier, erdverbundener Hippie, überzeugter Familienvater, einer der reichsten Menschen Großbritanniens, Workaholic, Perfektionist, Drogenkonsument, Ritter Ihrer Majestät. Er besitzt einen angeborenen Charme und einen strahlenden Optimismus. Er hat, so schreibt Philip Norman in seiner McCartney-Biografie, »denselben Liverpooler Witz wie die anderen Beatles (…), war stets amüsant, offen (…) und immer höflich, egal wie blöd die Fragen der Journalisten auch waren.«
Seit dem 18. Juni ist Paul McCartney 80 Jahre alt! Am meisten verehrt wird er immer noch als Ex-Mitglied der Beatles, gemeinsam mit den Rolling Stones die überragende Band der 1960er Dekade. Der Pressesprecher der Beatles, Derek Taylor, bezeichnete die Band »als eine der größten Romanzen des zwanzigsten Jahrhunderts«. Den Nukleus der Gruppe bildeten bekanntlich die beiden Freunde John Lennon und Paul McCartney, das berühmteste Komponisten- und Songwriter-Duo der Pop-Geschichte. Paul: »Als ich John traf, schrieben wir immer öfter Lieder zusammen – was aber nicht bedeutet, dass wir alles gemeinsam verfassten. Ich denke, dass wir in 80 Prozent der Fälle kooperierten.« Paul hatte den meisten Input zu Beatles-Klassikern wie »Hey Jude«, »The Long And Winding Road«, »Penny Lane«, »Eleanor Rigby« oder »Let It Be« geliefert. Gemeinsam mit George Harrison und Ringo Starr brachten die Beatles einen Hit nach dem anderen und bahnbrechende Alben heraus. Keine Formation und kein Musiker haben je mehr Platten verkauft, es sollen mehr als eine Milliarde sein.
Immer sauer war Paul, dass man ihn als den lieben, melodiösen Beatle und Lennon als den experimentierfreudigen Rebellen betrachtete. Dabei war es manchmal umgekehrt. So im Jahre 1966, als er John Cage und Karlheinz Stockhausen entdeckte und Tape-Loops produzierte. Paul heiter: »Ich werde ein ganzes Album mit diesem Zeug machen und es ‹Paul McCartney Goes Too Far› nennen.« Auch zum Beatles-Song »Tomorrow Never Knows«, von Lennon geschrieben, steuerte Paul Loops und Collagen bei, damals völlig neu in der Pop-Musik. Paul: »Um die Zeit vom Album ‹Sgt. Pepper› (1967) herum war mein Input sicher am größten. Ich war derjenige, der die Band zu musikalischen Experimenten antrieb.«
Sein Song »Helter Skelter« ist der lauteste und krachendste der Beatles überhaupt. Allerdings verfasste er auch gefällige Lieder wie »Maxwell’s Silver Hammer«, den die anderen Beatles ablehnten, oder »Ob-La-Di, Ob-La-Da«, für Lennon »Pauls Oma-Musik«.
Während in den ersten Jahren Lennon der Anführer der Gruppe war, versuchte Paul das später zu ändern: »Ich war derjenige, der sie anrief und sagte: ›Lasst uns jetzt arbeiten, packen wir es an‹.« Was von John und George als schulmeisterliche Rechthaberei verstanden wurde und zu Reibereien führte, die es selbst im größten Tour-Stress nie gegeben hatte.
Im September 1969 erklärte Lennon, dass er die Band verlassen werde. Manager Allen Klein (wegen dem sich die Beatles vor allem zerstritten) bat die Gruppe jedoch, das noch geheim zu halten, da noch einige Verträge unter Dach und Fach gebracht werden mussten. Im April 1970 ließ McCartney mit der Veröffentlichung eines Solo-Albums dann aber doch die Katze aus dem Sack. Vor allem ihn traf das Ende der Band trotzdem hart. Seine musikalischen Pläne lösten sich in Luft auf: »Das war meine Band, das war mein Job, das war mein Leben.« An manchen Tagen blieb er im Bett oder betrank sich. Da war die Unterstützung seiner Gattin Linda – wie auch das Familienleben mit den Kindern – für ihn von großer Bedeutung.
Mit Linda, die diverse Keyboards spielen lernte und Harmonien sang, gründete Paul dann die Wings, zu denen auch Denny Laine (Moody Blues) und sonst wechselnde Musiker gehörten. Sie bestanden zehn Jahre und wurden eine immer bessere Live-Band. Auch nach den Beatles hat Paul wunderbare Songs geschrieben wie »Maybe I’m Amazed«, »Another Day«, »Ram On« oder auch kommerzielle Hits wie »My Love«. Er hat famose Alben wie »Ram« und »Band On The Run« aus dem Ärmel geschüttelt. Manches war aber doch medioker und wurde von den Kritikern verrissen. Selbst John Lennon kritisierte ihn zunächst, indem er sang: »The sound you make is muzak (Fahrstuhlmusik – T. G.) to my ears.« Für sie alle hat McCartney den Song »Silly Love Songs« geschrieben, in dem er naiv fragt, was denn so schlecht daran sei, alberne Liebeslieder zu singen?
McCartney hat nach den Beatles versucht, mit dem politischen Song: »Give Ireland Back To The Irish« zu landen. Er verkaufte sich weniger gut, wurde aber in Irland eine Nummer eins. Paul: »Vor dieser Single dachte ich immer: John hat den Verstand verloren, wenn er all diese politischen Songs macht. Inzwischen verstehe ich, dass es ihm ein echtes Anliegen ist.« Der USA-Rolling Stone schrieb 2012: »Vergleichsweise konservative Positionen sind bei McCartney durchaus nichts Ungewöhnliches. (…) Politisch rechts steht er deswegen aber noch lange nicht.«
Paul ist immer am Ball geblieben, hat eine Platte nach der anderen – insgesamt 26 Studioalben (nach den Beatles) – veröffentlicht, hat zwei Oratorien, ein Orchesterwerk und eine Ballettmusik geschrieben.
Einen sehr schönen Geburtstagsgruß bekam er übrigens zum 65. von Bob Dylan. Dieser schrieb: »Ich bewundere McCartney. Er kann alles. Und er hat nie nachgelassen. Er hat Melodie, er hat Rhythmus, er kann jedes Instrument spielen. Er kann sich die Seele aus dem Leib schreien und eine Ballade singen, dass es dir das Herz zerreißt. Und seine Melodien kommen so mühelos daher, dass man nur staunen kann.«