»Nach knapp drei Jahren des erbitterten Kampfes feiert die Federation CGT der Eisenbahner diesen Sieg«, beginnt das Flugblatt der französischen Gewerkschaft CGT vom 21. September 2021. Die nächtliche Direktverbindung Perpignan (an der spanischen Grenze) zum Megamarkt in Rungis (dem Bauch von Paris) war im Juli 2019 von Transportministerin Elisabeth Borne eingestellt worden, weil die 80 Kühlwagen nach 40 Jahren überaltert waren und die französische Bahngesellschaft SNCF eine Fahrpreiserhöhung verlangte, um die Modernisierung der Strecke zu finanzieren. Am 20. September hatten Premierminister Jean Castex und Transportminister Jean-Baptist Djebarri erklärt, im Rahmen des Konjunkturprogramms Mitte Oktober den Betrieb wiederaufzunehmen, den Wagenpark zu sanieren und flexibel Container-Züge einzusetzen.
Während die Kühl-Wagons im Depot in Nimes vor sich hin rosteten, verpesteten nunmehr zwei Jahre lang täglich 80 Kühl-Sattelschlepper über die Autobahn die Luft, um die 400.000 t Obst und Gemüse pro Jahr nach Paris zu schaffen und (meist) leer zurückzufahren. Die Transportfirmen »JH Mesguen« und »Socafna« hatten sich ein großes Geschäft versprochen und 2018 das Unternehmen »Logifel« gegründet, das aus Portugal 1000 LKW-Fahrer anheuerte, so im Bericht der Tageszeitung Le Parisien vom 20. Juni 2019.
Laut Berechnungen der Gewerkschaft CGT ist der Schienengüterverkehr »zwanzigmal weniger umweltschädlich als der LKW und 29mal weniger tödlich als der Straßenverkehr«, so in der Sendung des öffentlich-rechtlichen Regionalradios France Bleu am 20. September. »Der Zug vereinbart ökonomische Relevanz mit sozialer und ökologischer Notwendigkeit«, erklärte CGT-Sekretär Alexandre Boyer.
Die Dreifach-Strategie der CGT »Kritik – Vorschläge – Aktion« hatte Erfolg, nicht zuletzt durch die Unterstützung der Linkspartei, der Kommunistischen Partei und der Grünen: In Miramas (Cote d’Azur) wurde als Teil des Sanierungsplans für den Schienenverkehr die Gesamtsanierung des für die Region zentralen Rangierbahnhofs erreicht. Dazu wurde der Rangierbahnhof als »gemeinnützig« erklärt.
Um den Verkehr von der Straße auf die Bahn zu kriegen, mobilisiert die CGT Beschäftigte und Passagiere nicht nur an den »Baustellen« etwa in Tours und Le Mans, um das Ausdünnen der Vorortzüge zu verhindern. An zahlreichen Orten gründeten sich ein offenes linkes Bündnis, wie in Narbonne die »Nouveau Parti Anticapitaliste« (PCF), und örtliche Initiativen. Aus Perpignan berichtete die Regionalzeitung L’Independant am 22. September von einer nachzuahmenden Aktion der CGT: Um der Ausschreibung von Stellen als Lokführer und Kontrolleure nachzuhelfen, bauten die Gewerkschaftsaktivisten vor dem Bahnhof ein Einstellungsbüro auf und ernteten allein für Lokführer einhundert Lebensläufe.
Doch der Kampf geht weiter gegen das Desengagement des Staates, der die als Kooperative organisierte »Railcoop« auf einer eingestellten Direktverbindung Lyon – Bordeaux ab Juni nächsten Jahres in die privatisierte Konkurrenz schicken möchte. Am 5. Oktober ist ein interprofessioneller Aktionstag mit Streik und Demonstrationen im ganzen Lande angesagt. Es geht doch! Widerstand ist keineswegs zwecklos.