Beate und Serge Klarsfeld muss man nicht vorstellen. Ihr Lebenswerk ist bekannt. Sie werden häufig als »Nazijäger« bezeichnet, was nur sehr verknappt ihren jahrzehntelangen Kampf beschreibt. Sie leben in Paris, wurden dort hoch geehrt und mit vielen Auszeichnungen bedacht. In der Bundesrepublik dauerte es wesentlich länger, bis die Verantwortlichen erkannten, was beide in mehr als einem halben Jahrhundert geleistet haben. Hierzulande hatte man sich bekanntlich nicht mit Ruhm bekleckert, wenn es um die Verfolgung nazistischer Gewaltverbrecher ging. Viele von ihnen wurden in das gesellschaftliche Leben der BRD integriert und waren nicht selten in hohen Ämtern tätig. Erst seit einigen Jahren wird dieses dunkle Kapitel sukzessive aufgearbeitet und die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung vorgelegt.
2015 erschien die Autobiografie der Klarsfelds auch in Deutschland. Im gleichen Jahr wurde ihnen das Bundesverdienstkreuz verliehen. Jetzt zeigt eine Ausstellung über beide ihren Kampf gegen das Vergessen, die am 8. Oktober feierlich im Roten Rathaus in Berlin eröffnet wurde. Hierzu waren Beate und Serge Klarsfeld aus Paris angereist. Nacheinander würdigten unter anderem der Berliner Senator für Kultur, der französische Botschafter in der BRD und die Leiterin der Gedenkstätte »Topographie des Terrors« das Werk der Klarsfelds. Im Anschluss daran standen beide den etwa 80 geladenen Gästen Rede und Antwort. Besonders berührte dabei die Beantwortung der Frage der Vereinbarkeit der selbst gesteckten Ziele mit der Verantwortung für die Familie und die Kinder. Serge Klarsfeld sprach lange dazu, und man konnte deutlich erkennen, wie sehr den inzwischen 87-Jährigen dies rückblickend noch immer bewegte. Beides war ihnen wichtig, die Aufspürung und Verfolgung nazistischer Verbrecher in aller Welt wie auch das behütete Aufwachsen und die Liebe zu ihren Kindern.
Die Ausstellung gibt einen Überblick über die Beziehung des Franzosen, dessen Vater in Auschwitz ermordet wurde, mit der Deutschen, die nach und nach eine gemeinsame und bedeutungsvolle Aufgabe fanden. Dabei sind sie keinen Risiken aus dem Weg gegangen und nahmen selbst Haft und eigene Verfolgung in Kauf. Auch hierüber erfährt man in der Ausstellung mehr. Wer sie gesehen hat, weiß einmal mehr, dass Beate Klarsfeld nicht auf ihre berühmte Ohrfeige, die sie 1968 dem damaligen Bundeskanzler Kiesinger wegen dessen früherer Tätigkeit in der rundfunkpolitischen Abteilung von Hitlers Außenministerium gegeben hatte, reduziert werden darf. Sie und ihr Ehemann sorgten dafür, dass Kurt Lischka und Ernst Achenbach letztlich 1979 vor Gericht gestellt wurden. Sie spürten Klaus Barbie, den Schlächter von Lyon, und den Stellvertreter von Adolf Eichmann, Alois Brunner, auf. Die Liste ihrer Erfolge ist lang. Sehr zu Recht genießen sie jetzt die Anerkennung und Würdigung ihrer Verdienste.
Die Ausstellung »Beate und Serge Klarsfeld – Der Kampf gegen das Vergessen« wird vom 8. Oktober bis 23. November 2022 im Roten Rathaus in Berlin und im Anschluss daran, ab 30. November 2022 bis 19. Februar 2023, im Dokumentationszentrum Topographie des Terrors gezeigt.