Man will es einfach nicht glauben, aber mein Enkel bekam vor ein paar Tagen staunende Augen, als wir gemeinsam meinen alten Globus betrachteten. Die angestaubte Pappkugel in Fußballgröße hat schon über sechzig Jahre auf dem Buckel. Ein Geschenk zur Jugendweihe 1960. Ja, damals sah die Welt wahrlich noch anders aus. In Osteuropa reihte sich Volksrepublik an Volksrepublik, und die meisten Länder in Afrika waren noch Kolonialstaaten. Für meinen Enkel wie eine Welt aus grauer Dinosaurier-Urzeit.
Am 3. Juni 1492 stellte der Nürnberger Kaufmann und Geograph Martin Behaim den ersten Erdglobus vor. Bei diesem Ur-Erdapfel ging es vor allem um die Darstellung der Handelswege nach Arabien und Indien, wo Gold, Edelsteine und Gewürze zu finden waren. Ein halbes Jahr später war dieser Globus keinen Pfifferling mehr wert, denn im Oktober 1492 entdeckte Kolumbus mit seiner legendären »Santa Maria« die Neue Welt.
Wie Atlanten und Stadtpläne müssen auch Globen ständig aktualisiert werden. Anfang der 1990er Jahre standen die Globenhersteller durch den plötzlichen Zusammenbruch des Ostblocks vor einem gewaltigen Dilemma. Als die Druckfarbe auf den Neuproduktionen gerade trocknete, entstanden neue Staaten quasi über Nacht. Ganze Lastwagenladungen an Globen fanden keine Käufer mehr und mussten vernichtet werden. Ja, es ist nicht nur das Schicksal der Kartografen: »Mit der Erde werden wir niemals wirklich fertig.«
Doch zurück zu meinem Enkel, der nicht schlecht staunte über die Größe der Welt und die unendliche Weite der Kontinente und Ozeane. Deutschland nicht größer als ein Fingernagel. Und Halle? Ein Fliegenschiss!