Man will es einfach nicht glauben, aber es ist nun schon über acht Jahre her, dass ich von der Leitung meiner ehemaligen Schule gebeten wurde, als »Goldener Abiturient« zur feierlichen Zeugnisausgabe ein paar »Grußworte« an die aktuellen Abiturienten zu richten. Bei einem Rückblick auf die eigene Schulzeit erinnerte ich daran, dass meine Schulgeneration, zwischen Juni 1945 und Mai 1946 geboren und 1952 eingeschult, der erste Jahrgang nach dem Zweiten Weltkrieg war, der auf deutschem Boden keinen Krieg mehr erlebt hat. Was ich damals den Achtzehn- oder Neunzehnjährigen ebenfalls wünschte. Nach der Feierstunde sprachen mich einige Eltern an der Straßenbahnhaltestelle an und dankten mir für die mahnenden, aber doch optimistischen Worte.
Und nun 2022. Die zurückliegenden acht Jahre waren geprägt von Krisen und Bedrohungen wie an einer Perlenschnur: Euro-Krise, Migrationskrise, Brexit, die spürbare Rechtsentwicklung, Auseinandersetzungen zwischen den EU-Mitgliedsstaaten, Trump-Administration, weiterhin Hungersnot in vielen Ländern der Erde, Energiekrise, Corona-Pandemie, das Auseinanderdriften der Gesellschaft, fortschreitende Klimakrise mit zahlreichen Umweltkatastrophen und nun seit über einem halben Jahr Krieg in der Ukraine. Das Ende der Vernunft und der Gewissheiten. Dieser Dauerkrisenmodus und vor allem der Krieg vor unserer Haustür und die bisher versagende Diplomatie machen vielen Menschen Angst.
In zwei Jahren »Diamantenes Abitur«. Wie wird unsere Welt dann aussehen? Werde ich dann – falls ich wieder gebeten werde – wieder solche hoffnungsvollen Worte an die jungen Abiturienten richten können?