Man will es einfach nicht glauben, aber es gibt wirklich eine Menge Dinge, die mir absolut zuwider sind. Unpünktlichkeit, Frühaufstehen und langweilige Krimis gehören ebenso dazu wie ein Nachbar, der unbedingt am Samstagnachmittag seinen Rasen mähen muss. Auch bei lauwarmem Bier und kaltem Kaffee bekomme ich postwendend schlechte Laune. Das Nonplusultra meiner Stinkwut sind jedoch Eselsohren und voll gekritzelte Bücher. Bei meinem fürsorglichen Verhältnis zu bedrucktem Papier sind sie für mich ein rotes Tuch.
Erst neulich fiel mir so ein verhunztes Buch aus der Stadtbibliothek in die Hände. Seitenlang waren ganze Kapitel mit dem Leuchtmarker unterstrichen, und auf jeder Seite befanden sich irgendwelche schwachsinnigen Bemerkungen und Fragen wie »Warum?«, »Weshalb« oder »Was will der Autor damit sagen?« Ich hätte ja dem ahnungslosen Leser gern auf die Sprünge geholfen, doch er hatte seine Telefonnummer vergessen.
»Der schlimmste Feind des Buches ist der Ausleiher«, heißt eine alte Erfahrung von Bücherfreunden. Gegen Licht und Staub kann man seine Büchersammlung in Schränken schützen, aber gegen einen Buchentleiher hilft nur ein generelles Verbot. Falls man das Buch überhaupt zurückbekommt, ist entweder der Rücken gebrochen, der Schutzumschlag verschwunden, und die Seiten haben Eselsohren oder Rotweinflecken. Wer sich als großzügiger Entleiher zeigt, muss sich nicht wundern, wenn seine Bücherschätze irgendwann über den Bekannten- und Freundeskreis verstreut sind.
Doch mal ehrlich: Bücher sind zum Lesen da, und Eselsohren verraten eigentlich, wie intensiv die Lektüre war, und ungelesene Bücher sehen zwar toll aus im Regal, sind aber wohl nur Dekoration.