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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Die Finanzmacht treibt in den Krieg

Die Wirt­schaft strebt zum Erwerb von Geld. Das gilt auch für den pri­va­ten Bereich. Die mei­sten Men­schen wol­len viel Geld ver­die­nen. Geld ist Mit­tel und Ziel. Was sich aus die­sem Trend ergibt, ist über­all sicht­bar, auch Gegen­stand von Wis­sen­schaft, Bei­fall­ru­fen und War­nun­gen. Doch als höch­ster Wert und als Ziel des Han­delns wird Geld immer weni­ger sinn­voll, ganz ein­fach des­halb, weil es schon viel zu viel davon gibt.

Am Anfang der indu­stri­el­len Revo­lu­ti­on war Geld knapp, und die Res­sour­cen der Erde, die man inten­siv zu nut­zen begann, waren uner­mess­lich. Boden­schät­ze wur­den in Ener­gie umge­wan­delt und dien­ten als Mate­ri­al für alles, was der Mensch begehrt. Heu­te hat sich die Sach­la­ge umge­dreht. Die Res­sour­cen und Mög­lich­kei­ten auf der Erde sind knapp gewor­den, und die Men­ge des Gel­des ist bei­na­he unendlich.

Nicht nur Finanz­leu­te, auch Poli­ti­ker schmei­ßen mit Mil­li­ar­den um sich, doch sie sind blind gegen­über die­sen Zah­len. Mil­li­ar­de ist eine Zahl, die das mensch­li­che Gehirn nicht erfas­sen kann. Um bis zu einer Mil­li­ar­de zu zäh­len, wür­de ein Men­schen­le­ben nicht aus­rei­chen. Wir kön­nen mit sol­chen Zah­len rech­nen, aber wir kön­nen sie uns nicht kon­kret vor­stel­len. Des­halb wird der Wert von Geld, wenn es in die Mil­li­ar­den geht, falsch eingeschätzt.

Wenn der Bun­des­kanz­ler, der sich mit der Finanz­welt aus­kennt, hun­dert Mil­li­ar­den für Rüstung aus­ge­ben will, weiß er, dass er die­ses Geld durch Schul­den­auf­nah­me leicht bekom­men kann, er muss nur sei­nen Beschluss im Lan­de durch­set­zen. Auch das ist ein­fach, weil viel­leicht nur sie­ben von sie­ben­hun­dert Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten die Zahl 100.000.000.000 und die Fol­gen eines sol­chen Kre­dits über­blicken kön­nen. Und wenn es doch deut­lich mehr als sie­ben sind, fra­ge ich, war­um nie­mand in der Ampel-Koali­ti­on das zur Spra­che gebracht hat.

Um die Bezie­hun­gen zwi­schen Finanz­wirt­schaft, Wirt­schaft und Volks­wirt­schaft zu ver­ste­hen, stel­len wir uns am besten auf den Stand­punkt, dass die Geld­men­ge qua­si unend­lich ist. Unend­lich ist ein hand­li­cher Begriff für Men­gen, die wir nicht zäh­len und mit unse­rem beschränk­ten Gehirn nicht erfas­sen können.

Die­se Erkennt­nis ver­schiebt Wer­tun­gen in der Wirt­schaft und bei der Poli­tik gewal­tig. Das Pri­vat­ei­gen­tum erhält durch die unbe­grenz­te Geld­men­ge eine Dimen­si­on, die über die Rea­li­tät hin­aus­geht. Der Eigen­tums­be­griff wird dadurch ins Imma­te­ri­el­le aus­ge­dehnt. Geld in die­sem Über­fluss hat kei­nen mate­ri­el­len Wert, aber es hat Macht über Wirt­schaft und Politik.

Doch zunächst die Fra­ge: Wo kommt all das Geld her? Geld wird von pri­va­ten und staat­li­chen Ban­ken nach Belie­ben aus dem Nichts erschaf­fen. Dazu bedarf es nur der Kre­dit­auf­nah­me. Wenn der Bund von der Ban­ken­welt 100 Mil­li­ar­den haben will, bekommt er die, aber die­ses Geld war vor­her nicht vor­han­den, es wird gene­riert. Man macht eine Gut­schrift und dann wird die Geld­men­ge um 100 Mil­li­ar­den grö­ßer. Das ist gira­le Geld­schöp­fung. Vie­le machen einen gedank­li­chen Unter­schied zwi­schen real in Schei­nen vor­han­de­nem Geld und Giral­geld, aber der besteht nicht. Mit jedem Geld kann man, wenn man genug davon hat, machen, was man will.

Weil pri­va­te Ban­ken auf der gan­zen Welt unkon­trol­liert Geld erschaf­fen, wächst die Geld­men­ge stän­dig, und immer schnel­ler. Sie ist jetzt schät­zungs­wei­se vier­mal so groß wie benö­tigt, um die Wirt­schaft und alle pri­va­ten Geschäf­te zu betrei­ben. Drei Vier­tel allen Gel­des sind über­flüs­sig und kur­sie­ren nur in der Finanz­welt. Sobald sich eine Gele­gen­heit bie­tet, rea­le Wer­te, z. B. Akti­en, zu kau­fen, grei­fen die Geld­be­sit­zer zu, und zwar sehr schnell. Weni­ge Tage nach der Ankün­di­gung der 100 Mil­li­ar­den für deut­sche Rüstung waren die Akti­en der Rüstungs­fir­ma Rhein­me­tall schon auf mehr als das Dop­pel­te ange­stie­gen. Nur wegen der Absichtserklärung.

Der größ­te Kre­dit der jähr­lich ver­ge­ben wird, ist der Kre­dit der Noten­bank FED an die Regie­rung der USA. Die Neu­ver­schul­dung ist in den letz­ten Jah­ren fast genau gleich den Mili­tär­aus­ga­ben. Im Jah­re 2022 sind das 800 Mil­li­ar­den US-Dol­lar. Es besteht zwi­schen der pri­va­ten FED und der Admi­ni­stra­ti­on der USA ein Ein­ver­neh­men, dass die­ser Kre­dit nie zurück­ge­zahlt wird. Das Ban­ken­kon­sor­ti­um finan­ziert damit das US-Mili­tär und erhöht gleich­zei­tig die Men­ge an Dol­lars um die­sen Betrag.

Das müss­te eigent­lich zur Infla­ti­on füh­ren. Die Infla­ti­on wird dadurch gebremst, dass der US-Dol­lar die glo­ba­le Leit­wäh­rung ist. Das heißt zum Bei­spiel, dass die chi­ne­si­sche Wäh­rung bis vor kur­zem fest an den Dol­lar gekop­pelt war. Chi­na hat den Dol­lar gestützt und so auch das US-Mili­tär mit­fi­nan­ziert, denn das Mili­tär ver­ur­sacht das gro­ße Finanz­loch. Alle Staa­ten, die den US-Dol­lar als Leit­wäh­rung aner­ken­nen, ins­be­son­de­re Sau­di-Ara­bi­en, betei­li­gen sich an der Finan­zie­rung der US-Mili­tär­prä­senz. Die Chi­ne­sen haben das jetzt revidiert.

Das US-Mili­tär hat die Auf­ga­be, zu ver­hin­dern, dass gro­ße oder rei­che Län­der den US-Dol­lar nicht mehr als Leit­wäh­rung aner­ken­nen, ins­be­son­de­re, wenn sie Ölquel­len besit­zen. So geschah es mit Irak und Liby­en, es wur­de ver­sucht in Syri­en. Auf der Liste der Wider­spen­sti­gen ste­hen Vene­zue­la und Iran und an erster Stel­le Russland.

Mit der rie­si­gen über­schüs­si­gen Geld­men­ge wür­den Inve­sto­ren ger­ne an das rus­si­sche Öl und die Boden­schät­ze in Sibi­ri­en. Aber die Quel­len und Minen sind in Staats­be­sitz und wer­den nicht ver­kauft. Russ­land ver­kauft nur Öl und Gas, auch Dia­man­ten und Erze, aber kei­ne Lager­stät­ten. Unter Jel­zin war das anders, da haben Olig­ar­chen sich das Staats­ei­gen­tum gegrif­fen und an den Westen ver­scher­belt. Der Nach­fol­ger Putin hat das Spiel durch­schaut und damit Schluss gemacht. Auch Chi­na erkennt den Dol­lar nicht mehr als Leit­wäh­rung an und wird jetzt von den USA bedroht: Flug­zeug­trä­ger im Chi­ne­si­schen Meer und ande­re Akti­vi­tä­ten der USA.

Das US-Mili­tär greift nicht an, weil Russ­land und Chi­na zu groß sind und Atom­waf­fen besit­zen. Die Funk­ti­on der Nato ist hin­läng­lich bekannt. Nach­dem die SU sich auf­ge­löst hat, dient die Nato der Ein­schnü­rung Russ­lands. Dazu ist jedes Mit­tel recht; denn Russ­land ist mit sei­ner rie­si­gen Flä­che und den ent­spre­chen­den Boden­schät­zen für die unend­li­che Finanz­macht der USA das begehr­te­ste Objekt auf dem Globus.

Die vir­tu­el­le Macht des Fiat-Gel­des, ohne mate­ri­el­len Gegen­wert, zielt mit Rüstung und Mili­tär auf die real vor­han­de­nen Boden­schät­ze im größ­ten Land der Welt. Man kann es auch so aus­drücken: Das US-Mili­tär und sei­ne welt­wei­te Prä­senz sind der rea­le Arm der ame­ri­ka­ni­schen Finanzmacht.

Dass irgend­wann ein Krieg aus­bre­chen wür­de, ist bei der Tak­tik der Finanz- und Mili­tär­macht USA selbst­ver­ständ­lich und wird gern in Kauf genom­men. Dass es gera­de die Ukrai­ne trifft, war vor­her­seh­bar, denn die Ukrai­ne wäre das größ­te Nato-Land Euro­pas, direkt an der Gren­ze Russ­lands. Die läng­ste Zeit in sei­ner Geschich­te hat Ukrai­ne zu Russ­land gehört. Kiew ist eine der älte­sten von Rus­sen gegrün­de­ten Städ­te. Die Ukrai­ne ist außer­dem insta­bil und bereits seit 2014 im Bür­ger­krieg gegen die eige­nen Ost­pro­vin­zen, denen im Mins­ker Abkom­men Auto­no­mie zuge­sagt wurde.

Eine Lösung des Pro­blems wäre ein­fach: Kein Nato-Bei­tritt, Neu­tra­li­tät und Abkehr vom Natio­na­lis­mus einer radi­ka­len Min­der­heit in die­sem größ­ten und frucht­bar­sten Agrar­land Euro­pas. Das wol­len aber die USA und ihre Finanz­macht nicht. Sie müs­sen mit ihren Dol­lar-Bil­lio­nen irgend­wo hin, wo rea­le Wer­te zu haben sind. Russ­land ist das lukra­tiv­ste Objekt auf dem Glo­bus und Ukrai­ne das gro­ße Ein­falls­tor, das schon halb geöff­net ist.

Wie­so eine deut­sche Regie­rung im Jah­re 2022, statt Frie­den zu ver­mit­teln, als Kriegs­trei­ber gegen Russ­land auf­tritt, sel­ber auf­rü­stet und sich dafür begei­stert, schwe­re Waf­fen ins Kriegs­ge­biet zu lie­fern, das ist eine Fra­ge, die nie­mand ratio­nal beant­wor­ten kann, es sei denn, man sagt ein­fach, wir machen das, was die USA von uns wol­len. Das wäre wenig­stens ehrlich.