Der Gedanke, die Erde als Osterinsel im All zu sehen, als einsame, vielleicht einsamste Insel des Kosmos, stammt vom berühmten Meeresforscher Jacques-Yves Cousteau. Die Erde ist einer von neun Planeten unseres Sonnensystems, das eins von sehr, sehr vielen Sonnensystemen der Milchstraße, unserer Galaxie, ist. Die wiederum ist nur eine von einer uns nicht bekannten Zahl von Galaxien im Raum. Die Erde ist der dichteste, fünftgrößte und der Sonne drittnächste Planet unseres Sonnensystems. Ihr Durchmesser beträgt ungefähr 12.700 Kilometer, ihr Alter etwa 4,6 Milliarden Jahre. Wissenschaftler haben ihr mögliches Alter, abhängig von der Sonne, mit weiteren ca. 5 Milliarden Jahren geschätzt. Auf der Erde leben zurzeit, im Jahr 2022, geschätzt acht Milliarden Menschen. Die Meinungen über die Zahl der Menschen, die sich auf der Erde ernähren könnten, gehen auseinander.
Die abseits gelegene Osterinsel, vielleicht die einsamste der Welt, als Beispiel für die Lage des bewohnten Planeten Erde im Kosmos zu nehmen, liegt nahe. Die Osterinsel im Pazifischen Ozean findet man auf 27 Grad 9 Minuten Süd und 109 Grad 25 Minuten West. Dort liegt dieser Klecks in der riesigen Wasserwüste. 3.690 Kilometer von Chile, 2970 Kilometer von den Juan-Fernandez-Inseln vor der Südwestküste Chiles, 4.190 Kilometer von Tahiti entfernt. Ferdinand Magellan segelte im Jahr 1520 nach Umrundung der später Kap Hoorn genannten Spitze Südamerikas mit seinen Leuten daran vorbei. Als die Insel knapp 200 Jahre später von holländischen Seefahrern entdeckt wurde, war sie bereits seit längerer Zeit besiedelt.
Die Osterinsel ist einer der geheimnisvollsten Orte in der ganzen Welt. Wer und wozu hat dort die gigantischen Steinstatuen aufgestellt? Warum ist die dortige uralte Zivilisation ausgestorben, und zwar offensichtlich so rasant, dass viele Figuren unvollendet geblieben sind?
Am 5. April 1722 landete der Niederländer Jakob Roggeveen, der im Auftrag der Westindischen Handelskompanie unterwegs war, am Ostersonntag dort mit drei Schiffen. Er nannte die Insel Paasch-Eyland, was dem deutschen Namen Osterinsel entspricht, spanisch Isla de Pascua; in der Sprache der Ureinwohner hieß sie Rapa Nui, was auch die Bezeichnung ihrer Sprache ist. An der Expedition nahm der Mecklenburger Carl Friedrich Behrens teil, dessen Bericht über die Expedition in Europa erschien.
Die Osterinsel ist ein vulkanischer Gipfel, der dem Salas-y-Gómez-Rücken aufsitzt, einem 2500 km langen, submarinen Höhenzug im Südostpazifik. Sie ist außer der Insel Salas y Gómez der einzige Berg einer unter dem Ozean liegenden aus Vulkanen bestehenden Kette, der über die Meeresoberfläche hinausragt. Es gibt kein Korallenriff, die Küste fällt bis zu einer Meerestiefe von 3.000 Metern steil ab. Der Küstensaum ist steinig und zerklüftet, nur an wenigen Stellen gibt es kleine steinige Sandstrände. An der Südwestspitze sowie im Osten ragen bis zu 300 Meter hohe Kliffe empor.
Die Osterinsel hat eine Fläche von 162,5 Quadratkilometern, die maximalen Länge beträgt 24 km, die maximale Breite 13 km. Die Landschaft ist vulkanischen Ursprungs und besteht im Wesentlichen aus den drei Vulkanen Rano Kao im Südwesten, dem Poike mit seinem Hauptgipfel Maunga Puakatiki im Osten und Maunga Terevaka im Norden sowie deren erodierten Nebenkratern. Der Maunga Terevaka ist mit 507,41 Metern der höchste Berg. Die Vulkane sind vor Urzeiten erloschen, es gibt in jüngeren Zeiten keine Aktivitäten mehr.
Die Herkunft der Einwohner ist umstritten. Sie können von anderen Inseln Ost-Polynesiens gekommen sein. Die Rapanui-Sprache gehört dem malaysisch-polynesischen Zweig an und ähnelt der tongaischen, der tahitianischen und der hawaiischen Sprache. Wie man heute weiß, waren die Bewohner Polynesiens und Melanesiens um das Jahr 1.000 herum bereits erfahrene Seeleute, die die Sternennavigation beherrschten.
Eine andere Hypothese besagt, dass die Vorfahren der Rapanui-Einwohner aus Südamerika gekommen seien. Dieser Meinung war auch der norwegische Archäologe, Reisende und Schriftsteller Thor Heyerdahl. Um seine Vermutung zu bestätigen, unternahm er im Jahr 1947 seine spektakuläre Floßfahrt »Kon Tiki« von Südamerika aus in die Weite des pazifischen Ozeans, eine 6.980 Kilometer lange Reise aus Peru zum Atoll Raroia (Archipel Tuamotu). Für die südamerikanische Version sprechen unter anderem spezifische Bauweisen, die für die Inka typisch waren. Außerdem wurden dort bereits 1722 Süßkartoffeln und Flaschenkürbis angebaut, die damals nur in Südamerika bekannt waren.
Das größte Geheimnis der Osterinsel besteht in der Frage, wer die riesigen Steinstatuen Moai aufgestellt hat, und warum. Ihr Alter lässt sich zurzeit nicht genau feststellen. Es gilt, dass sie zwischen den Jahren 1.000 und 1.600 gebaut wurden, wobei etliche Statuen unvollendet blieben. Im Laufe dieser 600 Jahre wurden etwa 800 Statuen aufgestellt. Mehr als 230 stehen auf steinernen Plattformen am Inselufer, fast 400 wurden nie fertig gebaut. Eine von ihnen ist 21 Meter hoch und mehr als 200 Tonnen schwer.
Es heißt, dass auf der Osterinsel höchstens 3.000 Menschen lebten, als die Europäer dort erschienen. Es ist fraglich, ob eine dermaßen kleine indigene Gemeinde, deren Entwicklungsniveau relativ primitiv war, hunderte riesige Statuen aufgestellt haben könnte. Deshalb wird vermutet, dass es dort zu älteren Zeiten eine Zivilisation mit einer entwickelten sozialen Struktur und komplizierten religiösen Kulten gab.
Hinsichtlich des Aussterbens der Rapanui-Zivilisation gibt es verschiedene Hypothesen. Unter anderem wird vermutet, dass eine Umweltkatastrophe oder ein militärischer Konflikt geschehen sein könnten (sic!). Eine weitere Version vermutet, dass die Einwohner sich zunehmend mit dem Statuenbau beschäftigt und die wirtschaftlichen Aktivitäten vernachlässigt und/oder gegeneinander gekämpft und Teile der Bevölkerung ausgerottet hätten. Eine Gruppe US-amerikanischer Anthropologen um Robert Di Napolin der Oregon-Universität hat herausgefunden, dass die Bauzeit der Moai viel länger gedauert hatte, als ursprünglich vermutet worden war: bis zu den 1750er Jahren. Als die Europäer auf der Insel erschienen, hatten die dortigen Einwohner noch neue Moai-Plattformen gebaut. Davon zeugen die Tagebücher niederländischer, spanischer und britischen Seefahrer.
Das würde bedeuten, dass es Anfang des 17. Jahrhunderts noch keinen Kollaps gegeben hatte. Als die Holländer kamen, konnten keine Hinweise auf Rivalitäten zwischen verschiedenen Stämmen gefunden werden. Obwohl andere Quellen von zwei Völkern sprechen, den Langohren und den Kurzohren, die sich befehdet hätten.
Die Zivilisation auf der Osterinsel könnte wegen eines Klimawandels ausgestorben sein – dieser Auffassung sind Wissenschaftler aus China, Spanien und Norwegen. Die Autoren sind Experten auf den Gebieten Umweltschutz, Geschichte und Archäologie. Ihre Forschung stützte sich auf sogenannte paläoklimatische Rekonstruktionen, die es ihnen ermöglichten, die kausalen Zusammenhänge der natürlichen und sozialen Ereignisse auf der Insel nachzuvollziehen. Die Situation auf Rapanui war nie idyllisch: Die Einwohner dieser winzigen Insel mitten im Stillen Ozean mussten ständig ums Überleben kämpfen. In dieser Region spielt zum Beispiel die sogenannte »El Niño-Southern Oscillation« (ENSO) eine wichtige Rolle – so nennt man das Auftreten von ungewöhnlichen, nicht zyklischen, veränderten Meeresströmungen im ozeanografisch-meteorologischen System des äquatorialen Pazifiks. Die warme Phase dieser Oszillation ist als »El Niño« bekannt, die kalte als »La Niña«. Laut der Studie geschah die Verringerung der Bevölkerungszahl auf der Osterinsel normalerweise während kalter Phasen, wenn die Niederschläge minimal waren. Das führte zu mangelhaften Ernten und zu Hungerzeiten. Hilfe von außen gab es nicht.
Es gab auf Rapanui mindestens drei soziale Krisen. Die erste brach zwischen 1450 und 1550 aus und war mit einem Klimawandel verbunden. Europa litt gleichzeitig unter der sogenannten »Kleinen Eiszeit«. Die zweite Krise ereignete sich zwischen dem Erscheinen der ersten Europäer auf der Insel und den 1770er Jahren. Die dritte Krise im 19. Jahrhundert ergab sich durch den Sklavenhandel und verschiedene durch Europäer eingeschleppte Seuchen. Jedenfalls haben die Wissenschaftler keine Beweise für eine einzige und klar ausgeprägte soziale Krise entdecken können. Die Bevölkerungszahl auf Rapanui schwankte zwischen 10.000 bis 15.000 Einwohnern in den besten Zeiten und 2.000 bis 3.000 in den schlechten Perioden.
Die Bevölkerungszahl und die Lebensbedingungen waren auf ein sehr niedriges Niveau gesunken, als die Europäer auftauchten und möglicherweise als Retter betrachtet wurden. Was sie aber nicht waren, da sie im Endeffekt die Lebensgrundlagen der Inselbevölkerung – nicht nur hier – verschlechterten. Sie waren nicht gekommen, um zu retten, sondern um Ressourcen zu erbeuten. Was sie im Endeffekt bis heute weltweit tun.
Die Menschenzahl auf der Erde wächst, man rechnet in absehbarer Zeit mit 11 Milliarden. Ob die alle ernährt werden können oder Platz zum Leben haben werden, ist offen. Rettende Holländer gibt es nicht. Und ein Umdenken zu einer nicht alles zerstörenden, verbrauchenden und verschwendenden Lebensweise ist allgemein nicht in Sicht. Es gibt zwar etliche kluge und nützliche Überlegungen, sie werden aber zurzeit von den Entscheidungsträgern nicht umgesetzt.
Da die Menschheit auf der Erde mehr Ressourcen verbraucht als »nachwachsen« können, gibt es Fantasien zur Besiedelung anderer Planeten. Leider sind nach bisherigem Wissen die Bedingungen auf anderen Planeten oder Sonnensystemen für uns nicht brauchbar. In seinem Roman »Mars an Erde« schildert der Schriftsteller Jürgen Lodemann, dass es auf dem Mars schon einmal eine Atmosphäre gegeben haben könnte und Leben. Aber beides verschwand. Also dort wartet keine Rettung für die Menschheit, einschließlich Tier- und Pflanzenwelt.
Die Zukunft der einsamen Osterinsel »Erde« im All ist ungewiss.