Es ist nur gerecht, wenn Politiker, die sich für das Gemeinwesen ein Leben lang in die »Pflicht haben nehmen lassen«, die selbstlos für Volk und Vaterland 26 Stunden am Tag unterwegs waren und darüber nicht selten ein wenig verspannt, übergewichtig und ungeduldig geworden sind, dass sie für dieses Tun – gewissermaßen als bescheidene Entschädigung – mit allerlei Titel und Orden gewürdigt werden. Wer fleißig ist und sich auch sonst nichts zu Schulden kommen lässt, bei dem kann Einiges zusammenkommen. Die ebenso beeindruckende wie konkurrenzlose Ehrungsliste von Prof. Dr. Bernhard Vogel, einem Mann, der in seinem langen, wirkungsvollen Politikerleben (als »Mensch« und als »Politiker!«) seine Pflicht getan hat und dafür vielfach und verdientermaßen geehrt worden ist, soll hier aus Gründen der Ehrerbietung der Leserschaft einmal zur Kenntnis gebracht werden. Dabei handelt es sich lediglich um eine kleine Auswahl, denn jeder Versuch der Vollständigkeit würde die Geduld der Ossietzky-Leserinnen und -Leser zweifellos überfordern:
1970: Kommandeur des Ordre des Palmes Académiques (Frankreich) – 1975: Großkreuz des Gregorius-Ordens (Vatikan) – 1976: Großes Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland – 1978: Großkreuz des Order of Saint Michael and Saint George (Großbritannien) – 1980: Großes Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband der Bundesrepublik Deutschland – 1983: Großoffizier des nationalen Verdienstordens der Ehrenlegion (Frankreich) – 1984: Großoffizier des Ordre National des mille Collines (Ruanda) – 1984: Medien- und Fernsehpreis Bambi – 1988: Großes Goldenes Ehrenzeichen am Bande für Verdienste um die Republik Österreich – 1990: Verdienstorden von Rheinland- Pfalz – 1993: Orden 2. Klasse der Aufgehenden Sonne mit Schulterband (Japan) – 1993: Europamedaille des Europäischen Parlaments – 1996: Großkreuz des Phönix-Ordens (Griechenland) – 1997: Cavaliere di Gran Croce (Italien) – 1998: Großkreuz des Ordem do Infante D. Henrique (Portugal) – 2002: Ehrendoktor der Catholic University of America, Washington D.C. –2004: Ehrendoktor der deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften Speyer – 2005: Thüringer Verdienstorden – 2007: Leibniz-Ring Hannover – 2009: Ehrendoktorwürde an der Ben-Gurion-Universität des Negev, Israel 2012: Großkreuz des Verdienstordens der Republik Ungarn – 2013: Großer Verdienstorden des Landes Südtirol. Und so weiter…
Auch notorische Titel-Nörgler und Ordens-Muffel müssen konzedieren: eine ganz und gar beeindruckende Chronologie anhaltender Wertschätzung. Herr Vogel – konservativ und gottesfürchtig, unvergessen seine parlamentarische Fürbitte »Gott schütze Rheinland-Pfalz!« bei seinem Rücktritt – ist ein Mann für alle Gelegenheiten.
Lassen wir die großen Fragen nach gesellschaftlicher Bedeutsamkeit mal beiseite. Versuchen wir ein System dieser jahrzehntelangen Ehrerbietung zu erkennen, oder sagen wir es kleiner: ein System des Gebens & Nehmens. Die Logik ist schlicht: Wer Orden und Preise vergibt, lobpreist vor allem sich selbst. Bedeutungs- und Gefallsucht ist der eitle Kitt zwischen Preisgeber und Preisträger. Der warme Regen an Auszeichnungen und Lobpreisungen, der auf den 88-jährigen Preis-Champion niederkommt, er will nicht enden. Deshalb sei auch die aktuell letzte Würdigung hier noch rasch protokolliert – falls Sie, werte Leserinnen und Leser, noch aufnahmefähig sind.
Vor wenigen Wochen, Ende August 2021, wurde der Ex-Politiker für sein politisches »Wirken um die Deutsche Einheit und die Einheit Europas in Frieden und Freiheit« mit dem Point-Alpha-Preis ausgezeichnet, erfreulicherweise mit 25 000 Euro dotiert. Den Preis, der nach dem authentischen Geschichtsort »Point Alpha« benannt ist, bekam der robuste Multi-Preisträger im feierlichen, aber kleinen Rahmen im US-Camp der Gedenkstätte, dem ehemaligen amerikanischen »Observation Post Alpha« zwischen den Weilern Rasdorf und Geisa im Thüringer Land. Seit 2005 wird er verliehen, diesmal zum zwölften Mal – u.a. an den ehemaligen US-Präsidenten George Bush senior, den ehemaligen sowjetischen Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow sowie den früheren Bundeskanzler Helmut Kohl. Die Laudatio auf den Ordens-Champion hielt ein Parteifreund des Preisträgers, Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU).
Nebenbei sollen noch zwei weitere Rekorde hier nicht unerwähnt bleiben: Bernhard Vogel hält den Rekord als dienstältester Ministerpräsident der Bundesrepublik und als Einziger, der zwei Bundesländer in West und Ost regiert hat. Danach kommt für den gläubigen Katholiken eigentlich nur noch die päpstliche Seligsprechung oder die Auszeichnung als Ehrenspielführer der deutschen Fußball-Nationalmannschaft.
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