Ein außerordentlich ambitioniertes Projekt gegen Gewalt und Vergessen stellt das Stuttgarter Bürgerprojekt Die AnStifter vor. »Plädoyers für die Republik« nannte es Peter Grohmann, der die Reihe mit einem ehrenamtlich arbeitenden Team koordiniert. Im Rahmen des Projekts werden inzwischen mehr als 150 Veranstaltungen angeboten – und es kommen täglich neue hinzu: Konzerte und Lesungen, Vorträge, Workshops, Ausstellungen, Theateraufführungen, Stadtwanderungen oder Gedenkveranstaltungen. Die »Aktion für Demokratie und Menschenrechte«, an der sich inzwischen mehr als 250 Einrichtungen vor allem aus der Stuttgarter Region beteiligen, beginnt am 27.10. und endet mit der FriedensGala am 4.12. und der Verleihung des Stuttgarter Friedenspreises an Reporter ohne Grenzen sowie des Jugendpreises an das Projekt Schule gegen Rassismus am Friedrich-Eugen-Gymnasium Stuttgart. Die Veranstalter wollten den Fokus aber bewusst auch auf soziale Verwerfungen heute richten: »Armut ist die Verweigerung aller Menschenrechte«, so die Initiatoren. Das Projekt ist in dieser Form einmalig, aber offenbar noch nicht »aus den roten Zahlen«: Im Etat in Höhe von rund 60 000 € sei noch Luft nach oben. Die Landeshauptstadt Stuttgart beteiligt sich mit 10 000 €, 3000 € trägt die GLS-Bank bei, in deren Räumen auch Veranstaltungen angeboten werden. Der größere Teil kommt aus Mitteln der AnStifter, die auf weitere Spenden oder Gelder aus Stiftungen angewiesen sind.
Die Reihe beginnt mit einer Gedenkveranstaltung am 27.10. im Hospitalhof an die sogenannte »Polenaktion«, die ersten Massendeportationen 1938. Mit Musik von Theodorakis erinnert die Dresdner Gruppe Shuriaki am 1.11.2022 im Theaterhaus an den griechischen Komponisten und die Ermordung 1000 griechischer Zwangsarbeiter in Hailfingen-Tailfingen. Bereits am nächsten Tag (2.11.) wird über die Notwendigkeit eines Boykotts der Fußball-WM in Katar diskutiert. Zu einer Lesung von »Namen der Toten« am Mahnmal für die Opfer der NS-Diktatur lädt das Theater am Olgaeck am 9.11. ein und In der Katholischen Akademie in Hohenheim wird die Asylpolitik der Bundesregierung hinterfragt (10.11.), und am 20. November wirbt z. B. das Wortkino/Dein Theater für »Dein Europa« als einzigartige Kulturlandschaft.
Das Spektrum der Themen führt von Gewalt und Rassismus über den Ukraine-Krieg bis zu Utopien für übermorgen. Die gemeinsame Sorge sei die »nicht nur bei uns« feststellbare Zunahme populistischer Strömungen, verbunden mit einem großen Vertrauensverlust in Demokratie und Rechtsstaat – und die Frage, wie man dem begegnen könne.
Zur Reihe erschien eine umfangreiche Zeitung, die die teilnehmenden Einrichtungen (https://30tageimnovember.de/) verlinkt. Die gedruckte Ausgabe kann formlos kostenfrei über kontakt@die-anstifter.de bestellt werden.