»Gegen den Trend« (bei Kultur-Extra) lautet eine Besprechung des neuesten Stückes im Staatstheater Stuttgart: »Die Präsidentinnen« von Werner Schwab. Nun, eigentlich ist das Stück aus den 80er Jahren, und so angestaubt wie die Retro-Inszenierung mit den riesenhaften Möbeln. Die machen die »Präsidentinnen« noch kleiner als sie schon sind als Angehörige der Unterschicht, die man im Theater öfter antrifft als in der Oper.
Nun, das Bildungsbürgertum darf sich hier in einer Fäkalsprache suhlen, die sonst nur in äußersten Krisensituationen zum Einsatz kommt. Und einmal mehr den Analcharakter der Deutschen, sagen wir: vieler, befriedigen. Mir ist das etwas suspekt, auf der Bühne eine drastische Gestik und Sprache, aber gleichzeitig vermischt mit einer etwas artifiziellen Ansprache, die wohl aber in erster Linie eine Mischung aus österreichisch und »historisch« ist.
Nun war das Stück, eine Mischung aus Komik und Tragik mit partiellem Untergang, schon einmal ein Erfolg, und eine Dame im Foyer erinnert es an Kroetz und Bernhardt und eine andere sogar an Achterbusch – nun ja.
Was mir auffiel, war die Bereitschaft eines Teils des Premierenpublikums, loszulachen – auf Teufel komm raus, jedenfalls relativ anlasslos. Als bräuchte der emotionale Druck ein Ventil, und da ist alles recht. (Zur Erinnerung: Gelacht wird darüber, dass es nichts zu lachen gibt.) Übrigens, eine Woche davor bei Brechts gutem Menschen in Sezuan ebenso. Ich fand wenig zum Lachen in dem Stück, es sei denn, man lacht, und dass man + frau das darf(!), ist in der grünen Woke-Kultur doch schonmal was, über die eigenen Putzfrauen resp. die Unterschicht.
Die Reinlichkeitserziehung, die man durchlaufen musste, hier wird sie passend zu Habecks und Kretschmanns Dusch-Spar-Ideen zurückgenommen bzw. persifliert. Ein aktueller Beitrag zu dem, was Marcuse repressive Entsublimierung nannte. Der zeitgeistige Intendant hat hier zwei Stränge zusammenführt und wurde mit viel Applaus belohnt.
Mir kommt das etwas spießig vor, wie aus den 60er Jahren, als man mit schlüpfrigen Andeutungen kalauern konnte.
Aber, was sind das für Zeiten, wo die Stuttgarter Zeitung am Samstag mit einer Karikatur aufwartet, die den chinesischen Drachen als Menschenfresser darstellt. Und Kanzler Scholz gibt diesem Happi-Happi, d. h. den Hamburger Hafen, hier als Menschenbein dargestellt. (Die Journaille findet keinen Halt in ihrem Abwärtsfuror.)
Ja, Zeiten, man bleibt besser zu Hause, als sich mit einer Gewerkschaft gemein zu machen, die wie 1914 dabei sein will: »Solidarität«. (Mein Unwort des Jahres, d. h. das am meisten geschändete Wort der letzten zwei Jahre).
Verdi: »In diesem Herbst treffen uns die Folgen von Putins Angriffskrieg mit voller Wucht: Viele von uns wissen nicht, wie sie Gas- und Stromrechnung bezahlen sollen. (…) In dieser Krise stehen wir solidarisch an der Seite der Ukraine.«
Ersteres ist schlicht falsch oder irreführend, Putin hat seine Pipelines nicht selber gesprengt, und für den Wirtschaftskrieg ist er auch nicht verantwortlich. »Wir« ruinieren uns selber, und dabei verdienen wieder einige, wie schon bei Corona, kräftig. (Und die werden es ihren »Freunden« schon lohnen, egal ob Politiker oder Faktenchecker oder diverse Institute.)
Und ich bin nicht solidarisch mit den Ukrainern, diesen Landsknechten der USA.
Ich bleibe bei der alten Losung der marxistischen Linken (Liebknecht und Luxemburg) von 1914: Der Hauptfeind steht im eigenen Land.