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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Corona: Wann wird man je verstehn?

Die Coro­na-Maß­nah­men der der­zeit Regie­ren­den sol­len gro­ßes Unheil ver­hin­dern. Damit wer­den schwer­ste, in die­ser Art seit Ende des Zwei­ten Welt­krie­ges nicht dage­we­se­ne Ein­schrän­kun­gen der ver­fas­sungs­mä­ßi­gen Rech­te gerecht­fer­tigt. Durch inten­si­ve Ein­schnit­te in Erzie­hung und Aus­bil­dung, Stö­run­gen des sozia­len Zusam­men­halts, wirt­schaft­li­che Ein­grif­fe, die die Exi­stenz klei­ner Unter­neh­mer, des Mit­tel­stands, der Groß­un­ter­neh­men, des Kul­tur­le­bens gefähr­den, nimmt die Demo­kra­tie Scha­den und wird Mil­lio­nen Men­schen in den ärme­ren Län­dern die Lebens­grund­la­ge ent­zo­gen. Und das alles, so heißt es, um Men­schen vor Tod und Krank­heit zu retten.

Wer aber ist von »Coro­na« tat­säch­lich am mei­sten bedroht? Die Gefähr­de­ten sind weit über­wie­gend über 80 Jah­re alt. Jün­ge­re sind weni­ger, Jun­ge nur ganz sel­ten gefähr­det. Von den unter 70jährigen Infi­zier­ten ster­ben maxi­mal fünf von 10 000 Infi­zier­ten, also 0,05 Pro­zent. Hier von Seu­che oder Pan­de­mie zu spre­chen, ist nicht seriös.

Und auch bei einer wirk­lich töd­lich ver­lau­fen­den Pan­de­mie wären die ver­fas­sungs­ge­mä­ßen Grund­rech­te wei­ter­hin zu berück­sich­ti­gen, auch dies zum Schutz der Bevöl­ke­rung. Sie sind ja der Aus­druck der histo­ri­schen, furcht­ba­ren Erfah­run­gen mit auto­ri­tä­ren Herrschaftsformen.

Müss­ten also die Schä­den durch das Virus nicht viel grö­ßer sein als die nega­ti­ven Fol­gen der Maß­nah­men zur Ein­däm­mung? Sie müss­ten real so groß sein, dass man die mas­si­ven Ein­grif­fe als not­wen­di­gen Schutz in Kauf nimmt. Zu wes­sen Schutz? Um die von Coro­na fast aus­schließ­lich betrof­fe­nen sehr alten Men­schen (über­wie­gend mit Vor­er­kran­kun­gen) zu schützen.

Zu lesen ist in der ZEIT, bestä­tigt von der Bar­mer EK und dem Deut­schen Ver­band der Inten­siv­me­di­zi­ner, dass min­de­stens 20 bis 30 Pro­zent der bis­he­ri­gen »Coro­na-Inten­siv­pa­ti­en­ten« über­haupt nicht wegen Coro­na behan­delt wer­den, son­dern aus ande­ren medi­zi­ni­schen Grün­den. Das Insti­tut für Rechts­me­di­zin des Uni­ver­si­täts­kli­ni­kums Ham­burg-Eppen­dorf (UKE) bestä­tig­te kürz­lich, dass 99 Pro­zent der unter­such­ten »Covid-Ster­be­fäl­le« an Vor­er­kran­kun­gen lit­ten – und nicht »an«, son­dern allen­falls »mit« Coro­na gestor­ben sind und im Schnitt 83 Jah­re alt waren. Wer so unge­nau »zählt«, gerät schnell in den Ruch der Panikmache.

Das führt uns zu der Fra­ge, was sich die der­zeit Regie­ren­den bei ihren Maß­nah­men und beson­ders hin­sicht­lich der Aus­wir­kun­gen auf die betrof­fe­nen Men­schen gedacht haben. Han­deln sie so plan­los, chao­tisch und für eine wach­sen­de Zahl von unter den Maß­nah­men Lei­den­den so unver­hält­nis­mä­ßig, wie es oft erscheint? Oder folgt die Exe­ku­ti­ve, die sich als Kanz­ler-Run­de mit Coro­na­kri­sen-Gip­feln alter­na­tiv­los dar­stellt, unter Umge­hung der Legis­la­ti­ve (Paech, Prantl), den über­zu­ord­nen­den Plä­nen einer von der Gates-Stif­tung, dem Welt­wirt­schafts­fo­rum und des Johns-Hop­kins-Cen­ter for Health Secu­ri­ty schon vor 20 Jah­ren ent­wickel­ten Anti-Pan­de­mie-Stra­te­gie (Event 201)?

Zu den Beschlüs­sen des Pan­de­mie-Regimes gehört auch eine erheb­li­che Ein­schrän­kung aller Demon­stra­tio­nen der Frie­dens­be­we­gung, der Akti­on Ram­stein, der Rosa-Luxem­burg-Demo im Janu­ar und vie­ler ande­re mehr. Alle der Obrig­keit unlieb­sa­men Demon­stra­tio­nen wur­den und wer­den allein durch Über­wa­chung von Mas­ke und Abstand dis­zi­pli­niert. Für eine akti­ve Demo­kra­tie ist kaum noch Raum.

Da hier der Platz fehlt, jedes ange­schnit­te­ne Pro­blem mit Quel­len und Zita­ten zu unter­le­gen, beschrän­ken wir uns auf weni­ge Anmerkungen.

Die Län­der mit den größ­ten Coro­na-Scha­dens­mel­dun­gen sind jene, in denen ein Sozi­al­ab­bau mit feh­len­der Gesund­heits­ver­sor­gung für alle am radi­kal­sten erfolg­te. Vor fünf­zig Jah­ren konn­te der Histo­ri­ker und Phi­lo­soph Ivan Illich behaup­ten, dass das Medi­zin­sy­stem die größ­te Bedro­hung für die Gesund­heit von Men­schen dar­stellt. Der kürz­lich mit 99 Jah­ren gestor­be­ne IPPNW-Mit­be­grün­der Ber­nard Lown wies auf das­sel­be Grund­übel hin: »Ein pro­fit­ori­en­tier­tes Gesund­heits­we­sen ist ein Oxy­mo­ron, ein Wider­spruch in sich. In dem Augen­blick, in dem Für­sor­ge dem Pro­fit dient, hat sie die wah­re Für­sor­ge ver­lo­ren.« Das Medi­zin­sy­stem ist pro­fit­ori­en­tiert. Die Stär­kung der per­sön­li­chen Immun­sy­ste­me und ein Aus­bau von ange­mes­se­nen Sozi­al­sy­ste­men (UNO-Men­schen­rech­te) ist den öko­no­mi­schen Inter­es­sen abträg­lich. Nur an Krank­hei­ten wird ver­dient. Ana­log wird mit Krie­gen der maxi­ma­le Gewinn erzielt. Der erklär­te »Krieg gegen das Virus« zeigt das mili­ta­ri­sier­te Denken.

Ver­glei­che mit Län­dern, die ohne Lock­down-Poli­tik bes­ser leben als wir, wer­den nicht unab­hän­gig dis­ku­tiert. Wer es wis­sen will, kennt auch die Gewin­ner der Coro­na-Poli­tik. Die Kluft zwi­schen Arm und Reich ist erschreckend ver­tieft wor­den im Zusam­men­hang mit der »vira­len« Ver­stär­kung der seit 2008 nicht über­wun­de­nen Wirt­schafts- und Finanz­markt-Kri­se. Cui bono?

Knapp 300 Kin­der- und Jugend­the­ra­peu­ten war­nen vor den psy­chi­schen Lock­down-Fol­gen. Ent­schei­dun­gen der Poli­tik sehen sie kri­tisch. Schu­len und Kitas soll­ten geöff­net wer­den, for­der­ten sie am 7. Febru­ar in einem offe­nen Brief, der den Titel trägt: »Die psy­chi­sche Gesund­heit von Kin­dern und Jugend­li­chen muss geschützt wer­den!« Der Kin­der­psych­ia­ter Hans-Joa­chim Maaz warn­te am 15.8.20 in Hal­le ein­dring­lich vor den Fol­gen einer geschür­ten Angst, nicht nur für die Gesund­heit. Sie zer­stört Bezie­hun­gen, macht krank und ist ein Ein­falls­tor für Tota­li­ta­ris­mus. Rai­ner Maus­feld hat in »Angst und Macht« die­sen Zusam­men­hang histo­risch und aktu­ell analysiert.

Wer mit einem Mas­ken­trä­ger, der allen AHA-L-Anord­nun­gen folgt, in einen fried­li­chen Dia­log über Nut­zen und Scha­den der Maß­nah­men kom­men möch­te, kann nicht allein auf Argu­men­te und Sach­in­for­ma­tio­nen bau­en. Wich­ti­ger ist es, eine Ver­trau­ens­ba­sis zu schaf­fen, auf der jeder die Inter­es­sen und Äng­ste des ande­ren respek­tiert. Han­nah Are­ndts Satz: »Kein Mensch hat das Recht zu gehor­chen«, wäre hier deplat­ziert, obwohl wir ihn für gül­tig halten.

Auch an die Impf­kam­pa­gne las­sen sich kri­ti­sche Fra­gen stel­len. Alle Impf­stof­fe erhiel­ten bis jetzt allen­falls Not­fall-Zulas­sun­gen. Die neu­en Covid-19-Impf­stof­fe sind also noch expe­ri­men­tell. Wir sind prak­tisch Teil­neh­mer (Pro­ban­den) an einem lau­fen­den Prüf­ver­fah­ren. Eine wirk­lich infor­mier­te Ein­wil­li­gung in die Imp­fung ist aus unse­rer (ärzt­li­chen) Sicht noch gar nicht mög­lich. Daten über Lang­zeit­fol­gen feh­len logi­scher­wei­se. Spe­ku­la­tio­nen gibt es vie­le. Da kei­ne »ste­ri­le Immu­ni­tät« erreich­bar ist, kön­nen auch Geimpf­te die Infek­ti­on noch weitergeben.

Zusam­men­fas­send for­dern wir deshalb:

  1. Sofor­ti­ge Auf­he­bung der »epi­de­mi­schen Lage von natio­na­ler Trag­wei­te« und der damit ein­her­ge­hen­den Ermäch­ti­gung des Gesund­heits­mi­ni­sters nach dem 3. Infek­ti­ons­schutz­ge­setz IfSG, damit das Par­la­ment wie­der sei­ne ver­fas­sungs­recht­li­chen Auf­ga­ben wahrnimmt.
  2. Schutz­maß­nah­men sind wei­ter zu emp­feh­len, die Ein­hal­tung beruht auf Freiwilligkeit.
  3. Größt­mög­li­che Rück­sicht­nah­me bleibt, wegen der ver­mut­lich lan­ge nach­wir­ken­den Fol­gen der Angst-Pan­de­mie geboten.
  4. Gesund­heits­sy­ste­me müs­sen allein dem Gemein­wohl die­nen. Rekom­mu­na­li­sie­rung aller Gesund­heits­ein­rich­tun­gen, Auf­he­bung des Fall­pau­scha­len-DRG-Systems, ange­mes­se­ne Bezah­lung des medi­zi­ni­schen Per­so­nals, ver­bes­ser­te Aus­bil­dun­gen und Arbeits­be­din­gun­gen. Stopp der ein­sei­tig tech­ni­schen, mate­ria­li­sti­schen Ori­en­tie­run­gen, För­de­rung von Prä­ven­tio­nen (Immun­sy­stem­stär­kung) und Auf­klä­rung über öko­lo­gi­sche Zusammenhänge.
  5. Öffent­li­cher par­la­men­ta­ri­scher Corona-Untersuchungsausschuss.
  6. Inve­sti­ga­ti­ver Jour­na­lis­mus. Das ver­gan­ge­ne Jahr war auch ein Lock­down für freie Meinungsveröffentlichung.

 

Die Autoren, Man­fred Lot­ze und Ekke­hard Basten, sind Ärz­te, die als Mit­glie­der der IPPNW – Ärz­te in sozia­ler Ver­ant­wor­tung e. V. hier ihre per­sön­li­che Mei­nung vertreten.