Die Corona-Maßnahmen der derzeit Regierenden sollen großes Unheil verhindern. Damit werden schwerste, in dieser Art seit Ende des Zweiten Weltkrieges nicht dagewesene Einschränkungen der verfassungsmäßigen Rechte gerechtfertigt. Durch intensive Einschnitte in Erziehung und Ausbildung, Störungen des sozialen Zusammenhalts, wirtschaftliche Eingriffe, die die Existenz kleiner Unternehmer, des Mittelstands, der Großunternehmen, des Kulturlebens gefährden, nimmt die Demokratie Schaden und wird Millionen Menschen in den ärmeren Ländern die Lebensgrundlage entzogen. Und das alles, so heißt es, um Menschen vor Tod und Krankheit zu retten.
Wer aber ist von »Corona« tatsächlich am meisten bedroht? Die Gefährdeten sind weit überwiegend über 80 Jahre alt. Jüngere sind weniger, Junge nur ganz selten gefährdet. Von den unter 70jährigen Infizierten sterben maximal fünf von 10 000 Infizierten, also 0,05 Prozent. Hier von Seuche oder Pandemie zu sprechen, ist nicht seriös.
Und auch bei einer wirklich tödlich verlaufenden Pandemie wären die verfassungsgemäßen Grundrechte weiterhin zu berücksichtigen, auch dies zum Schutz der Bevölkerung. Sie sind ja der Ausdruck der historischen, furchtbaren Erfahrungen mit autoritären Herrschaftsformen.
Müssten also die Schäden durch das Virus nicht viel größer sein als die negativen Folgen der Maßnahmen zur Eindämmung? Sie müssten real so groß sein, dass man die massiven Eingriffe als notwendigen Schutz in Kauf nimmt. Zu wessen Schutz? Um die von Corona fast ausschließlich betroffenen sehr alten Menschen (überwiegend mit Vorerkrankungen) zu schützen.
Zu lesen ist in der ZEIT, bestätigt von der Barmer EK und dem Deutschen Verband der Intensivmediziner, dass mindestens 20 bis 30 Prozent der bisherigen »Corona-Intensivpatienten« überhaupt nicht wegen Corona behandelt werden, sondern aus anderen medizinischen Gründen. Das Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) bestätigte kürzlich, dass 99 Prozent der untersuchten »Covid-Sterbefälle« an Vorerkrankungen litten – und nicht »an«, sondern allenfalls »mit« Corona gestorben sind und im Schnitt 83 Jahre alt waren. Wer so ungenau »zählt«, gerät schnell in den Ruch der Panikmache.
Das führt uns zu der Frage, was sich die derzeit Regierenden bei ihren Maßnahmen und besonders hinsichtlich der Auswirkungen auf die betroffenen Menschen gedacht haben. Handeln sie so planlos, chaotisch und für eine wachsende Zahl von unter den Maßnahmen Leidenden so unverhältnismäßig, wie es oft erscheint? Oder folgt die Exekutive, die sich als Kanzler-Runde mit Coronakrisen-Gipfeln alternativlos darstellt, unter Umgehung der Legislative (Paech, Prantl), den überzuordnenden Plänen einer von der Gates-Stiftung, dem Weltwirtschaftsforum und des Johns-Hopkins-Center for Health Security schon vor 20 Jahren entwickelten Anti-Pandemie-Strategie (Event 201)?
Zu den Beschlüssen des Pandemie-Regimes gehört auch eine erhebliche Einschränkung aller Demonstrationen der Friedensbewegung, der Aktion Ramstein, der Rosa-Luxemburg-Demo im Januar und vieler andere mehr. Alle der Obrigkeit unliebsamen Demonstrationen wurden und werden allein durch Überwachung von Maske und Abstand diszipliniert. Für eine aktive Demokratie ist kaum noch Raum.
Da hier der Platz fehlt, jedes angeschnittene Problem mit Quellen und Zitaten zu unterlegen, beschränken wir uns auf wenige Anmerkungen.
Die Länder mit den größten Corona-Schadensmeldungen sind jene, in denen ein Sozialabbau mit fehlender Gesundheitsversorgung für alle am radikalsten erfolgte. Vor fünfzig Jahren konnte der Historiker und Philosoph Ivan Illich behaupten, dass das Medizinsystem die größte Bedrohung für die Gesundheit von Menschen darstellt. Der kürzlich mit 99 Jahren gestorbene IPPNW-Mitbegründer Bernard Lown wies auf dasselbe Grundübel hin: »Ein profitorientiertes Gesundheitswesen ist ein Oxymoron, ein Widerspruch in sich. In dem Augenblick, in dem Fürsorge dem Profit dient, hat sie die wahre Fürsorge verloren.« Das Medizinsystem ist profitorientiert. Die Stärkung der persönlichen Immunsysteme und ein Ausbau von angemessenen Sozialsystemen (UNO-Menschenrechte) ist den ökonomischen Interessen abträglich. Nur an Krankheiten wird verdient. Analog wird mit Kriegen der maximale Gewinn erzielt. Der erklärte »Krieg gegen das Virus« zeigt das militarisierte Denken.
Vergleiche mit Ländern, die ohne Lockdown-Politik besser leben als wir, werden nicht unabhängig diskutiert. Wer es wissen will, kennt auch die Gewinner der Corona-Politik. Die Kluft zwischen Arm und Reich ist erschreckend vertieft worden im Zusammenhang mit der »viralen« Verstärkung der seit 2008 nicht überwundenen Wirtschafts- und Finanzmarkt-Krise. Cui bono?
Knapp 300 Kinder- und Jugendtherapeuten warnen vor den psychischen Lockdown-Folgen. Entscheidungen der Politik sehen sie kritisch. Schulen und Kitas sollten geöffnet werden, forderten sie am 7. Februar in einem offenen Brief, der den Titel trägt: »Die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen muss geschützt werden!« Der Kinderpsychiater Hans-Joachim Maaz warnte am 15.8.20 in Halle eindringlich vor den Folgen einer geschürten Angst, nicht nur für die Gesundheit. Sie zerstört Beziehungen, macht krank und ist ein Einfallstor für Totalitarismus. Rainer Mausfeld hat in »Angst und Macht« diesen Zusammenhang historisch und aktuell analysiert.
Wer mit einem Maskenträger, der allen AHA-L-Anordnungen folgt, in einen friedlichen Dialog über Nutzen und Schaden der Maßnahmen kommen möchte, kann nicht allein auf Argumente und Sachinformationen bauen. Wichtiger ist es, eine Vertrauensbasis zu schaffen, auf der jeder die Interessen und Ängste des anderen respektiert. Hannah Arendts Satz: »Kein Mensch hat das Recht zu gehorchen«, wäre hier deplatziert, obwohl wir ihn für gültig halten.
Auch an die Impfkampagne lassen sich kritische Fragen stellen. Alle Impfstoffe erhielten bis jetzt allenfalls Notfall-Zulassungen. Die neuen Covid-19-Impfstoffe sind also noch experimentell. Wir sind praktisch Teilnehmer (Probanden) an einem laufenden Prüfverfahren. Eine wirklich informierte Einwilligung in die Impfung ist aus unserer (ärztlichen) Sicht noch gar nicht möglich. Daten über Langzeitfolgen fehlen logischerweise. Spekulationen gibt es viele. Da keine »sterile Immunität« erreichbar ist, können auch Geimpfte die Infektion noch weitergeben.
Zusammenfassend fordern wir deshalb:
- Sofortige Aufhebung der »epidemischen Lage von nationaler Tragweite« und der damit einhergehenden Ermächtigung des Gesundheitsministers nach dem 3. Infektionsschutzgesetz IfSG, damit das Parlament wieder seine verfassungsrechtlichen Aufgaben wahrnimmt.
- Schutzmaßnahmen sind weiter zu empfehlen, die Einhaltung beruht auf Freiwilligkeit.
- Größtmögliche Rücksichtnahme bleibt, wegen der vermutlich lange nachwirkenden Folgen der Angst-Pandemie geboten.
- Gesundheitssysteme müssen allein dem Gemeinwohl dienen. Rekommunalisierung aller Gesundheitseinrichtungen, Aufhebung des Fallpauschalen-DRG-Systems, angemessene Bezahlung des medizinischen Personals, verbesserte Ausbildungen und Arbeitsbedingungen. Stopp der einseitig technischen, materialistischen Orientierungen, Förderung von Präventionen (Immunsystemstärkung) und Aufklärung über ökologische Zusammenhänge.
- Öffentlicher parlamentarischer Corona-Untersuchungsausschuss.
- Investigativer Journalismus. Das vergangene Jahr war auch ein Lockdown für freie Meinungsveröffentlichung.
Die Autoren, Manfred Lotze und Ekkehard Basten, sind Ärzte, die als Mitglieder der IPPNW – Ärzte in sozialer Verantwortung e. V. hier ihre persönliche Meinung vertreten.