Das idyllische Bad Lauchstädt, das knapp zwanzig Kilometer südwestlich von Halle liegt, ist nicht nur ein touristisches Ausflugsziel, sondern repräsentiert auch ein bedeutsames Stück deutscher Kulturgeschichte. Seine Geschichte lässt sich bis in das 9. Jahrhundert zurückverfolgen. Im 14. Jahrhundert gelangte der Ort an die Bischöfe von Merseburg, die Lauchstädt 1430 das Stadtrecht verliehen und im 16. Jahrhundert eine schon vorhandene Burg zu einem Renaissance-Schloss ausbauten. Als 1657 Merseburg Sitz einer Seitenlinie der kursächsischen Albertiner wurde, diente das Lauchstädter Schloss ein halbes Jahrhundert als herzoglicher Wohnsitz.
Die weitere Geschichte von Lauchstädt (seit 1925 Bad Lauchstädt) wurde wesentlich von der zufälligen Ent-deckung einer Mineralquelle durch den halleschen Medizinprofessor Friedrich Hoffmann um 1700 geprägt. Schnell ließ man die heilkräftige Quelle einfassen und erste Kuranlagen errichten. Die bau- und gartenkünstlerische Anlage wurde schließlich von 1776 bis 1787 vom Merseburger Stiftsbaumeister Johann Wilhelm Chryselius geschaffen. Im 18. und im 19. Jahrhundert zählte das »Sächsische Pyrmont« zu den berühmtesten Modebädern Deutschlands, was zu einem bedeutenden wirtschaftlichen Aufschwung Lauchstädts führte.
Viele Persönlichkeiten des thüringischen und des sächsischen Adels sowie des deutschen Geisteslebens waren hier zu Gast. Ein Badegast von 1787 berichtete: »Man kann in Lauchstädt auf der Allee nicht zwei Schritte gehen, ohne auf ein Kreuz zu stoßen, ohne einer Uniform zu begegnen und einen Herrn mit einem goldenen Knopf vor oder hinter sich zu sehen.« Trotz Domherren, Offizieren oder Kammerherren, der bekannteste Badegast war Johann Wolfgang Goethe, der ab 1791 im Sommer auch die Leitung des von der Weimarer Hofschauspielgesellschaft bespielten Kurtheaters übernahm. Schließlich diente die Theaterkunst der Verlustierung der Badegäste.
1802 ließ Goethe vom Berliner Architekten H. Gentz nach seinen Plänen ein festes Theater innerhalb eines Vierteljahres errichten. Als er am 21. Juni mit seiner Frau Christiane anreiste, fand er noch eine Baustelle vor. Bis zum Schluss wurde gewerkelt, Kulissen gemalt und die lehnenlosen Bankreihen mit rotem Leder bespannt. Noch wenige Stunden vor der Eröffnung führte er persönlich die ersten Gäste durch das Haus und versicherte ihnen, dass alles am Abend bespielbar sein werde. Mit einem kleinen Vorspiel von ihm und Mozarts Oper »Titus« wurde es am 26. Juni eröffnet.
Noch heute verströmt diese einzigartige Kulturstätte den Geist ihrer Entstehungszeit des 18. Jahrhunderts. Das klassizistische Theatergebäude mit seiner barocken Bühnentechnik, die noch original erhalten ist und tadellos funktioniert, wird als Sommer-Theater (von Ostern bis Oktober) von wechselnden Ensembles bespielt. Die Vorstellungen im Goethe-Theater und die Konzertveranstaltungen im Historischen Kursaal ziehen immer mehr Besucher an. Seit 2007 ist das Goethe-Theater auch Austragungsort des »Festspiels der Deutschen Sprache«. Die jährliche Veranstaltung wurde von der Kammersängerin Edda Moser ins Leben gerufen, die bis heute die künstlerische Leiterin des Festspiels ist.
In diesem Jahr wird mit einer Festwoche der 220. Geburtstag des Goethe-Theaters begangen. Auf dem Jubiläumsprogramm stehen standesgemäß Werke der Klassiker, so werden unter anderem »Die Leiden des jungen Werther« von Goethe, Schillers »Wilhelm Tell« und »Der zerbrochene Krug« von Kleist gegeben. Auf dem Programm steht außerdem der Klassiker schlechthin von Bad Lauchstädt: »Figaros Hochzeit«. Die Oper ist eine der erfolgreichsten Inszenierungen und seit 20 Jahren im Spielplan. Seit 2008 trägt Bad Lauchstädt auch als einzige Stadt in Deutschland den Namen »Goethestadt«.
Heute kommen die Besucher vor allem wegen der gepflegten historischen Kuranlagen, wo es das ganze Jahr über Führungen gibt. Dabei erhält man einen lebhaften Eindruck von der Orts-, Bade- und Theatergeschichte von Bad Lauchstädt. Ein Bummel lohnt sich auch im hinteren Teil der Anlage, der mit seinen großen Wiesenflächen und dem alten Baumbestand englischen Landschaftsparks nachempfunden ist. Ein besonderes Highlight ist im Dezember der romantische Christkindl-Markt im Kurpark, der jedes Jahr viele Advents-Besucher anzieht.