Seit 2017 führt die chinesische nationale Gesundheitsbehörde (NHSA) jährliche Verhandlungen mit der Pharmaindustrie, um die Rote Liste für erstattungsfähige Medikamente zu aktualisieren und neu entwickelte Medikamente aufzunehmen. Im letzten Monat erklärten sich die Pharmaunternehmen für einige ihrer neuesten Produkte damit einverstanden, ihre Preise um durchschnittlich 51 Prozent zu senken, damit ihre Präparate auf die Erstattungs-Liste der staatlichen Krankenversicherung gelangen. Die große Mehrheit der 1,4 Milliarden-Bevölkerung ist basisversichert, was bedeutet, dass 60 bis 90 Prozent der Behandlungskosten erstattet werden. Allerdings waren einige der teuersten Import-Medikamente nicht in die Verhandlungen einbezogen, ein deutliches Signal für die ausländischen Unternehmen.
Nach Xiong Xianjun, der als Direktor des NHSA an den Verhandlungen beteiligt war, habe man drei chinesische Entwickler von Krebsmedikamenten aufgenommen, so dass Patienten nun Zugang zu den Behandlungen haben, und zwar zu einem Bruchteil des vollen Preises. Mit den Herstellern von zwei neu entwickelten Krebsmedikamenten, den US-Giganten Bristol-Myers Squibb Co. und Merck & Co. Inc., war jedoch keine Einigung zu erzielen. Sie weigerten sich, ihre Präparate dem aktuellen Preis von »Sintilimab« anzupassen, einem Lymphom-Medikament, das gemeinsam von Chinas Innovent Biologics Inc. und dem US-Arzneimittel-Multi Eli Lilly & Co. entwickelt wurde und das seit letztem Jahr im Rahmen des öffentlichen Versicherungssystems zu haben ist.
In Deutschland wäre ein solches Verfahren schier unmöglich, systembedingt. Kein Wunder, dass in den Grenzregionen wie im Saarland seit Jahren die Frauen ihre Antibaby-Pillen jenseits der Grenze in Frankreich kaufen.
Die Liste erstattungsfähiger Medikamente erstellt seit 2004 ein liberalisierter »Gemeinsamer Bundesausschuss« (GBA). Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV), die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und der Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) entscheiden in diesem Ausschuss, demokratischer Kontrolle völlig entledigt, ganz »autonom«, man möchte sagen: selbstherrlich. So blieben auch die Verhandlungen mit den Herstellern der Covid-Impfstoffe ebenso undurchsichtig wie die Kosten dieser Impfstoffe. Kein Wunder, dass das Vertrauen in die kapitalistischen Krisenmanager schwindet.
Die Volksrepublik China lässt ihren Impfstoff in zahlreichen Entwicklungsländern klinisch erproben. Die Regierung versprach im Gegenzug, das Serum international zu Selbstkosten zur Verfügung zu stellen, und forderte die kapitalistische Pharmaindustrie auf, auf Patentanmeldungen zu verzichten.
Ding Sheng, einer der führenden Medikamentenforscher Chinas von der School of Pharmaceutical Sciences an der Tsinghua Universität in Beijing, machte sich stark dafür, die Daten der klinischen Studien des chinesischen Covid-19-Impfstoffes detailliert offenzulegen, damit Experten ihre Wirksamkeit besser einschätzen und die anhaltenden Sicherheitsbedenken ausräumen können, die vor allem im Ausland kursieren – systembedingt.