Matteo Renzi, Italia Viva. – Egregio (Werter) Signore! Der schöne Vorname »Matteo« scheint für die Politik Ihres Landes zurzeit kein gutes Omen zu sein. Jedenfalls sieht man in Italien dieser Tage viele schüttelnde Köpfe, sobald die Rede auf Sie kommt. Und auch in Deutschland herrscht allenthalben Ratlosigkeit: Spinnen die Römer? Das war für den gegen das Römische Reich so wehrhaften Gallier Obelix bekanntlich nie eine Frage, sondern stets eine Aussage. Und wir stimmen ihm heute zu. Wieder mal, man weiß eigentlich gar nicht mehr wie oft in den letzten Jahren, ist eine italienische Regierungskoalition zerbrochen. Und in diesem Fall – sowie insbesondere angesichts der wahrhaft schwierigen wirtschaftlichen und finanziellen Zeiten inmitten der Pandemie – erscheint Ihr Handeln, obwohl Sie gar kein Römer sind, tatsächlich abseitig. Vorgeblich geht es Ihnen um eine seriöse Verwendung der milliardenschweren EU-Corona-Hilfen, auf deren Verteilung Sie mehr Einfluss verlangen. Warum? Sie sagen, Sie befürchten Klientel-Politik, und wissen als ehemaliger Regierungschef offenbar, wovon Sie reden. Und dieses Wissen würden Sie nun gern erneut nutzbringend aktivieren, denn Sie haben, nunmehr am Rande der Macht, doch selbst sicher einige Taschen zu füllen, um sich und Ihre neue »Bewegung« nach vorn zu bringen. Denn darum geht es wohl: Wie schon Ihr Namensvetter, Matteo Salvini, entlarven Sie sich als gekränkter Ego-Shooter, der sich in der Rolle eines »Juniorpartners« des allseits respektierten, weil besonnenen Ministerpräsidenten Conte »zurückgesetzt« sieht. Mit Verlaub: Das ist keine Politik, das ist Narzissmus. Wir hoffen, dass Ihre »politische« Karriere dadurch größeren Schaden nimmt als das Land. Viva l‘Italia!
Malu Dreyer, Gesundheit rechnet sich nicht – Im rheinland-pfälzischen Ingelheim, Sitz des Weltkonzerns Boehringer und eine der reichsten Kommunen des Landes, hat ein traditionsreiches Krankenhaus – nach wechselnden Betreibern übrigens zuletzt wieder im Besitz der Stadt –, das noch im Frühjahr auch Corona-Patienten versorgte, Insolvenz angemeldet (siehe ND vom 27.12.2020). Alle Patienten des 130-Betten-Hauses sind entlassen, die Belegschaft ist »freigestellt«. Ein »Abwicklungsteam« des Insolvenzverwalters hat den Auftrag, das Inventar noch irgendwie zu Geld zu machen. Was war, was ist das Problem? Als 2004 von der damaligen Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD, Regierung Schröder), unter Ihrer tätigen Mitwirkung als damalige Mainzer Gesundheitsministerin, das System der sogenannten Fallpauschalen eingeführt wurde, hat ein, von vielen Kritikern schon damals befürchteter »Wettbewerb« eingesetzt, der der Gesundheit sicher nicht dienlich sein würde. Jetzt haben wir den Salat. Längst nicht nur in Ingelheim. Wir können nur hoffen, dass spätestens jetzt, in Pandemie-Zeiten, die Erkenntnis Raum gewinnt: Wer die Bekämpfung und Heilung von Krankheiten den kapitalistischen Marktgesetzen unterstellt, hat in der Politik nichts zu suchen. Sie sind aber nicht »nur« Politikerin, sondern Ministerpräsidentin eines Landes. Mithin ist es Ihre Pflicht, dagegen vorzugehen – und auch eigene Fehler zu korrigieren.
Reiner Braun und Werner Ruf, Kriegsgegner – In einem Offenen Brief an die Mitglieder und Freunde der Partei Bündnis90/Die Grünen (siehe www.koop-frieden.de) haben Sie die »friedenspolitischen« Positionen im neuen Grundsatzprogramm der einstigen Ökopaxe analysiert und zutreffend festgestellt: »Das Grundsatzdokument ist kriegsoffen. Es versucht, Kriege zu legitimieren und zu rechtfertigen, und damit ist es im letzten Ende – es muss so deutlich gesagt werden – ein Kriegsprogramm.« Sie haben gehofft, mit Ihren Argumenten eine »intensivere gesellschaftliche Debatte über Krieg und Frieden« anzuregen, die aber nicht zufällig nicht geführt wird: Bellizisten stellen ihre wahren Absichten nicht zur Debatte, sie pflegen Pazifisten zu diffamieren, aber nicht mit ihnen zu diskutieren. Das gilt nun offenbar auch für die ehemalige »Anti-Partei«. Denn die schickt sich an, einen Kanzlerkandidaten / eine Kanzlerkandidatin zu stellen und eine Partei der »Mitte« zu werden. Und als solche darf sie zwar weiterhin an Frieden appellieren, aber um regierungsfähig zu sein und international satisfaktionsfähig zu bleiben, hat ein solches Gebot offenbar im Programm nichts mehr zu suchen. Also weg damit!
Stefan Raue, Dlf-Intendant – Nachdem Sachsen-Anhalt in einer Art CDU-AfD-Koalition die von allen anderen Ländern beschlossene Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 86 Cent blockiert hat, sahen Sie sich veranlasst, den laufenden Tarifvertrag zu kündigen. Als würde Ihr Haus ohne Beitragserhöhung in die Insolvenz rutschen. Sie »sparen« damit die für April tariflich vereinbarte Gehaltsteigerung um 2,25 Prozent ein. Ein wahrer Retter des Qualitätsjournalismus! Nun mag diese Einbuße bei einem monatlichen, außertariflichen(!) Intendanten-Gehalt von rund 20.000 Euro absolut verschmerzbar sein; sie ist in Ihrem Fall ja gar keine. Für einen großen Teil Ihrer knapp 750 festangestellten sowie für Tausende freie Mitarbeiter dürfte die Sache anders aussehen. Anstatt das seltsame Gebaren in Sachsen-Anhalt zu kritisieren und sich auf Ihre Verantwortung und »Fürsorgepflicht« als Intendant einer öffentlich-rechtlichen »Anstalt« zu besinnen, bestrafen Sie die eigenen Leute und machen sich damit zum taumelnden Mitwirkenden in der Magdeburger Politposse.