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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Kurt Nel­hie­bel ali­as Con­rad Taler, preis­wür­dig. – Sie haben den Haben­hau­ser Frie­dens­preis 2020 erhal­ten. Die Zuer­ken­nung des Prei­ses, der an den am 15. Novem­ber 1666 zwi­schen Bre­men und Schwe­den geschlos­se­nen Frie­den von Haben­hau­sen erin­nert, ver­schlug Ihnen »zunächst die Spra­che«, beto­nen Sie in Ihrer coro­nabe­dingt schrift­lich über­mit­tel­ten Dan­kes­re­de. Sie sei­en als Jour­na­list immer nur Ihrem Beruf nach­ge­gan­gen und könn­ten gar nichts vor­wei­sen, was Sie für Haben­hau­sen und sei­ne Bewoh­ner nütz­lich gemacht haben könn­te. Da sta­peln Sie ziem­lich tief. Sie kom­men­tie­ren Ereig­nis­se, über die ande­re Jour­na­li­sten gern hin­weg­ge­hen. Sie bezie­hen kon­se­quent Posi­ti­on gegen Anti­se­mi­tis­mus und Rechts­extre­mis­mus. Und Sie scheu­ten sich nie, Ihre Sicht der Din­ge dar­zu­le­gen, auch wenn das für Sie im Zwei­fels­fal­le Nach­tei­le brach­te. So ver­bau­ten Sie sich als jun­ger Redak­teur einen ersten Kar­rie­re­schritt durch einen Arti­kel gegen die deut­sche Wie­der­be­waff­nung. Doch Ana­ly­se- und Kom­bi­na­ti­ons­ga­be, schar­fer Ver­stand, kla­rer Blick und prä­zi­se For­mu­lie­rungs­kunst setz­ten sich schließ­lich durch, und Sie wur­den spä­ter Nach­rich­ten­chef bei Radio Bre­men. Wir gra­tu­lie­ren zum wohl­ver­dien­ten Preis.
Hei­ko Maas, vor­aus­ei­lend kriegs­dienst­wil­lig. – Kaum hat­ten die füh­ren­den US-Medi­en Joe Biden als »pre­si­dent elect« aner­kannt, konn­ten Sie sich nicht zurück­hal­ten. Gegen­über der ARD-Tages­schau begrüß­ten Sie laut­hals, mit Washing­ton wie­der »bes­ser ins Gespräch« zu kom­men. Die USA wer­den aller­dings bei einer Rück­kehr der Biden-Demo­kra­ten ihre geo­po­li­ti­sche und öko­no­mi­sche Aggres­si­on gegen Chi­na wei­ter­füh­ren und frü­he­re Anstren­gun­gen, sich Russ­land als Res­sour­cen­spen­der zu unter­wer­fen, wie­der for­cie­ren. In West­eu­ro­pa wird es also jetzt rich­tig gefähr­lich. Trotz­dem behaup­ten Sie, Deutsch­land (Sie mei­nen uns Deut­sche) sei bereit, »mehr Ver­ant­wor­tung zu über­neh­men« und »für die gemein­sa­men Wer­te« ein­zu­tre­ten, vor allem in Afri­ka und im Nahen Osten. Unüber­hör­bar: Ihr Drang zu den Waffen.
Ange­la Mer­kel, nach wie vor im NSA-Visier. – »Abhö­ren unter Freun­den, das geht gar nicht«: Ihre viel­zi­tier­te und an Ein­falt kaum über­biet­ba­re Äuße­rung war eher für Bild und Sofa­kar­tof­feln geeig­net als zum Abwat­schen der US-Geheim­dien­ste. Sie und Ihr mini­ste­ri­el­les Gru­sel­ka­bi­nett hat­ten kei­ner­lei Erfolg damit, den »Freun­den« mehr Benimm bei­zu­brin­gen. Inzwi­schen wur­de bekannt, dass die NSA auch Frank­reich, die Nie­der­lan­de, Däne­mark, Nor­we­gen und Schwe­den groß­flä­chig abschnor­chelt. Die Amis machen wei­ter wie gehabt. Mag ja sein, dass Abhö­ren unter Freun­den unan­stän­dig ist. Aber dass US-Trol­le und Vasal­len­staa­ten mit allen ver­füg­ba­ren Mit­teln über­wacht wer­den, ist voll­kom­men nor­mal. Und das haben Sie längst gewusst.
Axel Voss, CDU-Abge­ord­ne­ter des Euro­päi­schen Par­la­ments, Über­wa­chungs­fan. – Mes­sen­ger-Dien­ste wie Whats­App, Signal, Three­ma oder Sky­pe ver­schlüs­seln ihre Nach­rich­ten­über­tra­gung, damit kein Unbe­fug­ter mit­le­sen kann. Da sehen Sie Chan­cen zur Pro­fi­lie­rung: »Wir brau­chen Kon­troll­maß­nah­men, um hier nicht einen völ­lig frei­en Raum zu schaf­fen, wo sich jeder tum­meln kann und zu irgend­wel­chen Ver­bre­chen ver­ab­re­den kann.« Des­halb wol­len Sie die Dienst­an­bie­ter ver­pflich­ten, den staat­li­chen Über­wa­chungs­be­hör­den eine Art »Gene­ral­schlüs­sel« zur Ver­fü­gung zu stel­len. Nun weist das Sta­ti­sti­sche Bun­des­amt aber aus, dass pro 1000 Bür­ger nur 0,65 Straf­ta­ten anfal­len und die wenig­sten davon ver­ab­re­det sind. Trotz­dem stel­len Sie lie­ber gleich die gan­ze Nati­on unter Gene­ral­ver­dacht. Der tota­le Über­wa­chungs­staat muss her. Denn das kommt an – wie eh und je.
Tina Has­sel, ARD-Haupt­stadt-Stu­dio, mit Frau­en­power. – In Ihrem »Bericht aus Ber­lin« spre­chen Sie jetzt von den Ministerpräsident*innen, wenn Sie Kanz­le­rin Mer­kels Coro­na-Küchen­ka­bi­nett mei­nen, zwei Frau­en, 14 Män­ner. Vor­schlag: Wie wäre es künf­tig mit dem Dimi­nu­tiv. Mit der sprach­li­chen Ver­klei­ne­rungs­form wird jedes Haupt­wort geschlechts­neu­tral, und Sie benach­tei­li­gen keinen/​keine/​keins mehr. Im gege­be­nen Fall: »das Mini­ster­prä­si­dent­chen«, Mehr­zahl »die Mini­ster­prä­si­dent­chen«. Ein Jour­na­list­chen wie Sie hat auf die­se Wei­se kein Pro­blem­chen mehr.