Wenn man die Presse oder die Fernsehinformationen dieser trüben Herbsttage verfolgt, kann man eine fettgedruckte Titelfeststellung des Berliner Kurier vom 22. September leider nur abnicken: »Corona macht Berlin aggro.« Politiker erhalten Todesdrohungen, Kinder werden missbraucht, vor »Spätis« wird geprügelt, Fahrzeuge werden abgefackelt, Autorennen in Geschäftszentren ausgetragen, Busfahrer bespuckt, Frauen nachts von der Straße weggefangen und in Autos vergewaltigt und Rummelplatzbetreibern die Zähne ausgeschlagen (siehe unter anderem neues deutschland, Berliner Kurier, Bild, Brandenburger Wochenblatt – Brawo). Ärger nicht nur in Berlin: Auch für Wahlhamburger und Ulknudel Otto Waalkes ist Schluss mit lustig, denn die Ehefrau seines langjährigen Managers Hans Otto Mertens hat Klage eingereicht. Es gehe um 176.000 Euro Provisionen, berichtet Focus online. Da kann man nur Tucholskys »Wir leben in einer merkwürdigen Zeitung« zitieren. Und man freut sich echt, dass manche Tageszeitung trotz aller Gräuelnachrichten noch den Mut aufbringt, andere aufrüttelnde Themen anzusprechen, zum Beispiel »Wie kann man in Waschanlagen Kratzer an Neuwagen vermeiden?« (Brawo, 20.9.) oder »Welche Kaffeemaschine passt am besten zu mir?« (Berliner Kurier, 21.9.) und »Wo erziele ich den höchsten Aufkaufpreis für Gold und Schmuck?« (Brawo, 20.9.). Ich finde, die Medien tun gut daran, gerade in schwierigen Coronazeiten auf die Vielfalt unseres Lebens zu setzen, und dafür möchte ich mich ganz herzlich bedanken. – Corinna Schmidt (48), Angestellte in Kurzarbeit, 14480 Potsdam-Drewitz
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Mir imponiert, wie sich die Brandenburger Landesregierung darum bemüht, in der märkischen Heide mit der Pandemie klarzukommen. So hat sich der Ministerpräsident in einen Krankentransporter probegelegt, und Frau Nonnemacher hielt ihren entblößten Gesundheitsministerinnen-Arm in die Kamera und ließ sich publikumswirksam impfen. Das schafft Vertrauen! Umso erstaunlicher, dass über andere Beispiele mit Zurückhaltung berichtet wird. So besuchte Herr Woidke im Rahmen einer Sommerreise die havelländische Region und führte mit Landrat Lewandowski in Ribbeck ein »Vier-Augen-Gespräch« (Brawo, 20.9.20). Liege ich mit meiner Vermutung richtig, dass es dabei um die diesjährige Birnenernte ging, als es in dem historischen Ort »mittags vom Turme scholl«? Da hätte man doch gut Fontanes Vorschläge für den Gesundheitsschutz und die Kinderbetreuung offen ins Spiel bringen können! – Manuela Brausewetter (37), Ernährungsberaterin, 57612 Birnbach