Na, das ist endlich mal eine tolle Idee für die Tierliebe und den Klimaschutz! Um den Tieren ihr Dasein vor der qualitativen Verwandlung in Rouladen oder Sauerfleisch lebenswerter zu gestalten und ihre leibliche Veränderung in Vier-Sterne-Gaumenfreuden wenigstens hinauszuzögern, um ihren bedrohlichen Gasausstoß zu senken und ihre Transporte zur Schlachtbank kürzer und bequemer zu machen, wird aktuell eine Erhöhung der Mehrwertsteuer für Fleischprodukte ins kneistende Auge gefasst! Es geht also nicht etwa nur um »Bio« oder um die Verträglichkeit von Lebensmitteln, sondern vor allem um die Lebensfreude der Tiere und den Schutz der Umwelt!
Die Augsburger Allgemeine, das neue deutschland, die Berliner Zeitung, die Süddeutsche Zeitung und andere Tageszeitungen erinnern in ihren Beiträgen dem Sinn nach daran, dass Tiere letztlich auch nur Menschen sind. Die Berliner Zeitung greift sogar eine Debatte der Tierschutzorganisation Peta auf und geht der Frage nach, ob Fische Schmerzen empfinden, wenn sie am Haken zappeln.
Unter der Überschrift »Ein rotes Tuch« berichtet die Zeitung an anderer Stelle derselben Ausgabe darüber, dass auf Mallorca nach offensichtlich längerer Unterbrechung die Tauromaquia, also die Stierkämpferkunst, auferstehen soll. Gegner und Befürworter stünden sich gegenüber, aber »kulturelle Gewohnheiten« lassen sich nun einmal schwer aus der Welt schaffen. Da geht es dem organisierten Tiergemetzel nicht anders als der militärischen Kraftmeierei zwischen den Menschen. Die Stiftung Kampfstier in Madrid beruhigte die aufwallenden Gemüter mit dem Hinweis auf das Bedürfnis des Menschen, »sich dem Tod zu nähern, um sich lebendig zu fühlen«. Andere Länder, andere Sitten. Auf diese Logik will ich gern verzichten – dazu genügen mir die täglichen Meldungen von unterschiedlichen Kriegsschauplätzen rund um den Globus. »Warten Sie nicht zu lange, bis es zu spät ist«, warben die Veranstalter für einen Stierkampf, der an einem Freitag im August 2019 in der Arena von Palma de Mallorca veranstaltet werden sollte (zitiert in: Berliner Zeitung 9.8.2019).
Wie prophetisch erweist sich dagegen eine rund 100 Jahre zurückliegende Feststellung Kurt Tucholskys: »In Spanien gründeten sie einmal einen Tierschutzverein, der brauchte nötig Geld. Da veranstaltete er für seine Kassen einen großen Stierkampf.« (Kurt Tucholsky: »Schnipsel«, Rowohlt Taschenbuch Verlag 1995) – Werner Weißnicht (47), Quereinsteiger, 55481 Metzenhausen
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Da sind die Stadtväter im hessischen Bad Nauheim doch auf eine nützliche Idee gekommen: Der »King of Rock ‘n‘ Roll«, Elvis Presley, wurde zum Ampelmännchen auf einer Fußgängerampel qualifiziert! Schließlich war er einst als US-Soldat im benachbarten Friedberg stationiert! Ich finde es gut, dass die Tagespresse dieses Vorgehen auch anderswo wohlwollend aufgriff, zum Beispiel in Neuruppin oder in Berlin. Bietet die Nachahmung der Idee doch die Möglichkeit, bekannten Persönlichkeiten oder Gästen der Kommunen ein dauerhaftes Denkmal zu setzen beziehungsweise auf ihre Vorbildwirkung hinzuweisen! Und es müsste sich dabei nicht unbedingt nur um Personen der kulturellen Sphäre wie Fontane oder Schinkel handeln, sondern es könnten auch Politiker, Wissenschaftler oder einfach Mitbürger gewürdigt werden, die sich durch ein besonderes soziales Engagement hervorgetan haben! Außerdem bestünde die Chance, durch die Zuordnung in die Grün- oder Rotphase bestimmte Bewertungs-Modi einzubauen! Vielleicht könnte die Eintragung in urbane Ehrenbücher oder die Auszeichnung mit städtischen Ehrenmedaillen auch an eine längere Praxis als Ampelsymbol geknüpft werden – das alles wäre noch einiger parteiübergreifender Überlegungen wert! – Kriemhild Vorschläger (71), Rentnerin, 92705 Leuchtenberg
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Unter der Titelzeile »Der Mythos vom Verzicht« widmete sich Die Zeit am 11. Juli dem Umweltschutz und eröffnet eine Serie über den Sinn und Unsinn von Regulierungen und Verboten. Alle Altersgruppen, zahllose Regionalbehörden in allen Himmelsrichtungen, unterschiedlichste soziale Gruppen, Klima-Profis und -Amateure, Parteien und Interessenvertretungen melden sich mit unterschiedlichen Aspekten zu Wort, prangern die insgesamt dürftigen Fortschritte bei der Energieumkehr an und kritisieren die Konkurrenz wegen mangelnder Aktivitäten. Die klassischen Literaten formulierten einst: »Die Botschaft hör‘ ich wohl – allein, mir fehlt der Glaube!«
Es gibt wohl kaum ein Periodikum oder ein Regionalblatt, in dem die Klimaveränderung nicht zum ständigen Tagesordnungspunkt gehört. Der dabei vertretene Tenor ist jedoch unterschiedlich. Die Berliner Woche vom 17. Juli rät aus Umweltgründen von Flügen ab und empfiehlt beispielsweise Zugreisen durch Russland und durch China. Das setzt allerdings voraus, dass die Fahrt als Bestandteil des Urlaubs eingeplant wird, sonst bleibt zu wenig Zeit. Auf harschen Widerspruch stößt Bundesumweltministerin Svenja Schulze, die der Rheinischen Post gegenüber die Anhebung der Luftverkehrsabgabe als notwendig erachtet.
Im neuen deutschland vom 18. Juli kommen Leserauffassungen aller Couleur zu Wort. In einer Kolumne verlangt eine Verfasserin unter der Überschrift »Lasst uns die Köter abschaffen!«, die Betreuung und Züchtung von Hunden und Katzen einzustellen. Sie empfiehlt, gegen alle Tierhalter vorzugehen, die ihre Vierbeiner »in einen Park scheißen lassen« und rät, jeden abzustrafen, der »einen Hundekackbeutel verliert«. Dabei wird darauf verwiesen, dass Plastiktüten nicht recycelbar sind.
Ich musste erst ein wenig darüber nachdenken, ob das noch als Satire verstanden werden kann. Ein wenig Realitätssinn sollte bei aller Ernsthaftigkeit doch noch bleiben. Dann entschied ich mich abschließend für den Standpunkt eines nd-Lesers vom 19. Juli: »Vergebt mir! Ich bin geflogen!« – Karlheinrich Karfunkel, Freischaffender, 99310 Witzleben