Wieder einmal hat ein Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg die Bauarbeiten in Berlin-Mitte behindert und Tausende von Anwohnern – von den Entschärfern selbst mal ganz abgesehen – in akute Lebensgefahr gebracht. Bürger mussten kurzfristig umquartiert, der Verkehr unterbrochen und selbst der Fernsehturm geräumt werden, damit er nicht mitsamt der Herabschauenden in eine Schieflage geriet. Diese und ähnliche Mitteilungen sind seit meinem Umzug nach Berlin vor runden 62 Jahren so »normal« geworden, dass sie die Hauptstädter und die Bewohner der näheren Umgebung kaum noch aufregen beziehungsweise mit dem Krieg in Verbindung bringen. Selbst das berlinnahe Oranienburg, in dem Freunde von mir wohnen, hat sich an explosive Ausgrabungen schon so gewöhnt, dass es eher auffallen würde, wenn mal der monatliche Fund ausbleibt. Diese Tatsachen gingen mir dieser Tage angesichts der angespannten internationalen Situation wieder durch den Kopf, und ich frage mich, warum diese Alarmsignale die Menschen so wenig aufregen und kaum Haltungen gegen den Krieg erzeugen. Ich weiß auch nicht, was man dagegen tun kann. Wäre es vielleicht ein Signal, nach jedem Fund im ganzen Land gleichzeitig die Sirenen aufheulen und die Glocken läuten zu lassen? – Eberhard Wittwer (82), Rentner, 07989 Sorge-Settendorf